Nach dem Skandal um gekaufte Examenslösungen in Niedersachsen

Ehr­liche Kan­di­daten dürfen Klau­suren wie­der­holen

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Das LJPA erlaubt den "ehrlichen Kandidaten" nun doch, die vom Justizskandal betroffenen Klausuren  erneut zu schreiben. Man wolle den Referendaren ein langes Hauptsacheverfahren nicht zumuten, so die Begründung.

Überraschende Wende bei der Aufarbeitung des Skandals um gekaufte Klausurlösungen in Niedersachsen: Das Landesjustizprüfungsamt (LJPA) gab am Mittwoch bekannt, dass alle Examenskandidaten, bei denen die Möglichkeit besteht, dass sie aufgrund des Skandals schlechtere Chancen hatten, weil ein verzerrter Bewertungsmaßstab zugrunde lag, diese Klausuren erneut schreiben dürfen. Wiederholen können damit diejenigen Kandidaten, deren Klausuren von einem Prüfer korrigiert wurden, der im selben Klausurendurchgang auch die der Prüflinge korrigiert hat, welche die Lösungen von dem zwischenzeitlich verurteilten Richter vorab erhalten hatten. Die von der Entscheidung des LJPA betroffenen Juristen, es handelt sich um rund 500, können also einzelne Klausuren wiederholen, nicht aber die gesamte Prüfung. Insgesamt könnten 2.600 Klausuren erneut geschrieben werden, gab das Amt bekannt. Der inzwischen verurteilte Richter und ehemalige Referatsleiter des LJPA, Jörg L., hatte eingeräumt, mehreren Referendaren Lösungen für Klausuren des Zweiten Staatsexamens angeboten und verkauft zu haben. Nach einer Prüfung des Justizministeriums war 15 Absolventen das Zweite Examen nachträglich aberkannt worden. Ende des vergangenen Jahres wurde dann bekannt, dass auch erste "ehrliche" Kandidaten vor Gericht gezogen sind, um die betroffenen Klausuren zu wiederholen. Sie machen geltend, dass durch die Klausuren der Referendare, welche die Lösungen zuvor erworben hatte, die Bewertungsmaßstäbe zu ihren Lasten verzerrt worden seien.

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Verschlechterungsverbot gilt nicht

Das Verwaltungsgericht (VG) Lüneburg entschied bereits im Eilverfahren, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit jedenfalls nicht auszuschließen ist und bejahte einen Wiederholungsversuch. Das LJPA hatte hiergegen erfolglos Beschwerde eingelegt und sich auch in der Hauptsache gewehrt. Nun aber gibt es aus eigenen Stücken nach, nach eigenen Angaben, um den Kandidaten keine Zeit zu stehlen. "Es kommt letztlich nicht darauf an, ob man […] einen prüfungsrechtlich relevanten Fehler bejaht. Die Klärung dieser Frage im Hauptsacheverfahren wird möglicherweise Jahre dauern, die wir den Kandidatinnen und Kandidaten nicht zumuten wollen", erklärt Rainer Petzold, Präsident des LJPA in der Mitteilung des Amts. Man sehe sich in der Pflicht, die Verantwortung für die prüfungsrechtlichen Auswirkungen des Korruptionsfalles auf die Ergebnisse anderer Prüflinge zu übernehmen, so Petzold weiter. Auch zum hierbei geltenden Prüfungsmodus äußerte sich das LJPA. Sofern ein Prüfling eine Klausur erneut schreibt, soll die hierbei erzielte Note in die Gesamtnote des Zweiten Examens einfließen. Ein Verschlechterungsverbot kommt nach Auskunft des Amts aber nicht zur Anwendung. Es ist somit auch denkbar, dass sich Prüflinge durch die eingeräumte Möglichkeit noch verschlechtern. Das LJPA will die betroffenen Kandidaten nun zunächst anschreiben und unterrichten. Es gab zudem an, dass ihnen eine angemessene Vorbereitungszeit gewährt werde. una/LTO-Redaktion

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