Wie schlecht es um die Sache der Juristen zur Weihnachtszeit bestellt ist, erkennt man schon an der Kleidung: Bestenfalls in traditionsbewussten Familien tritt ein (in Zahlen: 1) Mann in roter Robe auf – nichts im Vergleich zu einem ordentlich besetzten Spruchkörper. Um zumindest materiell für juristische Belange zu sorgen, Tipps für die letzte Shopping-Woche von Martin Rath.
Besonders madig ist die Schwiegermutter zur Weihnachtszeit, jedenfalls macht sie die kommunikationspsychologische Ratgeberliteratur zum Schreckgespenst. Dabei können Bekannte, Verwandte und Berufskollegen, die zur so genannten "besinnlichen" Zeit beschenkt sein wollen, ähnlich unangenehm sein wie die sprichwörtliche Schwiegermutter.
Man kennt das: Die böse alte Dame überreicht dem Schwiegersohn oder seinem funktionsgleichen Äquivalent wie in jedem Jahr eine Krawatte als Geschenk, verbunden mit den Worten: "Sie gefällt dir wohl überhaupt nicht!", bevor er sich überhaupt eine Meinung bilden konnte. Gleich, ob er bejaht oder verneint, er gibt stets eine Antwort, mit der er die Erwartung seiner Schenkerin enttäuscht. Doublebind nennt man das, ein beliebt-unbeliebtes Gesellschaftsspiel in Zeiten überreicher Schenkerei.
Mit dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland lässt sich dieser unangenehme Konflikt um Krawattengeschenke vermeiden, worauf später zu kommen ist. Zunächst Tipps für:
Klassische Juristengeschenkbücher
"Recht kurios. Amüsantes und Trauriges" heißt das kleine Buch, in dem der bekannte Arbeitsrechtsanwalt Jobst-Hubertus Bauer tief in die Schatzkiste des juristischen Humors greift. Den Beweis dafür, dass Juristenhumor mitunter begrenzt komisch ist, treten leider manche Klassiker an, so der Erstsemester-Scherz mit Blick ins Bürgerliche Gesetzbuch mit dem "verrückten Grenzstein" (§ 919 BGB). Gar lustig ist auch, was die Strafprozessordnung mit verdächtigen Leichen anstellt (§§ 87 Abs. 3, 88 Abs. 2 StPO).
Glücklicherweise bietet Bauer mehr als diesen etwas angestaubten Sprachwitz des historischen Gesetzgebers, was sein Buch auch für jüngere Semester zum brauchbaren Geschenk macht. Entzückend ist beispielsweise die Anekdote aus dem Staatsexamen: Ein als "strenger" Prüfer bekannter Professor äußert gegenüber dem Kandidaten: "Ich frage mich, wie Sie es überhaupt in die mündliche Prüfung geschafft haben." Der Kandidat erwidert: "Und ich habe Ihre Habilitationsschrift 'Die Mineralölfernleitungen' gelesen und mich gefragt, wie Sie sich überhaupt habilitieren konnten."
Als höflicher Witz- und Anekdotenerzähler löst Jobst-Hubertus Bauer die Geschichte freundlich mit Blick auf § 199 Strafgesetzbuch. Eine kleine Recherche des Rezensenten förderte tatsächlich eine nur 96-seitige Habilitationsschrift aus dem Jahr 1962 zu Tage, die zu Bauers Anekdote passt. Mit seinem Buch macht man unter Juristenweihnachtsbaum also kaum etwas verkehrt, in den Händen des noch nicht examinierten Nachwuchses liegt in ihm allerdings fröhliches Konfliktpotenzial.
Der Blick ins Gesetz fördert die Rechtserkenntnis. Der Blick über "Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge" hinaus fördert den juristischen Humor.
Nicht wenige Pflichtlesern der Neuen Juristischen Wochenschrift gefällt die Frühjahrsausgabe recht gut, die sich neben medienrechtlichen Themen auch gut erzählten rechtshistorischen Büchern oder den Lebensgeschichten von Literaten mit juristischen Problemen widmet. Wem das gefällt für den hat Jürgen Seul eine zum Buch gewordene NJW-Literaturausgabe vorgelegt – und jeder Jurist, der drei Roben hat, verkaufe eine, um sich dieses Buch anzuschaffen. Seuls Geschichten sind weniger rechtshistorische Schnurren und Anekdoten, kaum auf Humor zurecht gebürstet, aber nicht ohne Witz. Die titelgebende Geschichte behandelt beispielsweise die Frage, wie und warum Thomas Mann das Original der "Buddenbrooks" abhandenkam – möglicherweise verbrannt im Bestand seines Rechtsanwalts, der gegenüber der Gestapo die Interessen des emigrierten Literatur-Nobelpreisträgers vertrat. Wer die Rechtsgeschichten von Seul kennt, wird hier interessanten Lesestoff im klassischen Geschenkbuchformat finden.
