Kritik an Staatsoberhäuptern: Maje­s­täts­be­lei­di­gung in der Geschichte

von Martin Rath

17.04.2016

Die unvorteilhafte Zeichnung des französischen Königs Louis-Philippe I. trug Honoré Daumier (1808-1879) im Jahr 1832 sechs Monate Gefängnis ein.

Sowohl die Methode wie der Gegenstand der beleidigenden Darstellung sind auf die politische und industrielle Revolution des frühen 19. Jahrhunderts zurückzuführen. Die in den 1790er Jahren entwickelte Lithografie erlaubte hohe und auch aktuelle Auflagen. Der hier angegriffene König, ein abenteuerlicher Nebenspross der Bourbonen, hatte sich - zum Wohlgefallen des liberalen Besitzbürgertums - durch eine Art Staatsstreich ins Amt befördern lassen.

Heutige Staats- und Wirtschaftslenker zeigen sich, jedenfalls wenn sie dem liberalen Bürgertum gefallen wollen, eher als schlanke Marathonläufer denn als fürstliche Wanstgestalten. Der von Daumier karikierte Weg der königlichen Körperfettbeschaffung taugt daher kaum noch als Gegenstand öffentlicher Schmähungen.

Ein Jahrhundert zuvor wäre es bei der kurzen Haftstrafe nicht geblieben, galt bis zur französischen Revolution – oder eben dem Aufkommen gedruckter Massenmedien – das Staatsoberhaupt als gottgewollt und heilig. Entsprechend brutal fielen bis dahin Haft- und Körperstrafen bereits dann aus, wenn der Angriff gegen den Monarchen mit bloß rhetorischer Aggression geführt worden war. 

Zitiervorschlag

Martin Rath, Kritik an Staatsoberhäuptern: . In: Legal Tribune Online, 17.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19104 (abgerufen am: 08.12.2024 )

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