Glücklich sein ist heute angesagt – und zwar auf Beschluss der UN. Warum gerade Juristen sich damit bisweilen schwer tun, erklärt André Rode, Ex-Wirtschaftsanwalt und Begründer der Akademie für Meditation in Recht und Wissensgesellschaft.
LTO: Der Weltglückstag wird seit 2013 gefeiert – auf Beschluss der UN-Hauptversammlung. Wie kam es dazu, und worum geht es der UN dabei?
Rode: Vorreiter war hier in gewisser Weise Bhutan, eine konstitutionelle Monarchie, klein und abgelegen im Himalaya. Dort wird seit 2008 das Bruttonationalglück gemessen und dem Bruttonationalprodukt gegenübergestellt. Von Bhutan initiiert wurde schließlich am 28. Juni 2012 der Weltglückstag, der als UN-Resolution 66/281 beschlossen wurde. Der UN-Hauptversammlung war daran gelegen zu zeigen, dass es mehr als nur materiellen Wohlstand gibt.
LTO: Sie haben die "Akademie für Meditation in Recht und Wissensgesellschaft (AMREWI)" gegründet. Welches Ziel verfolgen Sie damit, und was hat das mit dem Thema Glück zu tun?
Rode: Mit Meditation fördern Sie nicht nur Konzentration und Stressresilienz, sondern ebenso Mitgefühl und damit letztendlich Glück. Denn Glück entsteht nicht nur in der Beziehung zu uns selbst, sondern auch zu anderen. Hier möchte ich Erfahrungen aus mehr als 20 Jahren Meditationspraxis weitergeben und ich bin dankbar, wie sehr sich bei diesem Thema auch die Neurowissenschaften in Kooperation mit dem Dalai Lama engagieren.
"Glück ist 50 Prozent Veranlagung, 40 Prozent Einstellung, 10 Prozent Lebensumstände"
LTO: Wie definieren Sie "Glück" bzw. woran erkennt man, dass man glücklich ist?
Rode: Psychologen haben herausgefunden, dass uns Glück nicht nur lieber ist als Vermögen, sondern auch lieber als Gesundheit oder gar die Liebe. Es muss also etwas sehr Besonderes sein. Gleichzeitig ist es etwas höchst Individuelles. Immerhin brauchte Bhutan 750 Fragen zur Messung. Ich glaube an das Glück des Augenblicks und das Glück des gelungenen Lebens. Bei letzterem kann Ihnen die Meditation nützlich sein.
LTO: Sind Juristen schwieriger glücklich zu machen als andere Menschen? Warum?
Rode: Elementar in der Juristenausbildung ist das Problembewusstsein. Das kann mal im Wege stehen, aber als Faustformel gilt: 50 Prozent des Glücks liegen an der Genetik, 10 Prozent an äußeren Umständen und 40 Prozent an der Einstellung. So haben also auch wir Juristen alle Möglichkeiten, z.B. mittels Meditation an diesen 40 Prozent zu arbeiten. Ein leuchtendes Juristenbeispiel ist hier sicherlich Nelson Mandela.
LTO: Was würden Sie jemandem raten, der gern glücklicher wäre?
Rode: Mit der Aufklärung hat sich der Gedanke verfestigt, dass jeder seines Glückes eigener Schmied sei. Das finde ich ergänzungsbedürftig: Natürlich gibt es das Glück des Tüchtigen, aber ein Aneinanderreihen von Tüchtigkeit greift zu kurz. Wenn das langfristige Glück auch in der Beziehung zu anderen entsteht, sollten wir das Max-Planck-Institut für Neurowissenschaften ernst nehmen und Mitgefühl durch Meditation kultivieren.
"Meditation in Kanzleien und Unternehmen"
LTO: Wie gehen Sie auf die Juristenschaft zu, und welche Reaktionen erhalten Sie?
Rode: Oft kommen die Berufsträger auf mich zu, nachdem sie über die Medien erfahren haben, dass immer mehr Entscheider in Recht, Wirtschaft und Politik Meditation praktizieren und die Neurowissenschaften dies empfehlen. Wer hört, dass an Law Schools wie Harvard, Berkeley und Yale, bei Konzernen wie Siemens, Bosch und BMW, aber auch in Kanzleien wie Ashurst oder Herbert Smith Freehills meditiert wird, ist gleich viel aufgeschlossener.
LTO: Gibt es ein Recht auf Glück?
Rode: In Bhutan finden Sie gar ein Grundrecht auf Glück, eigens mit Staatskommission, geleitet vom ehemaligen Chefausbilder des Internationalen Roten Kreuzes. Die USA wiederum haben das Pursuit of Happiness verfassungsrechtlich verankert. Doch so individuell das Glück ist, so wenig ist ein Recht auf Glück bestimmbar. Ich denke, wenn Bedingung für Glück Freiheit ist, bieten unsere Freiheitsgrundrechte einen guten Rahmen.
Dr. jur. André Rode ist Begründer der Akademie für Meditation in Recht und Wissensgesellschaft (AMREWI). Er arbeitete zuvor in Parlament, Verwaltung und Justiz sowie in diversen, auch internationalen (Groß-)Kanzleien.
Tanja Podolski und Anja Hall, Weltweiter Tag des Glücks: . In: Legal Tribune Online, 20.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22418 (abgerufen am: 03.10.2024 )
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