Start ins Referendariat

Kurzer Guide für Grünschnäbel

von Janina SeyfertLesedauer: 4 Minuten
Sie haben eine der umfangsreichsten Prüfungen hinter sich, die man ablegen kann. In der Theorie haben sie gelernt, wem ein Meteorit gehört, wenn er auf die Erde fällt. Jetzt wollen sie Realität. Rechtsreferendare begeben sich auf eine zweijährige Reise durch die Welt der Volljuristen. Um diese Hürde erfolgreich zu nehmen, ist Organisation angesagt. Wer den Überblick bei Bewerbungen und Nebenjobs behält, hat den Kopf frei für das Wesentliche.

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Der durchschnittliche Jurastudent hat 11,2 Semester an der Universität verbracht, bis er sein Examen in der Hand hält – mit Recht kann man von einem Marathon sprechen, wenn man das Referendariat in diesem Zusammenhang betrachtet. Denn auch am Ende der zweiten Hürde wird den angehenden Assessoren wieder einiges abverlangt – je nach Bundesland schreiben die Referendare sieben bis elf Klausuren und werden zusätzlich in einem Prüfungsgespräch und beim Aktenvortrag auf Herz und Judiz getestet. Wie genau geprüft wird, hängt vom Land ab. Und daran schließt sich bereits die erste Frage zum Vorbereitungsdienst: Wo will ich eingestellt werden? Für Bewerber sind vor allem die Aspekte der Wartezeit und der Prüfungsstatistik interessant. Während man in Berlin, Bremen und Hamburg unter Umständen zwei Jahre auf einen Ausbildungsplatz wartet, werden in vielen Gerichtsbezirken anderer Bundesländern häufig sogar alle Bewerber zugelassen. Um sich einen Eindruck von den Chancen auf Einstellung zu verschaffen, kann man auf den Internetseiten der ausbildenden Gerichtsbezirke meist Einstellungsnoten einsehen, ansonsten hilft ein Anruf in der Referendarabteilung weiter.

Stolperfalle Einstellungsgesuch

Bei dieser Gelegenheit lohnt sich eine ausgiebige Recherche zu Härtefallanträgen oder zum Zurückstellen des Antrags, um während einer Promotion oder eines LL.M.-Studiums Wartepunkte zu sammeln. Unschlüssige Bewerber, die sich nicht nur an einem Ort bewerben, sollten sich über die Regelungen zum Ausschlagen eines angebotenen Ausbildungsplatzes informieren. Wer leichtfertig einen Platz nicht annimmt, um auf einen anderen zu spekulieren, kann für einen längeren Zeitraum vom Einstellungsverfahren ausgeschlossen werden. Ärgerlich kann es auch werden, wenn ein Bewerber während seiner Wartezeit zu bestätigen vergisst, dass er seinen Antrag auf Aufnahme aufrecht erhält – dies kann zum Verlust der bis dato gesammelten Wartepunkte führen. Die Einstellungsverfahren sind im gesamten Bundesgebiet äußerst unterschiedlich, weshalb man um eine genaue Recherche vor Absendung des Antrags kaum herumkommt. Weitere Unterschiede zwischen den Ländern zeigen sich in den Prüfungsstatistiken zum Assessorexamen. Einen guten Überblick zu diesem Thema bietet der LTO-Referendariats-Guide. Dort werden Auffälligkeiten zu hohen Durchfallquoten oder großen Anteilen im Prädikatsbereich zusammengefasst. Inwiefern man solche Statistiken berücksichtigen möchte, bleibt eine individuelle Frage. Es sei jedoch dazu gesagt, dass sich ein Notenbild aus unterschiedlichen Faktoren ergibt. So sollte man sich von einem hohen Prädikatsanteil nicht zu sehr blenden lassen. Dieser kann sich einfach daraus ergeben, dass die Wartezeiten am entsprechenden Ausbildungsort für normalsterbliche Absolventen lang sind. Die Statistik relativiert sich, wenn man berücksichtigt, dass in beliebten Gerichtsbezirken neben Bewerbern mit langem Atem vor allem solche mit einem deutlich überdurchschnittlichen ersten Examen eingestellt werden.

