VG Köln entscheidet über Unterhaltsbeihilfe

Was für den einen billig ist, ist dem anderen Recht

von Andreas Schmitt und Karl SchmittLesedauer: 5 Minuten
Schlechte Nachrichten für Referendare aus NRW: Das VG Köln hat entschieden, dass ihre Unterhaltsbeihilfe zwar gegen den klaren Wortlaut der Norm, aber dennoch richtig berechnet wird. Der Gesetzgeber habe die Referendare den Landesbeamten gleichstellen wollen und  dürfe sie deshalb auch so bezahlen. Die Entscheidung, die vor allem zu Gunsten der klammen Staatskasse ausfällt, erläutern Andreas und Karl Schmitt.

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Geklagt hatte ein Referendar, der seinen Vorbereitungsdienst zwischen 2010 und 2012 in NRW absolviert hatte. Er war der Ansicht, dass seine Bezüge falsch berechnet worden seien und das Land ihm deshalb jährlich 700 Euro zu wenig gezahlt habe. Seine Klage auf Neuberechnung und Nachzahlung der Unterhaltsbeihilfe hat das Verwaltungsgericht (VG) Köln nun abgelehnt. Auch die Chancen anderer Referendare auf einen späten Geldsegen sind damit gesunken. Der Referendar hielt die Berechnung seiner Bezüge durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) für fehlerhaft, weil dieses eine falsche Bemessungsgrundlage herangezogen habe. Nach der Verordnung über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfen an Rechtsreferendare erhalten die angehenden Juristen in NRW monatlich "85 v.H. des höchsten nach dem Bundesbesoldungsgesetz gewährten Anwärtergrundbetrages". Tatsächlich zog das LBV zur Berechnung der Unterhaltsbeihilfe aber die Anwärtergrundbeträge für Beamtenanwärter des Landes heran, die deutlich unter denen des Bundes liegen. Dadurch, so der Referendar, habe er während seines Referendariats zwischen 2010 und 2012 rund 57 Euro monatlich zu wenig erhalten.

VG Köln ändert seine Meinung

Nachdem das VG Köln zunächst hatte durchblicken lassen, dass es die Rechtsauffassung des Referendars teilt, schloss dieser einen Vergleich mit dem LBV. Die Düsseldorfer Behörde verpflichtete sich darin zu einer Zahlung von 500 Euro, behielt sich aber einen Widerruf des Vergleichs vor. Nachdem das LBV von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hatte, rückte auch das VG von seiner ursprünglichen Auffassung ab. Zuletzt hatte es einen Hinweis erteilt, dass die Berechnung der Unterhaltsbeihilfe durch das LBV doch zutreffend sein könnte. Daran hielten die Verwaltungsrichter aus Köln auch in ihrem Urteil fest (Urt. v. 22.01.2014, Az. 3 K 4933/11). Das VG entschied, dass der Referendar keinen Anspruch auf Neuberechnung seiner Unterhaltsbeihilfe und damit auch keinen Anspruch auf Nachzahlung hat. Der Verweis auf das BBesG in der Verordnung sei nach der Föderalismusreform so auszulegen, dass Berechnungsgrundlage die landesrechtlichen Anwärtergrundbezüge sind, begründete das VG seine Entscheidung. Nachdem die Zuständigkeit  für die Besoldung der Landesbeamten 2006 auf die Länder übertragen wurde, könne der Landesgesetzgeber sich bundesrechtliche Regelungen zwar immer noch zu eigen machen oder auf sie Bezug nehmen. Auch lasse der "reine Wortlaut" der Vorschrift sich grundsätzlich so verstehen, dass die Anwärtergrundbezüge nach dem BBesG gemeint sind. Allerdings müsse die Vorschrift aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen seit der Föderalismusreform anders ausgelegt werden.

