2/11 Mehr als gelegentliches Vergiftungsgeschrei
Aus dem Wald kommt die Nachhaltigkeit zum Grundwasser der Besorgnisgrundsatz. Diese Behauptung führt ein wenig in die Irre, denn anders als der ursprünglich forstwirtschaftliche Begriff der "Nachhaltigkeit" hat das wasserrechtliche Prinzip, wonach die Erlaubnis, in das Grundwasser Stoffe einzuleiten, nur erteilt werden darf, "wenn eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist" (§ 48 Abs. 1 S. 1 Wasserhaushaltsgesetz) merkwürdigerweise außerhalb des fachjuristischen Sprachgebrauchs noch keine allgemein-politische Konjunktur gemacht – obwohl spätestens seit der Diskussion um das Fracking auch das Grundwasser verstärkt zum Gegenstand öffentlichen Interesses geworden ist.
In ihrer Bonner Dissertation prüft Vera Katharina Ibes die Leistungsfähigkeit des Besorgnisgrundsatzes und stellt zugleich die rechtlichen Strukturen des Grundwasserschutzrechtes vor. Aus der Masse juristischer Dissertationen ragt diese, als Beispiel für eine Arbeit zu einem begrenzten positiv-rechtlichen Einzelkomplex positiv heraus – und wenn vom mündigen Menschen in der modernen Gesellschaft verlangt wird, dass er sich der Fragen in seiner Umwelt komplexitätsangemessen annimmt, sollte auch Aufmerksamkeit für das grundwasserrechtliche Regelungsregulativ mehr sein als Gegenstand gelegentlichen Vergiftungsgeschreis. Eine Lektüreempfehlung also auch an den gebildet sein wollenden Umweltschutzaktivisten.
Vera Katharina Ibes: Der Besorgnisgrundsatz im Grundwasserschutz. Inhalt, Anwendungsbereich und Implikationen. Köln (Carl Heymanns) 2017. Dissertation Bonn, 2017.
Martin Rath, Neun neue Jura-Dissertationen: . In: Legal Tribune Online, 05.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25375 (abgerufen am: 10.11.2024 )
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