BGH: Strenge Anfor­de­rungen bei Tele­fon­wer­bung zulässig

11.02.2011

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des BGH hat am Donnerstag entschieden, dass die strengen gesetzlichen Anforderungen in Deutschland an die Zulässigkeit von Werbeanrufen bei Verbrauchern mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar sind.

Das deutsche Recht gehe zwar damit, dass es unaufgeforderte Werbeanrufe stets als unzumutbare Belästigung und damit als unlauter einstuft, über die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken der Europäischen Union hinaus. Aufgrund einer in der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation enthaltenen Öffnungsklausel sei der deutsche Gesetzgeber aber berechtigt, Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern generell von deren vorherigem ausdrücklichen Einverständnis abhängig zu machen (so genanntes opt-in) (Urt. v. 10.02.2011, Az. I ZR 164/09).

Der Bundesgerichtshof (BGH) wies damit die Revision der AOK Plus gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Dresden zurück. Diese hatte sich 2003 gegenüber der Verbraucherzentrale Sachsen verpflichtet, Werbeanrufe zu unterlassen, die ohne das Einverständnis der Verbraucher erfolgen. Für jeden Verstoß gegen diese Pflicht sollte sie eine Vertragsstrafe von 5.000 Euro bezahlen. Im September 2008 nun hatten zwei Verbraucher Werbeanrufe von einem Call-Center erhalten, das von der AOK Plus beauftragt worden war. Die Verbraucherzentrale nahm daraufhin AOK Plus auf Zahlung von 10.000 Euro in Anspruch.

BGH: AOK hat Einverständnis der Verbraucher nicht nachgewiesen

Die AOK trug vor, die Einwilligung der Angerufenen im so genannten Double-Opt-In-Verfahren erhalten zu haben: Die Verbraucher hätten an Online-Gewinnspielen teilgenommen, dort ihre Telefonnummer angegeben und durch Markieren eines Feldes ihr Einverständnis auch mit Telefonwerbung erklärt. Daraufhin sei ihnen eine E-Mail ("Check-Mail") mit dem Hinweis auf die Einschreibung für das Gewinnspiel an die angegebene E-Mail-Adresse übersandt worden, die sie durch Anklicken eines darin enthaltenen Links bestätigt hätten.

Der BGH war der Auffassung, dass die AOK im Streitfall das Einverständnis der angerufenen Verbraucher nicht nachgewiesen hat. Für diesen Nachweis komme insbesondere der Ausdruck einer E-Mail des angerufenen Verbrauchers in Betracht, in der er sich ausdrücklich mit der Werbung einverstanden erkläre, so die Richter. Die Speicherung der entsprechenden E-Mail sei dem Werbenden ohne weiteres möglich und zumutbar. Diesen Nachweis habe die AOK nicht geführt, sondern sich nur allgemein auf die Einhaltung des Double-Opt-In-Verfahrens berufen.

Dieses elektronisch durchgeführte Double-Opt-In-Verfahren sei von vornherein ungeeignet, um ein Einverständnis von Verbrauchern mit Werbeanrufen zu belegen. Zwar könne bei Vorlage der dabei angeforderten elektronischen Bestätigung angenommen werden, dass der die Einwilligung in Werbeanrufe enthaltende Teilnahmeantrag für das Online-Gewinnspiel tatsächlich von der angegebenen E-Mail-Adresse stammt. Damit sei aber nicht sichergestellt, dass es sich bei der angegebenen Telefonnummer tatsächlich um den Anschluss des Absenders der Bestätigungs-E-Mail handelt. Es könne zahlreiche Gründe für die versehentliche oder vorsätzliche Eintragung einer falschen Telefonnummer geben. Das Gesetz verlange aber zwingend, dass der konkret angerufene Teilnehmer vor dem Werbeanruf ausdrücklich sein Einverständnis erklärt habe. 

plö/LTO-Redaktion

 

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Zitiervorschlag

BGH: Strenge Anforderungen bei Telefonwerbung zulässig . In: Legal Tribune Online, 11.02.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2525/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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