Ja, Ahmet Kabakyer feiert Weihnachten – so ein bisschen. Bei der Geschenkesuche nach dem ausgefallenen Weltuntergang fand der WissMit neben Unverschämtheiten für Juristen und einem günstigen Freitod-Angebot immerhin einen Hamster. Dabei kann Tier-Zuhälterei doch selbst für einen Türken mit Beschützerinstinkt nicht lukrativ sein. Dann schon eher: Der Katzenkönig für den Hausgebrauch.
Mann, habe ich lange nachgedacht. Gegen Ende des Jahres fliegen einem die Themen für eine Kolumne ja nur so zu. "Der Jurist zu Weihnachten". Oder "Der rechtliche Jahresrückblick". Und dann auch noch diese Biene Maja-Weltuntergangsgeschichte.
Mein Vater wollte mich beruhigen: "Was interessiert es mich, was die Maya sagen. Jeder Mensch erlebt seinen eigenen Weltuntergang. Dann, wenn er stirbt. Verstehst du das mein Sohn? Verstehst du das?" Er packt mich an meiner Schulter, legt seinen Kopf aufs Kissen und schläft ein. Ganz spurlos scheint die Sache nicht an ihm vorbeigegangen zu sein, wenn er einen perfekten Abgang samt passendem Aphorismus übt.
Aber da ist er die Ausnahme; nur die wenigsten haben diese massenmediale Panikmache überhaupt noch ernst genommen. Das haben die Maya wirklich nicht verdient. 1999 hatte man noch Respekt vor Armageddon-Prophezeiungen. Und jetzt? Weltuntergangs-Afterpartys, wohin man guckt, ständig auf Facebook irgendwelche Posts àla "ja wo isser denn der Weltuntergang? FUCK MAYA – Wir zerstören uns schon heute.lol." Meine Güte, hätte ich gelacht, wenn die Welt vor einer Woche tatsächlich untergegangen wäre. rofl.
Geschenke für Juristen: Eine Frechheit
Dieses Jahr hatte ich mit dem Weltuntergang also wenigstens eine sinnfreie Ausrede, was den Einkauf der Geschenke zum letztmöglichen Zeitpunkt (also an Heiligabend) angeht. Und ja, ich feiere Weihnachten, allerdings nur aktiv, das heißt als Muslim schenke ich nur und habe einen Weihnachtsbaum, lasse mich aber nicht beschenken; das mit der Religion erkläre ich ihnen mal, wenn wir in Deutschland wieder eine sozialpolitische Debatte im Hinblick auf Deutsche mit Migrationshintergrund haben, welche über die Religion ausgefochten wird. Schächten, Kopftuch und Beschneidung waren ja schon dran, mal sehen, was als nächstes kommt.
Also laufe ich wie immer am 24. Dezember in die Nürnberger Innenstadt, um meine Einkäufe zu tätigen, wohl wissend, dass jeder Asiate (mithin über 2,5 Milliarden Menschen) einmal in seinem Leben das Reichsparteitagsgelände gesehen haben muss und seinen Ausflug immer mit einem Besuch des Nürnberger Christkindlesmarkts (bitte: es heißt nicht Weihnachtsmarkt!) kombiniert. Ich schaffe es endlich in einen Supermarkt, will mir Glühwein und noch schnell einen Milka-Weihnachtsmann holen. Zu spät, die haben bereits die Ostereier und den Lindt-Bären, äh Goldhasen im Sortiment. Ich hätte mir bereits im August Butter-Spekulatius und gefüllte Lebkuchenherzen kaufen sollen.
Dann laufe ich in die Buchhandlung und mache das schlimmste, was man als Jurist machen kann. Ich kaufe Kollegen zu Weihnachten Bücher wie "Lexikon der Rechtsirrtümer" oder "Die besten juristischen Stilblüten". Das ist wirklich eine Frechheit und die Steigerung dessen, dass man von Familienangehörigen (Nichtjuristen) stets derartige Bücher geschenkt bekommt. Ich mache das ja auch nur, um meine Freunde zu ärgern. Meiner besten Freundin, die keine Rapmusik hört, habe ich mal die Bushido-Biographie geschenkt. Und mein Neffe bekommt einen Goldhamster, weil die Schwägerin – ebenso wie ich – Haustiere hasst.
Tierbordelle? Das kann doch nicht lukrativ sein.
Also geht es in die Zoohandlung. Ein tierischer Gestank (hö hö hö). Rote und grüne Neonlichter dienen als Beleuchtung. Die Verkäuferin ist wohlbeleibt, überschminkt und hat einen etwas harschen Ton, was ihre Kunden angeht. Irgendwie hat das hier ja tatsächlich Freudenhaus-Ambiente. Hatte die hessische Justizministerin etwa Recht? Da fällt es mir wie Fischschuppen von den Augen. Nicht Frau Lautenschläger, sondern mein Vater hat Recht. Jeder durchlebt seine ganz eigene Apokalypse, derzeit das liberale Strafrechtsverständnis. Sodomie, ähm Entschuldigung, der moralisch korrekte Begriff lautet "Zoophilie" (d.h. Liebemachen mit Tieren) soll wieder verboten sein.
