7/7: Ein Leuchtturm für Examenskandidaten
Jetzt wird es ein wenig paradox: Wenn Sie ein Geschenk für jemanden suchen, der bald das erste Staatsexamen schreibt, haben Sie diese Person in den vergangenen Wochen und Monaten vermutlich kaum bis gar nicht zu Gesicht bekommen. Zeigen Sie ihr deshalb Ihre wie auch immer geartete Zuneigung mit dem knapp 1.100 Seiten schlanken (für alle Nichtjuristen: unsere geliebte Schönfelder-Gesetzessammlung hat über 4.000 Seiten - ohne Ergänzungsbände) Werk "Erstes Juristisches Staatsexamen" von Assessor Herwig Schöffler.
Der Autor hat den Anspruch, den "Prüfungsstoff in einem Werk nach den Ausbildungs- und Prüfungsordnungen" zusammenzufassen. Wenig überraschend, dass im gesamten Stück kein einziges Bildchen, Piktogramm oder sonstige grafische Darstellung zu finden sind. Schnell wird klar: Das ist kein Schinken für Anfänger, nicht einmal für Fortgeschrittene, sondern für Vollprofis im Endstadium, die sich auf die wichtigsten Klausuren ihres Studiums vorbereiten.
Das System ist dabei durchdacht: Nach 19 Seiten Inhaltsverzeichnis und einigen Ausführungen zu Grundlegendem beginnt der Hauptteil, der aufgebaut ist, wie man es als Jurist aus dem Studium kennt: Die Themen aus Bürgerlichem, Öffentlichem und Strafrecht werden nach und nach in der aus den Vorlesungen gewohnten Reihenfolge abgefrühstückt. Das ist nicht nur sinnig, sondern hilft auch, sich zurechtzufinden, denn bei er Arbeit mit diesem Buch wird man viel blättern müssen: Kaum jemand dürfte beim BGB AT zu lesen beginnen und beim Völkerrecht, das den Hauptteil schließt, enden. Es ist schließlich kein klassisches Lehrbuch.
Vielmehr eignet sich dieses Stück als feines Nachschlagewerk, um zum Beispiel potenzielle Lücken in der eigenen Vorbereitung auszumachen. Dabei praktisch: Die Examensrelevanz jedes Abschnitts ist – auch gut übersichtlich im Inhaltsverzeichnis – mit einer Wertung von einem bis fünf Sternchen markiert. Eines zum Beispiel bekommen Themen, die "man zumindest einordnen und mit denen man umgehen können muss", so der Autor in seinen Erläuterungen. Drei Sternchen für Themen, in denen laut Prüfungsordnung "sicheres Wissen vorausgesetzt wird", und fünf Sternchen für solche, die "überragende Examensrelevanz" haben.
Dem Hauptteil folgen Aufbauschemata, Definitionen und – besonders schön – die "wichtigsten Theorien und Probleme" der jeweiligen Rechtsgebiete. Kurz vor der Klausur ist es keine schlechte Erinnerung, etwa zum Zivilprozessrecht noch einmal auf den gewillkürten Parteiwechsel oder im Polizeirecht auf die Störerproblematik(en) hingewiesen zu werden.
Alle Themen einer einzigen Prüfung, auf die sich Studenten ein Jahr oder noch länger vorbereiten, in ein Buch quetschen zu wollen, ist ambitioniert. Soweit ersichtlich hat das bisher auch noch kaum jemand bis gar niemand getan. Machen Sie dem beschenkten Examenskandidaten deshalb mit diesem Werk eine Freude – fündig wird er darin auf jeden Fall.
Schöffler – Erstes Juristisches Staatsexamen; Selbstverlag (auch über Amazon); ISBN-13: 978-3947679065, 54,90 Euro.
Klassisch, künstlerisch, klausurrelevant: . In: Legal Tribune Online, 07.12.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39107 (abgerufen am: 10.12.2024 )
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