Für das Recht in 2016: Ein Jahr­hun­dert­rück­blick

von Martin Rath

01.01.2016

1946 – Richter mit Minderwertigkeitskomplex?

Der liberale Freiburger Generalstaatsanwalt Karl S. Bader (1905-1998) attestierte den deutschen Juristen im Allgemeinen, den Richtern im Besonderen, 1946 einen "Minderwertigkeitskomplex", der unter anderem darauf beruhe, dass die Justizangehörigen im Vergleich zur Verwaltung nie sonderliches Ansehen in Deutschland hätten gewinnen können.

"Minderwertigkeitskomplex", das war damals noch kein Wort, mit dem sich i-Dötze auf dem Waldorfschulhof beschimpften, sondern hatte noch den Anklang von echtem psychiatrischem Krankheitswert.

"Der wahre Richter fühlt sich auch nicht minderwertig, sondern er hat vielleicht – was etwas ganz anderes ist – ein bitteres Gefühl, zu Unrecht zurückgesetzt zu sein", erwiderte darauf ein Landgerichtsrat Schürholz: "Das liegt aber nicht an ihm, sondern hat seinen Grund in den falschen Maßnahmen und der falschen Wertung seitens des Staates."

Kaum war der Krieg vorbei und Papier für den Druck der "Deutschen Rechts-Zeitschrift" vorhanden, stritt man sich über Statusfragen des Richterstandes, dort zu finden auf den S. 33-36 und 175-176. Die einzig pragmatische Forderung, Richter wie anderenorts aus der Anwaltschaft zu rekrutieren, blieb unerhört – davon abgesehen sehen richterliche Leserbriefe bis heute selten anders aus als 1946.

Bild: Bundesarchiv, Bild 183-J03238 / CC-BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Zitiervorschlag

Martin Rath, Für das Recht in 2016: Ein Jahrhundertrückblick . In: Legal Tribune Online, 01.01.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18008/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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