Gesetzesabkürzungen: Und wie soll es heißen?

von Prof. Dr. Roland Schimmel

04.01.2014

BGB, StGB, EStG: Es gibt Gesetze, die kennt jeder, auch ohne Jurastudium. Ihre Namen sind kurz, die Abkürzungen selbsterklärend. Aber der Gesetzgeber produziert beinahe täglich neue Normen. Jedes dieser Kinder muss einen neuen Namen bekommen. Aber irgendwann sind alle kurzen und schönen Namen vergeben. Was dann, fragt Roland Schimmel, und wirft einen Blick auf die Geschichte mancher Gesetzesnamen.

Zwangsläufig werden die Namen länger. Zugleich geraten sie auch weniger prosaisch. Manchmal entlocken sie dem Normadressaten – oder wenigstens dem Normanwender – ein Lächeln. Manchmal aber auch nicht.

Die Notwendigkeit, den Gesetzesinhalt möglichst klar zu benennen und zugleich jede Verwechslung mit einem anderen Gesetz zu vermeiden, erzwingt nämlich schon mal etwas längere Gesetzesbezeichnungen. Ein paar Beispiele:

Das Gesetz zur Übertragung der Aufgaben für die Überwachung der Rinderkennzeichnung und Rindfleischetikettierung v. 19.01.2000 (GVBl. M-V, 22), aussprachefreundlich zusammengezogen zu Rinderkennzeichnungs- und Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz, zitierfreundlich abgekürzt als RkReÜAÜG M-V hat ein eigenes Wikipedia-Lemma und bekam beim Außerkrafttreten Ende Mai 2013 Nachrufe in der Presse wegen der außergewöhnlichen Länge nicht des Gesetzestexts, sondern des Namens.

Der Maßstab: 7 Substantive, 21 Silben, 63 Buchstaben

Und es dürfte Maßstäbe setzen in Sachen Kompositabildung: sieben Substantive, 21 Silben, 63 Buchstaben. Nicht schlecht für den Anfang. Aber zugegebenermaßen ein Gesetz nur für wenige Spezialisten.

Dagegen verblasst die Gegenprobensachverständigen-Prüflaboratorienverordnung, mit vollem Namen Verordnung über die Akkreditierung von Prüflaboratorien als Voraussetzung für die Zulassung privater Gegenprobensachverständiger für die Untersuchung von Proben (v. 11.02.1999, BGBl. I, 162). Sieben Substantive, 19 Silben, 54 Buchstaben.

Allerdings wurde die Verordnung geändert durch einen neuen Spitzenreiter abgelöst: die Verordnung über die Zulassung privater Gegenproben-Sachverständiger und über die Regelungen für amtliche Gegenproben sowie zur Änderung der Gegenprobensachverständigen-Prüflaboratorienverordnung (v. 11.08.2009, BGBl. I, 2852), genannt: Gegenproben-Verordnung, abgekürzt: GPV. Neun Substantive, 63 Silben, 177 Buchstaben.

Vorbild: Europa

Der europäische Gesetzgeber macht es vor: Die Level-II-Verordnung heißt mit vollem Namen Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013 der Kommission vom 19. Dezember 2012 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Ausnahmen, die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit, Verwahrstellen, Hebelfinanzierung, Transparenz und Beaufsichtigung.

Und das ist noch einer der knackig-kurzen Namen. Substantive, Silben und Buchstaben zählen Sie dieses Mal bitte selbst. Alternativ könnten Sie – ohne im Internet nachzusehen – erklären, was die EU-Verordnung regelt.

Rekordhalter: InstallateurHeizungsbauerMstrV

Wer allerdings – wie der  Verfasser – dachte, SozSichAbkÄndAbk2ZAbkTURG (gemeint ist damit das Gesetz zu dem Zusatzabkommen vom 2. November 1984 zum Abkommen vom 30. April 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit und zu der Vereinbarung vom 2. November 1984 zur Durchführung des Abkommens vom 11. Dezember 1986 v. 11.12.1986, BGBl. II, 1038) sei die längste Gesetzesabkürzung im Umlauf, sieht sich eines Besseren belehrt: InstallateurHeizungsbauerMstrV (für die Verordnung über das Meisterprüfungsberufsbild und über die Prüfungsanforderungen in den Teilen I und II der Meisterprüfung im Installateur- und Heizungsbauer-Handwerk v. 17.07.2002, BGBl. I, 2693) ist zwar verständlicher und leichter auszusprechen, aber eben doch: länger.

Linguisten dürften also lächeln. Die Vorstellung von Beamten in Bundes- und Landesministerien, die sich gegenseitig mit Silbenclustern zu überbieten versuchen ("Nimm das!"), ist ja schon ein bisschen amüsant. Man kann aber auch von einer ganz anderen Warte auf die Gesetzesnamen schauen, etwa von einer kulturgeschichtlichen.

Zitiervorschlag

Roland Schimmel, Gesetzesabkürzungen: Und wie soll es heißen? . In: Legal Tribune Online, 04.01.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10493/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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