Juristische Jobmessen

Intellektuelles Speed-Dating

von Adrian BechtoldLesedauer: 4 Minuten
Die Konkurrenz ist groß. Studenten eifern nach den besten Abschlüssen, Kanzleien suchen nach den qualifiziertesten Einsteigern. Juristische Jobmessen führen Bewerber und Arbeitgeber zusammen – im Schnellverfahren. Eine Momentaufnahme zwischen Anbieter und Kunde von Adrian Bechtold.

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Das Gebäude ist hell beleuchtet. Überall stehen kleine Tische mit je zwei Stühlen. Gespräche durchziehen ein Meer von Anzügen und schicken Kostümen. Immer wieder werden die gleichen Monologe ausgetauscht. Fünfmal, zehnmal. Für lange Diskussionen ist niemand hierhergekommen und alle warten auf eines: Die perfekte Übereinstimmung. Das ist Speed-Dating – aber nicht die Suche nach der wahren Liebe, sondern Business. Auf der einen Seite der Tische sitzen Großkanzleien mit hohen Ansprüchen bei sinkenden Absolventenzahlen; auf der anderen hochbegabte Studenten, die dem Erfolg im Studium eine steile Karriere folgen lassen wollen. "Jobmessen sind das unkomplizierte Bindeglied zwischen den Seiten", erklärt Sabine Glück, Prokuristin bei der IQB AG. Mit der JURAcon veranstaltet die Messegesellschaft IQB eine der größten Jobmessen für Juristen.

Jobwunder nach Plan

"Vor der Messe ist praktisch auch vor der Messe – nämlich der übernächsten", erzählt Glück mit einem Lachen.  Fast zwei Jahre dauern die Vorbereitungen für jede JURAcon. Jahr für Jahr, immer mit einem Auge schon auf die kommende Saison gerichtet.  Die Koordination ist ein Mammutprojekt, der Terminkalender eng. