Insiderrecht und Compliance: Streng vertraulich!

von Prof. Dr. Christian Schröder

18.11.2010

Wer als Mitarbeiter eines börsennotierten Unternehmens vertrauliche Informationen etwa über eine bedeutende Erfindung oder eine Übernahme ausplaudert, macht sich unter Umständen strafbar - ein Risiko, das vielen gar nicht bewusst ist. Hier sind besonders die Compliance-Abteilungen gefragt. Wie eine Präventionsstrategie aussehen kann und worauf Unternehmen achten sollten.

Verstöße gegen das Insiderhandelsverbot gelten schon lange nicht mehr als Bagatelle. Das Gesetz stuft den Insiderhandel in §§ 38 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) als Straftat ein. Der Strafrahmen reicht immerhin bis zu einem fünfjährigen Freiheitsentzug. Sogar das versuchte Delikt und der leichtfertige Insiderhandel stehen unter Strafe.

Angesichts dessen sind börsennotierte Unternehmen bemüht, diese Risiken zu minimieren. Aus Gründen der Fürsorge gegenüber den eigenen Mitarbeitern, aber auch zur Abschirmung von Reputationsrisiken des Unternehmens. Die Prävention entsprechender Verstöße wird daher zu einer Aufgabe der Compliance-Abteilungen.

Strafbar ist aber nicht nur der Insiderhandel. Jenseits dessen gibt es verkappte Risiken im Insiderrecht, die sich für die Compliance-Abteilung eines börsennotierten Unternehmens als Herausforderung erweisen.

Weitergabe von Informationen nur in engen Grenzen zulässig

Sobald ein Mitarbeiter oder Berater bestimmungsgemäß Zugang zu Insiderinformationen hat, kann er sich wegen der unbefugten Weitergabe einer Insiderinformation strafbar machen. Bis zur Veröffentlichung der Insiderinformation, die zumeist als Ad-hoc Meldung nach § 15 Abs. 1 WpHG publiziert wird, darf die Information nur in sehr engen Grenzen weitergegeben werden.

Unbefugt ist nicht nur das Ausplaudern einer Insiderinformation gegenüber Dritten. Gleiches gilt grundsätzlich auch für das vertrauliche Gespräch mit dem besten Freund oder dem Ehepartner. Sogar innerhalb eines börsennotierten Unternehmens muss jede Weitergabe einer Insiderinformation sachlich geboten und nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sogar unerlässlich sein.

Hinsichtlich dieses Risikos gibt es immer noch erheblichen Aufklärungsbedarf. Mitarbeitern einer börsennotierten Gesellschaft ist die Strafdrohung oft nicht bewusst. Der Sinn und Zweck dieser Regelung erschließt sich, wenn man bedenkt, dass bei einer Verbreitung einer Insiderinformation durch eine unbefugte Weitergabe die Gefahr der Begehung von Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot steigt. Insoweit handelt es sich bei dem Weitergabeverbot um eine Art Vorfeldtatbestand zum Insiderhandel.

Prävention durch Aufklärung als Aufgabe moderner Compliance

Börsennotierte Unternehmen sind gehalten, ihre Mitarbeiter nicht nur auf das Risiko eines Verstoßes gegen das Insiderhandelsverbot hinzuweisen. Aufgabe von moderner Compliance in börsennotierten Unternehmen ist es auch, das Risiko der unbefugten Weitergabe transparent und für die Mitarbeiter nachvollziehbar darzustellen.

Unter dem Gesichtspunkt der Prävention besteht die Aufgabe von moderner Compliance im Kapitalmarktrecht gerade darin, die verkappten und für den einzelnen Mitarbeiter nicht immer leicht zu erkennenden Risiken aufzuzeigen. Moderne Compliance muss diese Aufgabe nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Fürsorge gegenüber Mitarbeitern aufgreifen.

Auch bei Verstößen gegen das Weitergabeverbot drohen Reputationsschäden und in besonderen Fallkonstellationen wird auch die Frage nach einer Haftung eines börsennotierten Unternehmens aus § 30 OWiG (Unternehmensgeldbuße) zu stellen sein.

Der Autor Prof. Dr. Christian Schröder hat einen Lehrstuhl für Straf- und Strafprozessrecht an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. In der zweiten Auflage seines "Handbuchs Kapitalmarktstrafrecht" (Carl-Heymanns-Verlag, 2010) stellt er das Insiderstrafrecht vor und widmet sich in dem Kapitel "Compliance in börsennotierten Unternehmen" der Prävention kapitalmarktstrafrechtlicher Verstöße.

Zitiervorschlag

Prof. Dr. Christian Schröder, Insiderrecht und Compliance: Streng vertraulich! . In: Legal Tribune Online, 18.11.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1958/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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