Für jeden Beruf gibt es maßgeschneiderte Geschenke – so auch für Juristen. Manche von ihnen genießt man eher in der heimischen Privatsphäre, andere sind geradezu von offensiver Signalwirkung. "Seht her, mit Paragraphen kenn' ich mich aus."
In den vergangenen Jahren haben wir an dieser Stelle "klischeehafte" oder "gesellschaftsfähige" Juristen-Geschenke für das Weihnachtsfest vorgestellt. Dieses Jahr schlagen wir dem besonderen Menschenschlag "Jurist" ausdrucksstarke Präsente vor. Ob in Form des geschriebenen Wortes, einer schrillen Warnweste oder einem fetten Gummiparagraphen, der einem alle Türen offen hält - der Weihnachtsmann denkt eben auch an Anwälte oder Richter.
Sie gehören zu einem der am besten gehüteten Geheimnisse der Bundesrepublik. In einem Bunker des Koblenzer Bundesarchivs lagern in kleinen grauen Kartons versiegelt die Akten aus der Anfangszeit des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Der Jurist und Spiegel-Redakteur Thomas Darnstädt hat nun den Ablauf erster Sperrfristen genutzt und einen Teil der Akten ausgewertet.
Er zeichnet anhand einiger großer Verfahren wie dem frühen KPD-Parteiverbotsverfahren, der Entscheidung zur Verfolgung Homosexueller oder dem Streit um den Schwangerschaftsabbruch nach, wie das BVerfG seine Rolle in der neuen Bundesrepublik findet, und schließlich auch zum wichtigsten – nicht nur Kontrolleur der Bonner und Berliner Politik wird – sondern vielleicht besser: zu ihrem Kompensator.
"Die Erfolgsgeschichte des Grundgesetzes lässt sich nicht von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts trennen", wird der ehemalige Verfassungsrichter und Staatsrechtsprofessor Dieter Grimm gleich eingangs im Buch zitiert. Nächstes Jahr wir das Grundgesetz 70 Jahre alt, eine gute Gelegenheit für eine Entdeckungstour zu seinen Anfangsjahren.
Und die fällt sehr lesenswert aus. Die Kapitel der einzelnen Verfahren lesen sich wie Kurzgeschichten, erzählt wird immer wieder auch mit Auszügen aus Briefen und Vermerken: Einmal schreibt Bundeskanzler Adenauer zu seinen Plänen ein eigenes Staatsfernsehen einzuführen, ein anderes Mal sorgt sich das Bundespresseamt, dass das Ansehen der Bundesrepublik im KPD-Verfahren in Karlsruhe Schaden nehmen könnte. Erworben werden kann das Werk u.a. beim herausgebenden Verlag.
Er genießt einen schlechten Ruf, wird aber trotzdem heimlich geliebt: Wenn eine gesetzliche Bestimmung als "Gummiparagraph" bezeichnet wird, heißt das zumeist, dass diese Bestimmung zu allgemein oder zu unbestimmt formuliert ist. Und wo wenn nicht im regelungswütigen Deutschland, hat man sich über solche Paragrafen aufzuregen, die einem nicht präzise vorschreiben, was man zu tun oder zu unterlassen hat.
Und dennoch: Der Gummiparagraph erfreut sich bei vielen Juristen auch größter Beliebtheit. Eignet er sich doch selbst für die abwegigste Rechtsauffassung als (vermeintliche) Rechtsgrundlage. Ganz in diesem Sinne äußerst dehnbar und eben für alle möglichen Einsätze zu gebrauchen, ist auch dieser "Gummiparagraph". Es würde daher auch nicht verwundern, wenn sich ein spitzfindiger Rechtsverdreher findet, der diesen Gummiparagraphen nicht nur als Tür- oder Fensterstopper zum Einsatz bringt.
Gesucht wird eine Kleinigkeit für die Kommilitonin oder die Chefin? Die Kosten für das Weihnachtsgeschenk sollten um die 10 Euro liegen? Dann geht in diesem Jahr an dem Grundgesetz als Magazin, das seit Ende November an Bahnhofskiosken erhältlich und an anderen Kiosken bestellt werden kann, kein Weg vorbei.
Hochwertig produziert ist das Magazin weitgehend auf den Abdruck der Artikel des Grundgesetzes reduziert. Die einzelnen Abschnitte des Gesetzes sind bebildert mit Satellitenfotos von Deutschland und Europa, die der Astronaut Alexander Gerst auf seiner aktuellen Mission von der internationalen Raumstation ISS aus produziert hat. Wem das alles noch nicht reicht, der bekommt noch Noten samt Text der Nationalhymne und ein ganzes Kapitel mit "Wissenswertem" über Deutschland.