Föderalismusreform setzt neue Rahmenbedingungen

Dadurch, dass der Bundesgesetzgeber Änderungen im Besoldungsrecht nicht mehr mit Wirkung für das Land vornehmen kann, ist nach Ansicht der Kölner Richter eine planwidrige Regelungslücke entstanden. Wegen eines "Regelungsversäumnisses" des Landes decke sich die angeordnete Rechtsfolge nicht mehr mit dessen Willen. Denn die Intention des Landesgesetzgebers sei es von Anfang an gewesen, "Rechtsreferendare im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis so weit als möglich den Beamtenanwärtern des Landes gleichzustellen". Das Ausbildungsverhältnis der Juristen sei in seiner rechtlichen Ausgestaltung "historisch bedingt" weitgehend an das Beamtenverhältnis auf Widerruf angelehnt, so das VG weiter. Dies zeige sich schon daran, dass die meisten beamtenrechtlichen Vorschriften auch auf Referendare anwendbar sind. Auch wenn die besoldungsrechtlichen Vorschriften nicht für Referendare gelten, schließe die Annäherung letztlich auch die Unterhaltsbeihilfe mit ein. Dies zeige sich "insbesondere" auch daran, dass die Höhe des Anwärtergrundbetrages im Jahr 2005 von ursprünglich 100 auf 85 Prozent gesenkt worden ist und das LBV die Berechung seit der Föderalismusreform durchgehend anhand der Änwärterbezüge des Landes vorgenommen hat. Dadurch habe der Gesetzgeber seinem Willen zur Gleichbehandlung mit Landesbeamten Ausdruck verliehen. Über ihren Wortlaut hinaus sei die Verordnung deshalb als Verweis auf die landesrechtlichen Anwärterbezüge zu verstehen.

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2/2: Einseitige Auslegung zu Lasten der Referendare

Mit dem Urteil hat das VG die Verordnung ausschließlich im Sinne der klammen NRW-Staatskasse und zu Lasten der Rechtsreferendare ausgelegt. Die Kölner Richter schaffen es nicht, den Widerspruch zwischen dem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis einerseits und der beamtenrechtlichen Besoldung andererseits aufzulösen. Dieser Widerspruch besteht gerade bei der Unterhaltsbeihilfe. Referendare sollen nach dem Willen des Gesetzgebers seit der Umwandlung des Referendariats in ein öffentlich-rechliches Ausbildungsverhältnis nicht mehr wie vollwertige Beamte behandelt werden. Die Umwandlung erfolgte auch deshalb, um bei den Bezügen der Referendare zu sparen. Sie sollten gerade nicht mehr wie Beamte auf Widerruf bezahlt werden. Von einer "Annäherung" des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis an das Beamtentum im Bereich der Unterhaltsbeihilfe zu sprechen, mutet deshalb seltsam an. Als der Gesetzgeber das Referendariat in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis umwandelte, wollte er bei der Bezahlung genau das Gegenteil erreichen. Viele Referendare hatten nach dem Bekanntwerden des Verfahrens vor dem VG Köln einen Antrag auf Neuberechnung ihrer Unterhaltsbeihilfe gestellt. Ihre Aussichten auf einen späten Geldsegen sind mit dem Urteil allerdings gesunken. Dass der Wortlaut des Gesetzes dem nun erreichten Ergebnis widerspricht, erkennt allerdings auch das VG an. Aufgrund dieses Klarstellungsversäumnisses hat es dem eigentlich siegreichen Land die Verfahrenskosten auferlegt.

Referendare organisieren sich im Internet

Die Hoffnungen der Referendare ruhen damit nun auf  dem Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat das VG die Berufung zum OVG NRW zugelassen. Vielleicht gibt es aus Münster bald bessere Nachrichten für die angehenden Juristen aus NRW. Sehr umfangreiche Informationen, nicht nur zu dieser Problematik, sondern auch zu diversen weiteren angeblichen oder tatsächlichen Benachteiligungen von Referendaren in NRW werden von Referendaren aus Bielefeld online zusammengetragen und regelmäßig aktualisiert. Die Seite enthält auch einen Spendenaufruf zur Prozesskostenfinanzierung eines Musterverfahrens. Der Autor Andreas Schmitt ist zurzeit Rechtsreferendar im Oberlandesgerichtsbezirk Köln und verbringt seine Wahlstation bei KLS Rechtsanwälte in Köln. Er ist von der Regelung zur Unterhaltsbeihilfe selbst betroffen. Der Autor Ministerialrat a.D. Karl Schmitt war viele Jahre im nordrhein-westfälischen Innenministerium als Referatsleiter für Dienstrecht zuständig.

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