Meistgeklickt im Feuilleton 2011: Deutscher Fußnotenwahn, eine Debatte um zwei Buchstaben und feiernde Juristen

02.01.2012

Dem ehemaligen Verteidigungsminister verdanken wir ein neues Wort: "Guttenbergen" nennen deutsche Jugendliche das Abschreiben nun. Dabei hat, wer abschreibt, immerhin gelesen, konstatierte Platz 1 unserer meistgelesenen Feuilleton-Beiträge. Außerdem in den Top 10: das beliebteste Juristen-Accessoire, die "herrschende Meinung" und dichtende Richter.

1. Glosse - Der Fußnotenwahn

In rechtswissenschaftlichen Arbeiten nehmen die Fußnoten mitunter mehr Raum ein als der eigentliche Text. Über Sinn und Unsinn dieses sehr deutschen Phänomens lässt sich deshalb trefflich streiten. Auf Platz 1 legt Herbert Grziwotz dar, warum weniger manchmal mehr ist: Denn wer einen Text übernimmt, ohne zu zitieren, hat ihn im Zweifel wenigstens gelesen.

2. Kleine juristische Sprachkritik - Das "F***"-Wort, das niemand wegfiept

In vielen Fällen dient der Vorwurf des bloß "Formaljuristischen" dazu, moralische Entrüstung auszudrücken. Wenn das Recht nicht zugunsten einer vermeintlich wertvolleren Vernunft oder Moral beiseite tritt, bemühen Medien, Politiker und auch schon mal der BGH das "F"-Wort. Auf Platz 2 plädiert Martin Rath deshalb dafür, besser ganz genau hinzuhören, wenn von "Formaljuristerei" die Rede ist.

3. Obiter Dictum - Recht spaßige Richter und richtende Dichter

Juristen sagt man gerne nach, doch ein etwas langweiliger Berufsstand zu sein. Das ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass das "Juristendeutsch" häufig sehr sperrig und unzugänglich daherkommt. Es gibt aber immer wieder Richter, die den Gegenbeweis antreten und durch Witz und Wortgewandtheit in ihren Urteilen glänzen. Eine Auswahl literarischer Talente in der Justiz präsentiert Constantin Baron van Lijnden auf Platz 3.

4. Vor 60 Jahren starb Otto Palandt - Schwarz-brauner Namenspatron des grauen Kommentar-Ziegels

Schon seit Jahrzehnten ist der "Palandt" der absolute Platzhirsch unter den Zivilrechtskommentaren und jedem Juristen ein Begriff. Weniger geläufig ist hingegen die Vita des Namensgebers. Otto Palandt arbeitete u.a. als Präsident des Reichsjustizprüfungsamtes im Nazi-Staat und ist unter Rechtshistorikern nicht unumstritten. Dass sein Name bis heute den grauen Einband ziert, geht hingegen auf einen Marketingschachzug des Verlages zurück. Die ganze Wahrheit erzählt Martin Rath auf Platz 4.

5. 80 Jahre Schönfelder - Roter Normziegel, denkmalschutzwürdig

Seit nunmehr 80 Jahren kann man Juristen dabei beobachten, wie sie genervt und fluchend dünne Papierseiten in ihren "Schönfelder" nachsortieren. In dem kiloschweren roten Klotz sind die wichtigsten Gesetze versammelt. Kaum verwunderlich ist daher, dass die Gesetzessammlung bis heute das wichtigste Accessoire der Rechtswissenschaflter ist. Martin Rath wirft auf Platz 5 einen Blick zurück auf die lange Tradition des roten Normziegels.

6. Schluss der Debatte mit zwei Buchstaben - "Das ist hM und kann nicht angezweifelt werden"

Wenn man einem juristischen Argument besonders viel Gewicht verleihen will, verweist man gern darauf, dass dies "herrschende Meinung" sei. Was alle vertreten, kann schließlich nicht angezweifelt werden. Trotzdem ist die Orientierung von Praktikern und Studenten an der "h.M." durchaus tückisch, ist sie doch geeignet, jede ergebnisoffene Diskussion im Keim zu ersticken. Einen kritischen Blick auf die Debatte rund um die zwei Buchstaben wirft Martin Rath auf Platz 6.

7. Deutsches Adelsrecht gestern, heute und zwischendurch - Verdrehte Welt des "V mit Punkt" und andere Petitessen 

Nach dem ersten Weltkrieg wurden in Deutschland die Standesvorrechte des Adels abgeschafft. Damit hatten aber die juristischen Streitfragen rund um das blaue Blut kein Ende. Gerichte beschäftigen sich immer wieder mit Adelsprädikaten, falschen Grafen und Baronen. Eine kleine Auswahl aus dem deutschen Adelsrecht präsentiert Martin Rath auf Platz 7.

8. Recht verstanden - Von Fruchtpasteten und toten Schotten 

Wer als Schotte die Stadt York besucht, sollte nachts besser im Hotel bleiben. Im englischen Recht gibt es nämlich einen Paragraphen, der es gestattet, nach Einbruch der Dunkelheit jeden Schotten innerhalb der Stadtmauern mit Pfeil und Bogen zu töten. Solche und andere rechtliche Kuriositäten dienen im Internet der Belustigung eines breiten Publikums. Dabei lohnt es sich aber, zweimal hinzuschauen, wie uns Constantin Baron van Lijnden auf Platz 8 erklärt. Viele der lustigen Gesetze sind frei erfunden oder werden bewusst falsch verstanden. Witzig sind sie trotzdem.

9. Festschriftenwesen in den Rechtswissenschaften - Wenn Juristen (zu viel) feiern

Unter deutschen Juristen ist es überaus beliebt, Jubiläen jeglicher Art mit einer Festschrift zu zelebrieren. Anlässe, diese Tradition zu pflegen, finden sich reichlich: Runde Geburtstage von verdienten Rechtswissenschaftler oder Jahrestage von Gerichten sind nur die beliebtesten. Der wissenschaftliche Mehrwert rechtfertigt dabei aber nicht immer den Aufwand, wie Martin Rath auf Platz 9 feststellt.

10. Recht im Bestseller - Literarische Leistungen von Prof. Dr. iur. Ralf Höcker, LL.M. (London), RTL

Insbesondere unter juristischen Laien erfreuen sich die Lexika der Rechtsirrtümer besonderer Beliebtheit. Diese sind leider meist wenig originell und zudem äußerst oberflächlich. Grund genug für Martin Rath, auf Platz 10 die Untiefen populärwissenschaftlichen Humors zu erkunden.

Zitiervorschlag

Meistgeklickt im Feuilleton 2011: Deutscher Fußnotenwahn, eine Debatte um zwei Buchstaben und feiernde Juristen . In: Legal Tribune Online, 02.01.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5206/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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