100 Jahre Rechts- und Justizgeschichte: Ver­ges­sene Sta­tionen

von Martin Rath

01.01.2018

Bild: Erwin Kugler, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0, Zuschnitt und Skalierung durch LTO

5/10: 1958 - Otto von Habsburg verzichtet (noch nicht so ganz)

Mit "Gesetz vom 3. April 1919, betreffend die Landesverweisung und die Übernahme des Vermögens des Hauses Habsburg-Lothringen" hatte die Nationalversammlung der neuen Republik Deutschösterreich sich ins Eigentum der bisherigen Herrscherfamilie gesetzt, die herrschaftlichen Titel abgeschafft – 1920 sollten alle weiteren Adelstitel verboten werden – und Eide auf den Kaiser für unverbindlich erklärt.

Zudem bediente sich die junge Republik eines Instruments, das ein wenig paradox wirkt: Man verwies den ehemaligen "Träger der Krone" und die Mitglieder des "Hauses Habsburg-Lothringen" des Landes, soweit sie nicht auf ihre Herrschaftsansprüche ausdrücklich verzichteten und sich zur Republik bekannten.

Ein bisschen paradox ist dies insoweit, als eine Landesverweisung eher zum Recht eines vormodernen Staates passt. Indem von den Fürstenkindern ein Bekenntnis zur Republik abverlangt wurde, versah der neue Staat zudem die alten Vorstellungen von Geblütsheil und Gottgnadentum nur mit einem Minuszeichen, statt ihnen das Prinzip staatsbürgerlicher Gleichheit als selbstverständlich vorauszusetzen.

Im Februar 1958 erklärte Otto von Habsburg (1912–2011), Sohn des letzten Kaisers:
"Um in meine Heimat zurückkehren zu können, erkläre ich im eigenen Namen und im Namen meiner Gemahlin und meiner minderjährigen Kinder als österreichischer Staatsbürger, die derzeit in Österreich geltenden Gesetze anzuerkennen und mich als getreuer Bürger der Republik zu bekennen."

Mit dieser Erklärung gab sich die österreichische Regierung aber nicht zufrieden. Insbesondere fehlte ihr der Verzicht auf staatsrechtliche bzw. vermögenswerte Ansprüche des inzwischen als CSU-Europapolitiker reüssierten Prinzen.

Erst 1961 ließ sich der Fürstensohn zu einer solch hinreichenden Erklärung herab. Bestattet wurde er, mit deutschösterreichischem Aufwand, 2011 in der Wiener Kapuzinergruft.

Zitiervorschlag

Martin Rath, 100 Jahre Rechts- und Justizgeschichte: Vergessene Stationen . In: Legal Tribune Online, 01.01.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26235/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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