Barrique-Weine: Fässer aus dem Feuer

von Andrea Himmelstoß

10.06.2010

Barrique-Fässer werden über einer offenen Feuerstelle angeröstet, bevor edle Weine in ihnen reifen dürfen. Winzer Jochen Becker verrät, worauf es dabei ankommt und wie der Wein im Barrique zu seinen zarten Vanille- und Röstaromen kommt.

Das rheinhessische Weingut Müller-Dr. Becker befindet sich bereits in der zwölften Generation in Familienbesitz, hat also Tradition. Tradition hat auch das Barriquefass. Zusammengefunden haben beide jedoch erst 1985, als Jochen Beckers Vater das erste Mal einen Wein im Barrique reifen ließ. "Da wusste bei uns noch niemand, was ein Barrique ist", stellt Becker fest und sorgt für Aufklärung: "Das Barrique-Fass aus Eichenholz wird über einer offenen Feuerstelle angeröstet, bevor es verschlossen wird. Dadurch wird ein zartes Vanille- und Röstaroma freigesetzt, das der Wein bei der Gärung aufnimmt." Seit jenen Tagen in den 80er-Jahren haben die Barrique-Weine auch unter den deutschen Weinliebhabern Furore gemacht.

Doch nicht jeder Wein reift im Barrique-Fass mit gutem Ergebnis. "Die Traube muss einen ausreichend kräftigen Charakter haben", erklärt der Winzer, "ein Riesling zum Beispiel lebt von seinem fruchtigen Stil. Und der würde von den Aromen, die das Barrique-Fass dem Wein verleiht, erdrückt werden."

Jochen Becker lässt zwei Rotweine, einen Spätburgunder und einen Schwarzriesling, im Barrique reifen. Und einen Weißwein, einen Chardonnay. "Das Ergebnis ist fantastisch“, begeistert er sich, "der Chardonnay ist weich und cremig. Das Aroma tropischer Früchte vereinigt sich harmonisch mit dem feinen Vanille-Ton."

Auf das Holz kommt es an

Die Rotweine lässt der Winzer in Barrique-Fässern aus französischer Eiche reifen. "Sie bleiben zwölf bis 18 Monate im Fass. Rotweine brauchen diese Zeit, um mit Hilfe der wenigen Lufteinschlüsse im Holz zu oxidieren und ihre Gerbstoffe freizusetzen. Daher lagern sie auch länger als der Weißwein." Den wiederum lässt Jochen Becker in Fässern aus amerikanischer Weißeiche reifen. Das Holz ist schnellwüchsiger und hat mehr Lufteinschlüsse. So kann der Wein innerhalb eines halben Jahres den gewünschten Vanilleton und die Röstaromen aufnehmen.

Weil für einen Winzer die eigene Erfahrung wichtig ist, hat Jochen Becker im Experiment ergründet, ob diese Zuordnung der Hölzer ein unumstößliches Gesetz ist: "Ich habe einen Rotwein im Fass aus amerikanischer Eiche reifen lassen. Das Ergebnis hat bestätigt, dass die Oxidationsnoten zu stark werden. Außer mir wird niemand diesen Wein kosten."

Dass das Barrique-Fass relativ klein ist und normalerweise nur 225 Liter misst, liegt zwar daran, dass es von den Arbeitern - zumindest solange es leer war - mit Muskelkraft transportiert werden sollte. Doch die Größe hat den zweiten Vorteil, dass die angeröstete Innenfläche der Dauben im Verhältnis zum Inhalt größer ist als bei Fässern mit mehr Fassungsvermögen. Der Wein hat sozusagen mehr Kontakt zum Fass. "Außerdem können wir durch den Röstungsgrad des Barrique-Fasses die Qualität des Weines beeinflussen. Unsere Weine sind grazil und elegant. Deshalb harmonieren sie gut mit einem mittleren Röstungsgrad."

Zitiervorschlag

Andrea Himmelstoß, Barrique-Weine: Fässer aus dem Feuer . In: Legal Tribune Online, 10.06.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/345/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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