Arme Referendare

Am ersten Tag erhalten die angehenden Assessoren die Urkunden, durch die sie den Status des Rechtsreferendars erlangen. Lediglich in Thüringen bedeutet dies auch heute noch ein Beamtenverhältnis auf Widerruf. In allen anderen Bundesländern werden die Referendare mittlerweile als Angestellte im öffentlichen Dienst eingestellt. Der Unterschied, der sich daraus ergibt, schlägt sich vor allem finanziell nieder. Thüringer Referendare erhalten Anwärterbezüge und verdienen mit circa 1.200 Euro deutlich mehr, als ihre Kollegen im restlichen Bundesgebiet. Diese können nur mit knapp unter 900 Euro bis etwas über 1.000 Euro Unterhaltsbeihilfe rechnen. Die genaue Höhe der Vergütung für Rechtsreferendare in den Bundesländern gibt es ebenfalls im LTO-Referendariats-Guide. Auch beim Thema Krankenversicherung ergibt sich daraus eine Unterscheidung. Rechtsreferendare als Angestellte im öffentlichen Dienst sind automatisch Mitglied in der gesetzlichen Krankenkasse. Beamte auf Widerruf haben hingegen Anspruch auf Beihilfe. Der Dienstherr übernimmt 50 Prozent der Arztrechnungen und sonstigen medizinischen Kosten. Für die restlichen 50 Prozent sollte eine Private Krankenversicherung abgeschlossen werden. Andernfalls muss der Referendar diese Hälfte selbst tragen – ein längerer Krankenhausaufenthalt ist von den kargen Anwärterbezügen aber kaum zu bezahlen.  Da die Unterhaltsbeihilfe im Referendariat sehr niedrig ist, müssen angehende Juristen im Endspurt durch eine finanziell schwierige Zeit. Nicht wenige entscheiden sich daher für eine Nebentätigkeit. Bevor man jedoch am Wochenende die Robe gegen die Schürze in der Eisdiele eintauscht, sollte man sich die Regelungen zur Aufnahme von Nebentätigkeiten durchlesen. Normalerweise ist eine solche nämlich anzuzeigen und teilweise sogar genehmigungspflichtig. Lohnenswert kann es zudem sein, sich über Wohngeld zu informieren. Vielerorts kann man als Rechtsreferendar mit einem entsprechenden Antrag Erfolg haben und auf diesem Weg noch ein paar Euro einstreichen. Am komfortabelsten ist es jedoch, im Rahmen seiner Tätigkeit während der Wahlstation und während der Anwaltsstation ein Entgelt von der ausbildenden Stelle zu bekommen. Gerade größere Kanzleien, entlohnen den potentiellen Nachwuchs in der Regel nicht gerade stiefmütterlich. Auch hier ist allerdings zu beachten, dass es Höchstgrenzen für einen freien Nebenverdienst gibt. Alles, was darüber hinaus eingenommen wird, muss sich der Referendar auf seine Unterhaltsbeihilfe anrechnen lassen. Auch wenn bereits im Studium ständig vom frühen Vogel und dessen Wurm die Rede war und man es eigentlich nicht mehr hören kann, muss beim Thema Referendariat noch einmal die alte Redewendung herhalten. Um finanziell und inhaltlich attraktive Wahl- und Anwaltsstationen ableisten zu können, sollte man sich bereits zu Beginn des Referendariats auf die Suche nach einem Platz machen. Bei besonders beliebten Ausbildern ist es sogar empfehlenswert, sich direkt mit Zusage zur Einstellung in den Vorbereitungsdienst zu bewerben. Mehr im Internet: Allgemeine Informationen, Zeitpläne, Wartezeiten, Vergütungen, Notenschnitt bzw.  –statistiken und Kontaktadressen zum Rechtsreferendariat und 2. Staatsexamen für alle Bundesländer im LTO-Referendariats-Guide.

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