Die Idee zu dem Projekt hatten der Journalist und Medienunternehmer Oliver Wurm und der Designer Andreas Volleritsch. „Wir haben eine wunderbare Verfassung. Es soll Freude machen, das Grundgesetz zu lesen. Die Magazin-Form eignet sich dafür hervorragend“, sagt Wurm. Mit dem Magazin sind Schenker und Beschenkter der Zeit übrigens voraus: Anlass für die Produktion ist der 70. Geburtstag des Grundgesetzes, der ist aber erst am 23. Mai 2019. Und warum das Gesetz als Magazin? Das 124 Seiten starke Heft kostet tatsächlich nur 10 Euro.
Sicher, beklagen müssen sich Juristen im Grunde nicht, wenn es um ihre Arbeitsbedingungen geht. Die durchschnittliche Bezahlung liegt oberhalb der meisten anderen Berufsgruppen und einen bequemen Bürojob haben ohnehin fast alle. Noch dazu erntet man immer noch den einen oder anderen bewundernden Blick, wenn man irgendwo erzählt, Anwalt oder Richter zu sein.
Doch da sind auch die Schattenseiten: Wochenarbeitszeiten jenseits der 60 Stunden sind bei vielen Anwälten die Regel, Mandanten nörgeln oder zahlen nicht, Akten stapeln sich über Kopfhöhe und so mancher Einzelanwalt hangelt sich auch mit einem Einkommen von Monat zu Monat, das ein Großkanzlei-Jurist zuweilen in ein Abendessen investiert. Und vom beA-Desaster haben wir noch gar nicht gesprochen. Da mag durchaus auch mal Unmut über die eigene Situation aufkommen.
Wie sich solcher äußern kann, erlebt gerade Frankreich in einer sehr drastischen Form. Dort ziehen in der Hauptstadt Paris Menschen in neongelben Westen durch die Straßen, um gegen die Regierung Macron zu protestieren, die sie mit ihren Problemen allein lasse. Zugegeben, darunter dürften deutlich weniger Juristen denn Maurer oder Busfahrer sein. Wer sich diesen "Gelbwesten" aber auch als deutscher Jurist nicht nur im Geiste sondern auch im Auftreten verbunden zeigen möchte, der findet in dieser Warnweste mit passendem Aufdruck auf der Rückseite das perfekte Outfit für den Klassenkampf. Nur ein kleiner Rat sei angebracht: Ähnlich den französischen Vorbildern in der Kanzlei des Chefs die Einrichtung zu demolieren, dürfte sich auf die nächste Gehaltsverhandlung eher negativ auswirken. Ganz zu schweigen vom weihnachtlichen Geist, der doch eher vorgibt: Reich ist der, der andere beschenkt. Und im Zweifel ist die Warnweste auch bei der nächsten Autopanne gut zu gebrauchen.
Für alle, die wirklich überhaupt nicht wissen, in welche Richtung sich der zu beschenkende Jurist spezialisiert oder welche fachlichen Leidenschaften er neben seinem Beruf entwickelt hat: eine Justitia geht immer.
Diese Variante ist indes eine Abwechslung zu dem sonst stets gleich filigranen Frauenkörper in herabfallender Tunika und mit obligatorischer Augenbinde. Abstrakter gehalten und scheinbar ein wenig wackelig auf den Füßen, symbolisiert sie die Wahrheit, die gefunden werden will.
Die Figur gibt es aus Sterlingsilber oder Titanzink, den Sockel – zum Schutz des Möbelstücks, auf dem die Justitia thronen wird, gleich mit Filzgleitern besetzt – aus Beton oder Sandstein. Das Stück wird gleich im Geschenkkarton verpackt und kann hier erworben werden.
Zugegeben, Manschettenknöpfe fallen eigentlich unter die Kategorie Verlegenheitsgeschenk. Diese hier aber sind witzig und man kann sich vorstellen, dass auch Saul Goodman, der etwas zwielichtige Anwalt aus der Serie Breaking Bad, sie gerne haben würde.
Natürlich braucht es eine gewisse Selbstironie - und wohl auch ein robustes Selbstbewusstsein -, um die Manschettenknöpfe mit dem Aufdruck "Trust me – I'm a Lawyer" mit Überzeugung zu tragen.