2/3: Steigerungsform juristischer Bildungsbeflissenheit
Für die allgemeine Öffentlichkeit gilt: Jahresrückblicke, vor allem im Fernsehen, sind ein gruseliges Format, das dazu dient, mit Bildmaterial aus dem Archiv langweiligen Moderatoren noch ein paar Gebühren-Euro zu überweisen.
Auch was den Juristen vom Jahr 2012 im Gedächtnis bleibt, ist eher grässlich. Glücklicherweise braucht man zur Weihnachtszeit nicht auf die Beschneidungsdebatte zurückblicken, was erstens kalendarisch ganz unpassend wäre, weil die Christenheit die Beschneidung ihres Religionsstifters erst acht Tage nach Weihachten feiert (Festum circumcisionis am 1. Januar) und zweitens auch völlig überflüssig, gab es doch ein, um nicht zu sagen: das aufregende juristische Thema, immer wieder und wegen des Aufkommens der so genannten Piratenpartei besonders heftig: Probleme mit dem geistigen Eigentum.
Gegen den Begriff "geistiges Eigentum" wurde teils heftig polemisiert. Mitunter genügt dem deutschen Juristen die blasse Erinnerung an universitäre Dogmatik, der zufolge es so etwas nicht gibt. Eigentum, das will man anfassen. Alles andere verflüchtigt sich in der Geisterwelt immaterieller Rechte.
In seiner 2012 publizierten Bayreuther Doktorarbeit (betreut von Oliver Lepsius) gibt Michael Goldhammer eine Orientierung zur US-amerikanischen wie der deutschen Diskussion. Wann wird schon einmal die juristische Dogmatik immaterieller Güter mit einer philosophischen Rechtfertigung von Eigentum an sich abgeglichen? Für Auseinandersetzungen, die über das jeweils aktuelle Feldgeschrei hinausgehen – zum Beispiel zum Leistungsschutzrecht - liefern Bücher wie dieses die notwendige Substanz. Bildungsbeflissenen juristischen Lesern sei "Geistiges Eigentum und Eigentumstheorie" daher anempfohlen.
Zu den spannenden juristischen Büchern des Jahres zählt die "Methodik des Zivilrechts – von Savigny bis Teubner".
Das klingt nach schwerer Kost, scheint aber bestens dazu geeignet, Juristenaugen zum Leuchten zu bringen. Wie oft wird behauptet, Normen seien nach Maßgabe von "grammatischer" bis "teleologischer Methode" auszulegen? Wie selten wird im historischen Kontext beleuchtet, welche Politik jeweils hinter einer "Methoden-Mode" stand? Wie positionierten sich die großen deutschen Dogmatiker mit ihren Methoden gegenüber dem monarchistischen Staatsapparat oder heute im Verhältnis zum demokratischen Gesetzgeber? Gibt es eine Welt diesseits des "Verfassungsgerichtspositivismus"?
Der Rezensent schwärmt selten, für dieses Buch aber wiederholt. Auszuschwärmen, es in die Weihnachtseinkäufe für sich oder befreundete Juristen zu legen, lohnt sich allemal.
Ein Richter sieht wieder seine Füße und sein Gemächt
Deutsche Krimi-Konsumenten sind ein elendes Volk, möchte man meinen. Nicht allein, dass der "Tatort aus Münster" erst in jüngster Zeit die Kritiken bekommt, die er länger schon verdient: Wie viel mehr beweist die mehr gewollte Krimi-Kunst einer Nelle Neuhaus ("Schneewittchen muss sterben"), dass die Leser dieses Genres zwar zwischen Gut und Böse unterscheiden können, es aber mit dem Urteilsvermögen zwischen gut und schlecht hierzulande nicht weit her ist.
