Zur Überbrückung der Wartezeit aufs Referendariat

Ber­liner Pilot­pro­jekt holt Dip­lom-Ju­risten in die Behörden

von Marcel SchneiderLesedauer: 3 Minuten
Auf einen Referendarplatz müssen Bewerber in der Hauptstadt lange warten. Die dortige Verwaltung bietet ihnen nun für die Zwischenzeit gar nicht mal so schlecht bezahlte Arbeit an. Und hofft, so den Nachwuchsmangel ein wenig zu lindern.

"Das Geld ist da und die Verwaltung sucht händeringend Nachwuchs, insbesondere Juristen", sagt Carola Bluhm, Fraktionsvorsitzende der Linken in Berlin. Sie ist Mitglied im Unterausschuss Personal und Verwaltung sowie Produkthaushalt und Personalwirtschaft und engagiert sich in einem Pilotprojekt für Diplom-Juristen, das nun an den Start geht. Die Idee: Absolventen mit erstem juristischen Examen, die auf den Beginn ihres Referendariats in der Hauptstadt warten, sollen sich für einen Job in der Verwaltung bewerben. Von ihnen gibt es jede Menge, denn Berlin wird überrannt: Aktuell konkurrieren knapp über 1.300 wartende Bewerber um die jährlich circa 600 Plätze, die häppchenweise alle drei Monate vergeben werden. Selbst diejenigen unter ihnen, die beste Voraussetzungen mitbringen, warten knapp über ein Jahr. Wer nach den maßgeblichen Kriterien – dazu zählen neben der Examensnote etwa auch das Bundesland des ersten Examens und bestimmte anrechenbare Tätigkeiten – schlechter da steht, kann sich sogar auf eine Wartezeit von fast zwei Jahren einrichten. Für Bluhm war das neben dem Nachwuchsmangel in der Verwaltung das schlagende Argument, das Projekt anzugehen: "Bei einer durchschnittlichen Einarbeitungszeit von drei Monaten stehen die Bewerber noch mindestens ein Dreivierteljahr zur Verfügung, eher mehr. Dann lohnt sich das auch."

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3.000 Euro brutto im Monat, flexibles Arbeitsverhältnis

Für den Anfang bieten die Bezirksämter in den Vierteln Spandau und Pankow jeweils etwa 20 Plätze an, auf die sich die Kandidaten mit Anschreiben und Lebenslauf bewerben können. Auch Teilzeitwünsche sollen dabei berücksichtigt werden, jeder bekommt einen Mentor zur Seite gestellt. Damit die Kandidaten auch spontan mit dem juristischen Vorbereitungsdienst beginnen können, falls sich ihr Starttermin unerwartet nach vorne verschiebt, gibt es Ausnahmeregelungen vom Verbot der sachgrundlosen Befristung. Das wird nicht selten nötig, wenn zum Beispiel ein anderer Bewerber aus der Warteliste vor ihnen abspringt. Eingesetzt werden sollen die angehenden Volljuristen zunächst in den Bereichen Stadtplanung, Rechtsamt, Personenstandswesen und Personalmanagement. Eben da, wo es in der Hauptstadt aus Verwaltungssicht akut brennt: Denn selbst auf die Erledigung eher simpler Angelegenheiten, wie etwa die Ausstellung von Wohnberechtigungsscheinen oder einen Hochzeitstermin beim  Standesamt, könne man in Berlin derzeit schon einmal ein paar Monate warten, so Bluhm. Stellt sich noch die Frage nach dem Geld: Was verdienen die Kandidaten also? Bluhm dazu: "Wir orientieren uns an den Zahlen der Bundestagsverwaltung, die ein ähnliches Konzept für die beliebte Mitarbeit im wissenschaftlichen Dienst betreibt. Vorgesehen ist für das Pilotprojekt deshalb die Eingruppierung in Entgeltgruppe neun, Stufe zwei." In Zahlen sind das knapp über 3.000 Euro brutto im Monat.

"Eine Win-Win-Situation für beide Seiten"

Für Bluhm ist das Projekt eine Win-Win-Situation: Jungen Juristen könne es nie schaden, einmal in der Verwaltung gearbeitet zu haben, unabhängig davon, wie sie sich später beruflich positionieren wollten. "Und mit besagtem Verdienst ist das Angebot wohl attraktiver als der ein oder andere Minijob, mit dem sich viele Kandidaten in der Wartezeit über Wasser halten", sagt Bluhm. Im Gegenzug erwartet sie nicht nur akute Unterstützung für die Behörden, sondern hofft auch darauf, später den einen oder anderen Volljuristen an die Hauptstadtverwaltung binden zu können. Denn Berlin muss sich - wie die anderen Bundesländer auch – auf die Pensionierungswelle zwischen 2020 und 2030 vorbereiten. Und da braucht es eben nicht nur junge Staatsanwälte und Richter, sondern auch "waschechte" Verwaltungsjuristen, wie die Fraktionsvorsitzende sagt. Sie rechnet mit einer positiven Resonanz in der Zielgruppe – und hat innerhalb des Ausschusses auch schon über weitere Aufgaben für die wartenden Diplom-Juristen diskutiert: "Gesetze und Vorschriften sind ihr täglich Brot. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass sie deshalb künftig auch für größere Bauvorhaben und in der Koordination der Schulsanierung eingesetzt werden." Das wäre allerdings schon der zweite Schritt. Wenn das Projekt in Spandau und Pankow so erfolgreich ist, wie der Unterausschuss es erwartet, sollen erst einmal andere Viertel mit ihren Bezirksämtern nachziehen und ebenfalls Stellen für die wartenden Referendariatsbewerber schaffen.

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