Wir aber vermuten, dass die nicht gerade subtile Botschaft im Mandantengespräch gut ankommt. Entweder, weil der Mandant wirklich Vertrauen zu seinem Anwalt fast, wenn sein Blick auf die Manschettenknöpfe fällt. Oder weil er zumindest schmunzeln muss. Und ein Mandant, der seinen Anwalt sympathisch findet und mit ihm den gleichen Humor teilt - das ist schon einmal ein guter Anfang.
Nein, wir von LTO finden nicht, dass das Aufdrucken eines Paragraphen-Zeichens auf einfach irgendetwas aus einfach irgendetwas dann ein Geschenk für Juristen macht. Trotzdem hat dieses Geschenk es auf die Liste geschafft. Einfach weil wir annehmen, dass gerade Juristen in ihrem Job tagtäglich jede Menge Gründe hätten, den Flachmann zu zücken. Auch wenn wir natürlich nachdrücklich davon abraten möchten, das auch tatsächlich zu tun.
Auffällig finden wir, dass der Flachmann im Shop geführt wird in der Rubrik "Geschenke für den Richter". Die finden sich zwischen Geschenken für Reinigungskräfte, für Reisekaufmänner (sic!), für Reiter und Rollschuhläufer und auffällig sind daran gleich zwei Dinge: Offenbar möchte dieser Shop nichts an Frauen verschenkt wissen, seien sie nun Reisekauffrauen, Richterinnen oder Rollschuhläuferinnen. Und was ist mit den Anwälten, den Staatsanwälten, den Behördenmitarbeitern und all den anderen armen Juristen, die den völlig zu Unrecht nicht mehr als salonfähig geltenden Schluck aus der Flasche für zwischendurch in ihren Jobs vielleicht ebenfalls gut gebrauchen könnten?
Aber so ein Paragraphenzeichen ist ja, das macht auch diese diesjährige Liste von Weihnachtsgeschenken einmal mehr unerfreulich deutlich, universell einsetzbar. Also: prost. Auf die Juristen. Und Juristinnen, by the way.
Wer was mit Jura macht und einen Twitter-Account hat, der kennt ziemlich sicher auch Prof. Dr. Arnd Diringer. Der Leiter der Forschungsstelle für Arbeitsrecht an der Hochschule Ludwigsburg twittert gern und viel. Er zeigt sich meinungsfreudig und gern auch mal streitlustig, was viele seiner mittlerweile über 8.000 Follower offenbar zu schätzen wissen.
Unter diesen Followern finden sich auch viele Juristen. Und deren Zitate hat Diringer nach eigenen Angaben über zwei Jahren lang gesammelt, viele davon veröffentlichte er auf Twitter unter dem Hashtag #JuraZitate.
So heißt nun auch das im Boorberg-Verlag erschienene Buch, in dem Interessierte rund 1.800 der Zitate finden. In #JuraZitate hat Diringer sie sortiert und präsentiert sie, geordnet nach alphabetisch sortierten Stichworten, ohne weitere Einbettung.
In der Themensetzung ist der bekennend konservative Anwalt kreativ: Sie reichen vom Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz über "Gender Mainstreaming" und "Political Correctness“ bis zur "Zivilgesellschaft". Die meisten der Zitate, die sich in den Rubriken finden, stammen aus Fachzeitschriften, viele auch aus der LTO.
Laut dem Vorwort des Autors soll das Nachschlagewerk sich für Vorträge ebenso nutzen lassen wie für Veröffentlichungen, aber auch "manchmal zum Schmunzeln" und sogar "häufig zum Reflektieren" anregen. Die Idee, aus der Twitter-Sammlung ein Buch zu machen, stammt laut Diringer von einem seiner Follower. Die Reaktionen der Zitierten ließen übrigens nicht lange auf sich warten: "Gibt es Belegexemplare für die Zitatgeber?", fragte einer der Zitierten. "Das dürfte ja wohl selbstverständlich sein! Mit persönlicher Würdigung", griff ein Zwitscherer auf. Diringer nahm es mit Humor und twitterte zurück: "Persönliche Würdigung bei über 1.800 Zitaten …. Wobei… Einige Autoren finden sich ja mit mehreren Zitaten. Blieben (sehr grob geschätzt) nur ca. 750 – 1.000 Zitatgeber". Deren Einwilligung hat er übrigens vor der Veröffentlichung eingeholt. Wer Juristen zitiert, weiß vermutlich, worauf er sich einlässt.
Bücher, Türstopper, Warnwesten: 8 ausdrucksstarke Weihnachtsgeschenke für Juristen . In: Legal Tribune Online, 15.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32753/ (abgerufen am: 25.04.2024 )
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