Äpfel und Bananen: Musiker kämpfen um Plat­ten­cover des Pop-Art-Papstes

von Prof. Dr. Thomas Hoeren, /, Ricarda Kroll

23.01.2012

Jeder hat sie schon einmal gesehen: Die berühmte Banane von Andy Warhol, die das Cover des Erstlings von "The Velvet Underground" ziert. Auch Apple möchte von der Bekanntheit profitieren und das Werk gegen den Willen der Band für die Werbung lizenzieren. Wem das Urheberrecht an der populären Südfrucht nach deutschem Recht zustünde, klären Thomas Hoeren und Ricarda Kroll.

Die wohl bekannteste Banane der Welt, nämlich die von Pop-Art-Ikone Andy Warhol auf dem ersten Album-Cover der Band "The Velvet Underground", könnte bald in Werbekampagnen von Apple auftauchen – zumindest wenn es nach der Andy Warhol Foundation in New York geht. Die Stiftung möchte dem US-amerikanischen Elektronikkonzern eine entsprechende Lizenz erteilen. Die Miglieder von "The Velvet Underground" sehen darin eine Verletzung ihrer Rechte und klagen vor einem New Yorker Gericht.

Andy Warhol hat zu Lebzeiten nie die Eintragung eines Copyrights für die Banane beantragt. Dies macht die Beurteilung nach amerikanischem Urheberrecht schwierig. Würde der Fall in Deutschland spielen, wäre die Rechtslage hingegen eindeutiger. Nach den deutschen Urheberrechtsstatuten ist eine Eintragung nicht erforderlich. Entscheidend für die Legitimation wären hierzulande allein die Absprachen, die zwischen Warhol und "The Velvet Underground" getroffen worden sind. Die Rockband hätte demnach wohl schlechte Karten.

Banane als "Werk der bildenden Künste"

Die Cover-Streitigkeit hätte auch nach deutscher Betrachtung urheberrechtliche Relevanz, da es sich bei der von Andy Warhol gezeichneten Banane um ein nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes "Werk der bildenden Künste" handelt.

Der Pop-Art Künstler skizzierte zwar nichts anderes als eine simple Banane, die qualitativen Anforderungen für einen Urheberschutz im Bereich der bildenden Künste sind allerdings niedrig. Erforderlich ist lediglich ein hinreichendes Maß an Individualität. Warhols Zeichnung weist durch den Farbkontrast zwischen der satten gelben Farbe und der schwarzen Schattierung und Kontur einen hohen Wiedererkennungswert auf – eben die typische Warhol-Note. Der besondere Gag: Auf den Originalcovern war die Bananenschale als Aufkleber aufgebracht, unter dem sich eine rote Banane verbarg.

Warhol wäre deshalb nach deutschem Recht als Schöpfer der Zeichnung zunächst alleiniger Inhaber sämtlicher Verwertungsrechte gewesen. Die entscheidende Frage lautet jedoch: Inwieweit hat Warhol den Musikern anschließend die Rechte an der Zeichnung eingeräumt? Das Urheberrechtsgesetz unterscheidet zwischen der "einfachen" und der "ausschließlichen" Einräumung von Nutzungsrechten. Im Falle der ausschließlichen Einräumung erlangt der Berechtigte eine Alleinstellung, die es ihm erlaubt, anderen Personen die Nutzung zu verbieten und es sogar dem Urheber zu untersagen, weitere Fremderlaubnisse zu erteilen.

Der Pop-Art-Papst als Musiker

Wenn Warhol die Rechte exklusiv an die Band übertragen hätte, besäße die Andy Warhol Foundation nach deutscher Betrachtung gar nicht die Rechtsmacht, weitere Lizenzen – etwa an Apple – zu erteilen. Zusätzliche Nutzungsrechte einzuräumen ginge dann "ins Leere", wie die Urheberrechtler sagen.

Eine ausdrückliche Absprache zwischen Warhol und "The Velvet Underground" über die Inhaberschaft an den Nutzungsrechten ist nicht überliefert. Es muss daher das Verhalten der Parteien ausgelegt werden. Hier hilft die so genannte Zweckübertragungsregel, eine der dogmatischen Säulen des Urhebervertragsrechts. Sie besagt, dass im Zweifel über die Reichweite der eingeräumten Rechte von einfachen, nicht ausschließlichen Befugnissen auszugehen ist. Diese Auslegung ist für den Urheber günstig, denn er behält die Möglichkeit, die Rechte anderweitig zu verwerten.

Die Zusammenarbeit zwischen Andy Warhol und "The Velvet Underground" dauerte eineinhalb Jahre. Warhol strebte nach einem einheitlichen Werk aus Kunst und Musik und betrachtete sich als Manager der Band. Er war Initiator des Projekts, weshalb die Platte auch als "Warhol-Produkt" vermarktet wurde. Warhol sah die Platte als sein Kunstobjekt, seine Schöpfung. Daher liegt die Annahme fern, dass er den Musikern Exklusivbefugnisse eingeräumt und damit die Verfügungsbefugnis über seine Schöpfung verloren haben soll. Lediglich im Rahmen seines multimedialen Projekts wird er damit einverstanden gewesen sein, dass die Rockmusiker das Werk vermarkten. Da er sich ohnehin als zentrale Figur des Projekts ansah, erschien es ihm aller Wahrscheinlichkeit nach weder als erforderlich, noch als sinnvoll, die Rechte zu übertragen.

So untrennbar die Verknüpfung zwischen Band und Banane auch scheinen mag: Nach hiesigem Urheberrecht könnten "The Velvet Underground" wohl nicht verhindern, dass die Warhol-Banane auf Apple-Produkten wiederaufersteht. Es bleibt abzuwarten, ob jenseits des Atlantiks anders entschieden werden wird.

Prof. Dr. Thomas Hoeren ist Professor an der WWU Münster und Direktor des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (Landeskompetenzzentrum). Seit 1996 ist er auch Richter am OLG Düsseldorf. Er ist u.a. Mitherausgeber der Zeitschrift "Multimedia und Recht" (MMR), Rechtsberater der Europäischen Kommission/DG XIII im "Legal Advisory Board on Information Technology" und Vertrauensdozent der Studienstiftung des Deutschen Volkes.

Frau Ricarda Kroll ist Mitarbeiterin am Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM) mit Schwerpunkt Urheber- und Informationsrecht.

 

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Zitiervorschlag

Äpfel und Bananen: . In: Legal Tribune Online, 23.01.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5375 (abgerufen am: 07.10.2024 )

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