Wie viel besser kann ein Krimi sein? Noch dazu einer, in dem ein Richter die Hauptrolle spielt? In Ross Thomas' "Gottes vergessene Stadt" tritt der vormalige Richter am obersten Gerichtshof eines anonymen US-Bundesstaats in der Hauptrolle auf. Lange wurde er als Kandidat des US-Präsidenten für den Obersten Gerichtshof in Washington gehandelt, allerdings als chancenloser. Denn Jack Adair hat – wie viele Figuren bei Ross Thomas – eine Schwertgosch, ein böses Mundwerk. Kurz bevor er aufgrund einer Intrige zu einer 15-monatigen Haftstrafe verurteilt wurde, argumentierte er – im Inbegriff seiner richterlichen Würde – in einer US-Talkshow gegen die Todesstrafe: Wer auf die abschreckende Wirkung von Hinrichtungen setze, müsse sie öffentlich vollstrecken lassen, allerdings nicht mit irgendeiner 08/15-Hinrichtung am Galgen, sondern durch Vierteilung mittels einiger kräftiger Pferde – zur besten Fernseh-Sendezeit, bevor die Kleinen ins Bett müssten.
Zur eher liebevoll-sarkastischen Teil der Figurenzeichnung durch Ross Thomas gehört die Beschreibung des Ex-Richters unter der Dusche, ein gefährlicher Ort im US-Strafvollzug, kurz vor Haftentlassung: Der Richter blickt an sich herunter, der Wohlstandsbauch ist verschwunden. Jack Adair sieht nicht nur seine Füße wieder. Körperlich fit begibt er sich an die Aufklärung der Intrige, eine über- aber nicht schnell durchschaubar komplex gebaute Erdöl- und Erb-Geschichte im Hintergrund.
Ross Thomas (1926-1995) war Soldat im Zweiten Weltkrieg, Wahlkampf-Strippenzieher und Lobbyist im Dunstkreis der demokratischen Partei, kannte das journalistische und Geheimdienst-Milieu im Westdeutschland der 1950er- und 1960er-Jahre. Hierzulande wurde sein Werk durch schlechte und verstümmelte Übersetzungen lange geschändet, jetzt macht ihn der Berliner Alexander Verlag mit einer gut gestalteten Werkausgabe endlich gescheit zugänglich.
Eine Spur realitätsnäher als die mit grandios bösem Witz gesegneten Krimis und Thriller des Politik-Insiders Ross Thomas sind die großen Erzählungen von David Simon.
Seine HBO-Serie "The Wire", die wirklichkeitssatt von den Drogen- und Polizeimilieus von Baltimore erzählte und weder Journalisten noch Lehrer, weder Politiker noch Richter – geschweige denn: milieunahe Strafverteidiger – schonte, ist inzwischen auch als synchronisierte Fassung zu haben, wenn auch leider die "deutschen Stimmen" den Eindruck machen, den Stimmbruch noch vor sich zu haben. Neben dem Original von "The Wire", mittlerweile erschwinglich zu kaufen, empfehlen sich daher David Simons literarische Vorlagen wie "Homicide". Auf vier, fünf Seiten werden Fälle wie dieser entwickelt: Ein Kleinkind ist möglicherweise durch Gewalteinwirkung zu Tode gekommen, verdächtig sind die – mit zehn bzw. 13 Jahren sogar für US-Verhältnisse beinah strafunmündigen – Babysitter. In ihrem öffentlich zugänglichen Autopsie-Bericht legt sich die frisch angestellte Gerichtsmedizinerin auf ein Tötungsdelikt fest, während die Mordkommissare – in Baltimore mit hunderten von Fällen jährlich belastet – den Fall schon als Unfalltod bekannt gemacht haben. Die Meinungsdifferenz zwischen den Behörden zwickt die Öffentlichkeit kurz, doch bleibt die Sache letztlich im Ungefähren, weil sich am Ende niemand ernsthaft für eine verbindliche Klärung interessiert: Überlastete Behörden, sozial und intellektuell minderbemittelte "Geschädigte", eine längst nicht mehr bürgerliche Gesellschaft, die sich von einem Skandal zum nächsten hetzt, bilden das traurig-realistische Panorama.
Die deutsche Öffentlichkeit hat ja keine David Simons, aber man darf sich das Werk dieses US-amerikanischen Journalisten und TV-Autors vorstellen wie eine große, realitätssatte Aufklärungsarbeit – so wie wir sie hierzulande nur hier und dort bruchstückhaft kennen.
3/3: Drei juristische Spielzeuge für Spießer und Spaßvögel
Abgesehen von diesen Möglichkeiten, sich oder anderen mit mehr der weniger rechts- und realitätsnahen Materien zu Weihnachten ein behagliches Frösteln zu bereiten, sollen nun einige Spielzeuge vorgestellt werden. Man muss ja nicht immer nur lesen.
