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Parfüm vor Abercrombie & Fitch-Filiale: Eine Immission fast wie der Gestank einer Fabrik

von Dr. jur. Alfred Scheidler

20.02.2013

Kundin vor einem A&F-Store

Kundin vor einem A&F-Store (01.12.2012 ), Foto: Volker Hartmann/dapd

In der Münchener Innenstadt riecht es seit kurzem angenehm lieblich oder penetrant süßlich – je nach Nase. Der Modeladen Abercrombie & Fitch bläst ein Parfüm seiner Kollektion durch die Lüftungsanlage vor sein Geschäft, um Kunden anzulocken. Die Anwohner sind wenig begeistert von dieser Werbestrategie. Ein Fall für das Immissionsschutzamt, meint Alfred Scheidler.

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Abercrombie & Fitch hat nicht nur Jeans, Hoodies und T-Shirts im Programm, sondern auch Düfte. Männer können wählen zwischen "Fierce" (wild) und "Woods" (Wald), für Frauen stehen Jasminblüte, weißer Pfeffer und geschlagene Vanillecreme im Angebot. Die Nachbarn der neuen Filiale in der Münchner Innenstadt haben dagegen keine Wahl.

Durch die Lüftungsanlage bläst der Modeladen derzeit das Parfüm "Fierce" ins Freie. Bis zu 70 Meter weit soll der Duft strömen und Kunden anlocken, eine bewusste Werbestrategie, die zum Markenkonzept des amerikanischen Mode-Labels gehört.

Die Anwohner sind wenig begeistert. Dauerhaft dem Geruch ausgesetzt fühlten sie sich belästigt und beschwerten sich beim Gesundheitsreferat der Stadt München, das Verständnis zeigte. Zunächst mit einem einfachen Schreiben forderte es die Modefirma auf, das Gebläse umgehend zu drosseln. Sollte dies keine Wirkung zeigen, will das Amt die geruchsintensive Werbeaktion förmlich nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) unterbinden.

Modegeschäft ist eine immissionsschutzrechtliche Anlage

Das Gesetz gilt nämlich nicht nur für Lärm, Staub und Gestank großer Industrieanlagen, sondern für sämtliche Betriebsstätten und damit auch für die Abercrombie & Fitch-Filiale in München, vgl. § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG.

Anders als eine Fabrik braucht der Modeladen natürlich keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Trotzdem darf nicht alles in die Luft geblasen werden. Nach § 22 BImSchG sind nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass die schädlichen Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik zu vermeiden sind.

Um das durchzusetzen, können die Behörden die erforderlichen Anordnungen treffen, § 24 BImSchG, und im Zweifel sogar den weiteren Betrieb untersagen, § 25 BImSchG. Zuständig ist in Bayern dafür die Kreisverwaltungsbehörde.

Parfümduft kann schädlich sein

Ist das Abercrombie & Fitch-Parfüm Fierce aber wirklich eine schädliche Umwelteinwirkung? Eigentlich soll die Duftnote doch als angenehm empfunden werden und die Menschen anlocken. Das Immissionsschutzrecht ist da etwas differenzierter: Schädliche Umwelteinwirkungen sind danach "Immissionen, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen", § 3 Abs. 1 BImSchG.

Eine erhebliche Belästigung kann die Werbeaktion für Anwohner, die dem Geruch dauerhaft ausgesetzt sind, aber durchaus sein; denn dafür muss lediglich das körperliche oder seelische Wohlbefinden eines Menschen beeinträchtigt sein, ohne dass es zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung kommen muss.

Abercrombie & Fitch täte daher gut daran, den Parfümausstoß zumindest so weit zu drosseln, dass er allenfalls noch in der unmittelbaren Umgebung des Geschäfts wahrzunehmen ist. Anderenfalls riskiert die Modefirma behördliche Sanktionen, die im Extremfall zu einer Schließung des Ladens führen könnten.

Der Autor Dr. Alfred Scheidler ist Oberregierungsrat in Neustadt an der Waldnaab und Autor zahlreicher Publikationen zum Immissionsschutzrecht.

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Alfred Scheidler, Parfüm vor Abercrombie & Fitch-Filiale: Eine Immission fast wie der Gestank einer Fabrik . In: Legal Tribune Online, 20.02.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8188/ (abgerufen am: 04.02.2023 )

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