Und weil der Jurist Begrifflichkeiten wie "fragmentarischer Charakter des Strafrechts" oder "ultima-ratio-Prinzip" mit der juristischen Muttermilch aufgesogen hat, dürfte er das Vorhaben kritisch empfinden, ohne von der ZETA (Verein für zoophiles Engagement oder so, also nicht mit der PETA verwechseln, sonst sind Sie fellig. Hö hö hö) dafür bezahlt zu werden.
Die Begründung für das Vorhaben: Man befürchtet eine Etablierung von Tieretablissements. Ich gebe zu: Ich konnte mir neben der akademischen Laufbahn schon immer vorstellen, als Zuhälter das schnelle Geld zu machen (freilich unter Berücksichtigung des § 181a StGB). Ich habe auch einen Beschützerinstinkt.
Aber ein Tierbordell? Wer macht das denn bitteschön? Also das ist doch pervers. Und da gackern ja dann wirklich Hühner (da fällt mir spontan ein Kool Savas Zitat ein: Dein Papagei macht dein Papa geil); aber viel wichtiger: Das ist doch ein Verlustgeschäft, beziehungsweise wirtschaftlich nicht besonders attraktiv. Da das aus drei Paragraphen bestehende ProstG derzeit noch keine analoge Anwendung auf Hunde & Katzen finden dürfte, hätte ich als Eigentümer der Tiere, sozusagen als Tierzuhälter nicht einmal einen Anspruch auf das vereinbarte Entgelt, da das Rechtsgeschäft wohl gegen die guten Sitten verstößt.
Ich hasse Haustiere. Außer Eulensenaten und Katzenkönigen
Ich persönlich hasse Haustiere ja ohnehin, seitdem mich mein Kanarienvogel mit meiner Schildkröte betrogen hat. Die machen auch alles dreckig. Vielleicht hole ich mir irgendwann einmal eine Eule. (Oder fünf. Dann hab ich einen ganzen Senat. Vor dem kann ich dann meine Abschlussplädoyers üben). Oder ich kaufe einen Kater und setz ihm eine Krone auf. Und jedes Mal, wenn meine Freundin mich dazu auffordert, den Abwasch zu machen, zeige ich mit dem Finger auf ihn und sage, der Katzenkönig befiehlt, dass du das machst. Pferde find ich auch noch ästhetisch. Aber zu dieser Jahreszeit hätte ich Angst, dass es ein Sommerekzem haben könnte (und dann haben wir nach 6 Monaten den Salat, vgl. § 476 BGB). Man sieht: Das hat dann alles eher juristischen Bezug und nichts mit "ich liebe mein Hund so sehr, ich könnte es küssen. Mit Zunge" zu tun.
Während meines "Anti-Moral-Strafrechts-Flashs" habe ich mich anscheinend bereits für einen Hamster entschieden und stehe an der Kasse. Trotzdem frage ich die Zoologin zur Sicherheit, ob sie auch Maulwürfe da haben (diese Tiere sind mir seit meiner Tätigkeit im BtM-Dezernat irgendwie sympathisch. Außerdem: Justitia ist auch blind). Sie zeigt mir den Vogel (hö hö hö). Es bleibt also beim Goldhamster. Ich bezahle etwas verschämt und bitte die Dame, den Hamster in eine braune Papiertüte zu packen; mal sehen, wie sie reagiert. Sie schaut mich etwas verstört an und kramt eine braune Papiertüte hervor. Ich kann meinen Ekel nicht mehr verbergen und sage ihr: "Der ist für meinen Neffen, Sie Perverse!" Ich verlasse wütend den Laden.
Und dann packt mich ein dubioser Typ und meint: "Ich kann ihre Wut verstehen. Manchmal ist man so wütend, man will diese trostlose Welt einfach nur verlassen. Ich habe hier ein ziemlich schnell wirkendes Gift. Sie spüren rein gar nichts. Nur 10 $...." DSCHG! Ich schlage ihm mit voller Wucht auf die Fresse. Das dürfte diesem Typen als "symbolische Strafe" für sein Angebot der gewerbsmäßigen Freitodhilfe reichen. Und jetzt geht es nach Hause. Fröhliche Weihnachten und einen guten Rutsch!
Ahmet Kabakyer, Of all the things I’ve lost, I miss my mind the most: Tierische Weihnachten beim türkischen Haustierhasser . In: Legal Tribune Online, 29.12.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7870/ (abgerufen am: 25.04.2024 )
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