Dieser Tage ironisierte ein bekannter Düsseldorfer Rechtsanwalt das Angebot eines großen deutschen Discounters, der einen Entfernungsmesser feilbietet, geeignet insbesondere auch für private Geschwindigkeitsmessungen im Straßenverkehr. Udo Vetter imaginiert dazu einige typisch deutsche Spießer, die sich an der Freiheit des Autofahrers zu schaffen machen wollen, dazu private Geschwindigkeitskontrollen beginnen. Man muss mit Rechtsanwalt Vetter nachsichtig sein, dass er sich ein solches Gerät nur in Spießerhand vorstellen kann: Der Mann wohnt in Düsseldorf. Im Vergleich zu anderen Städten soll die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen über eine funktionierende Verwaltung verfügen. Anderenorts, in Köln beispielsweise, hört man von derlei nur gerüchteweise. Im Sommer dieses Jahres trennte den Verfasser ein knapper Meter vom Körperkontakt mit einem Pkw, der helllichten Tages mit geschätzten 70 km/h durch sein Rotsignal an einer Fußgängerampel bretterte. Nicht weiter bemerkenswert, denn es war schon das zweite Mal. An dem Gerät, gegen das Udo Vetter als Weihnachtsgabe für Spießer polemisierte, kann man daher eigentlich nur bemäkeln, dass es keine Video- und Upload-Funktion für ertappte Rowdies verfügt. Eigentlich ist es doch eine, wenn nicht basisdemokratische, so doch basisrepublikanische Idee, sollte das Volk mit derlei Spielzeug die Verwaltung des Straßenverkehrs by the people übernehmen.
Juristen können grandiose Redner sein. Cicero beispielsweise, der römische Politiker, hat mit seinen anwaltlichen Plädoyers das Idiom der latinischen Ziegenhirten auf ein derart hohes Niveau gebracht, dass es nicht nur Generationen humanistischer Gymnasiasten verzückte, sondern noch die aktuellen Cicero-Thriller des britischen Schriftstellers Robert Harris von dieser Rhetorik leben. Es heißt, Fidel Castro habe seine rhetorische Kunstfertigkeit als Rechtsanwalt gelernt. Das war allerdings, bevor er endlose Tiraden vor willigen Zuhörern hielt – seine Plädoyers als politischer Angeklagter sollen ganz brauchbar gewesen sein.
Kurz gesagt: Das Recht leidet, wenn es an Mündlichkeit verliert, wenn es zu den Akten kommt – noch mehr, wenn es aus den Akten nicht wieder herauskommt. Krönung allen Übels sind Textbausteine. Die ganze Kunst eines intellektuell und rhetorisch geschliffenen Schriftsatzes wird im Handumdrehen vom Textbausteinchen eines effizient arbeitenden Gerichts zerschmettert. Das kann man nicht billigen, aber in Zeiten der elektronischen Textverarbeitung muss man wohl realistisch bleiben.
Wenn aus kleinen Menschen einmal nicht allzu große Juristen werden sollen, bietet sich als passendes Weihnachtsgeschenk daher ein "Lauflernwagen Blauklötze mit viel Zubehör" an. Er lehrt den ökonomischen Umgang mit Komplexität. Außerdem kann das Gefährt später während der ersten Semester zum Transport von Palandt & Co. verwendet werden. Das muss dem Schönfelder transportierenden Lauflernwagenfahrer dann vor den Kommilitonen gar nicht peinlich sein. Derlei nennt man heute "retro".
Zwar gehört die Fachanwaltschaft für Arbeitsrecht zu den mitgliederstärksten juristischen Waffengattungen, gleichwohl erschließen sich sogenannte Personalratgeber eine Öffentlichkeit, die sich trotz vieler böser Bemerkungen von fachkundigen Juristen nicht beseitigen lässt.
Das Arbeitszeugnis gehört sicherlich zu den Dingen, die viele Juristen schlicht lächerlich finden, sogar unabhängig vom Inhalt: So hatte das Bundesarbeitsgericht 1995 in seinem wohl "billigsten" Fall über die Frage zu befinden, ob das Arbeitszeugnis Hol- oder Bringschuld sei – ein Anwalt und seine vormalige Gehilfen stritten ums Porto. Dieser Tage urteilte das BAG über die Höflichkeitsformeln.
Hinter den Inhaltsstreitigkeiten steckt die Vermutung, das Arbeitszeugnis enthalte neben Auskünften zur Leistung eines Arbeitnehmers auch verschlüsselte Informationen, mit denen ihm der vormalige Arbeitgeber das Leben bei künftigen Bewerbungen zur Hölle machen könnte. Die "Frankfurter Allgemeine" spottete darüber einmal, das US-Militär hätte im Zweiten Weltkrieg, statt Navajo-Indianer als Funker zu rekrutieren, auf die deutsche Arbeitszeugnissprache zurückgreifen sollen. An letzerer hätte sich der japanische Feind genauso die Zähne ausgebissen wie an der unbekannten Indianersprache.
