Weihnachten: Krip­pen­spiel-Mate­rial für Juristen

von Martin Rath

26.12.2016

Nilpferd – Was zu Weihnachten gehört, bestimmt der Leviathan

Bis es in der neumodischen Umstände-Macherei um sogenannte religiöse Gefühle dazu kommt, dass z.B. fleischnackige niedersächsische Schlachthausbetreiber das Hinzufügen von Schweinen zu Krippen im öffentlichen Raum einfordern, weil sie sich sonst in ihrem berufsständischen Zartgefühl diskriminiert sehen, ist es gewiss nur noch eine Frage der Zeit.

Bessere Karten haben derweil Freunde des Nilpferds. Der Bundesfinanzhof entschied bereits 1993, dass einem "Plüschnilpferd im Strumpf, als adventliches und weihnachtliches Behältnis zur Aufbewahrung von Süßigkeiten" einem Zolltarif für "Weihnachtsartikel - Position 9595" zugewiesen werden müsse.

Die Oberfinanzdirektion hatte dies zuvor verweigert, weil sie sich Nilpferde offenbar nicht zur Verwendung "speziell für zum Feiern des Weihnachtsfestes dienende Schmuckzwecke" vorstellen konnte.

Mit der zolltariflichen Einordnung des Nilpferds sollte immerhin ein erster Schritt getan sein, es auch als Krippenfigur zu etablieren.

Von einem staatstheologischen Standpunkt betrachtet lag die Weisheit allerdings nicht auf Seiten des Bundesfinanzhofs. Denn das Nilpferd hat als das biblische Schreckgespenst des Behemoth gedient. Staatsrechtslehrer von Thomas Hobbes bis Carl Schmitt erkannten im Nilpferd den Gegenspieler des Leviathan – dem bekannten Symbol des modernen Staates. Dafür wird Schmitt bis heute viel verehrt.

Wenn der Bundesfinanzhof nun, gleichsam als Leviathan-Dienststelle, eine Figur des teuflischen Behemoth als Weihnachtsschmuck zulässt, sollte das wenigstens unter staatstheologisch versierten Rechtslehrern Bedenken auslösen. Dass man davon nie gehört hat, lässt auf einen bösen Verdacht keimen: Man nimmt die Sache nicht ernst.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.06.1993, Az. VII K 7/92

Zitiervorschlag

Martin Rath, Weihnachten: Krippenspiel-Material für Juristen . In: Legal Tribune Online, 26.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21581/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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