Dies macht Bücher wie "Arbeitszeugnisse formulieren und entschlüsseln" für Juristen, die sich über dieses Nebengebiet des deutschen Arbeitsrechts ereifern, zu einem lustigen Weihnachtsgeschenk. Statt Bleigießen zu Silvester oder harmloser Persönlichkeitsspiele lässt sich viel Spaß aus derlei Ratgebern ziehen: Beurteilen Sie die selbstgebastelten Weihnachtsgeschenke Ihres Nachwuchses in Zeugnissprache! Bewerten Sie das Weihnachtsessen analog zur Würdigung von Arbeitnehmerverhalten im Zeugnis und verstecken Sie neckisch das Buch, falls es nicht geschmeckt hat! Und wenn erst Kinder und Jugendliche die geheimen Zeugniscodes für ihre Computer- und Rollenspiele entdeckt haben, besteht Hoffnung, dass das Arbeitszeugnis seinen Ruf als konfliktträchtige Materie des Arbeitsrechts endlich verliert und zur Freude für jedermann wird.
Apropos: Konfliktträchtigkeit – Schwiegermutter-Krawattenproblem
Die sprichwörtliche Schwiegermutter, die ihr alljährliches Krawattengeschenk mit den Worten überreicht: "Sie gefällt dir ja sowieso nicht!" zählt zu den Standardfiguren psychologischer Kommunikationsratgeber. Es geht ums Doublebind. Lautet die Antwort "Ja, hässlich!" ist die Dame beleidigt, weil sie keinen Geschmack hat. Antwortet der Beschenkte "Nein, sie ist doch schön!", zieht der Konflikt auf, weil beide wissen, dass die Krawatte hässlich ist und der Schwiegersohn aus bemühter Höflichkeit lügt.
Entgegen weit verbreiteter Gerüchte, Juristen müssten vor Gericht eine weiße Krawatte tragen, weil das zur Wahrheitsfindung beiträgt – ein ohnehin absurder Gedanke –, ist zu vermuten, dass männliche Juristen Weihnachtskonflikte zu umgehen versuchen, indem sie ihren Bestand an Halsbindern auf weiße Exemplare zu beschränken bemüht sind.
Natürlich können sich Juristen nicht um Konflikte drücken. Darum empfiehlt es sich, statt mit der Schwiegermutter mit einem funktionalen sozialen Äquivalent zu zanken. Weil eine Doublebind-Situation durch weiße Krawatten vermieden wird, bietet es sich an, unter juristischen Kollegen das kleine, fast weiße Büchlein zu verschenken.
Nicht, dass irgendein Zweifel daran bestünde, dass dies ein perfider Scherz ist. Aber zu gern wüsste man doch, wie manch ein beschenkter Jurist reagierte, wenn er das Grundgesetz mit den Worten erhält: "Sie können vermutlich nicht so viel damit anfangen."
Literaturtipps:
Jobst-Hubertus Bauer: "Recht kurios. Amüsantes und Trauriges", C.H. Beck, 292 Seiten, 29,90 €
ISBN-13: 978-3406642388
Jürgen Seul: "Wo sind die Buddenbrooks?: Und andere juristische Anekdoten aus der Weltliteratur", Verlag Otto Schmidt, 208 Seiten, 24,80 €
ISBN-13: 978-3504010140
Michael Goldhammer: "Geistiges Eigentum und Eigentumstheorie: Rekonstruktion der Begründung von Eigentum an immateriellen Gütern anhand der US-amerikanischen Eigentumstheorie", Mohr-Siebek, 458 Seiten, 79 €
ISBN-13: 978-3161509933
Joachim Rückert & Ralf Seinecke (Hg.): "Methodik des Zivilrechts -– von Savigny bis Teubner", Nomos, 599 Seiten, 34 €
ISBN-13: 978-3832970826
Ross Thomas: "Gottes vergessene Stadt", Alexander Verlag, 352 Seiten, 12,90 €
ISBN-13: 978-3895811609
David Simon: "Homicide", Verlag A. Kunstmann, 800 Seiten, 24,90 €
ISBN-13: 978-3888977237
oder Heyne-Verlag 832 Seiten, 11,99 € ISBN-13: 978-3453676350
Martin Rath arbeitet als freier Lektor und Journalist in Köln.
Martin Rath, Geschenkratgeber: Weihnachten darf kein rechtsfreier Raum bleiben . In: Legal Tribune Online, 16.12.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7798/ (abgerufen am: 19.04.2024 )
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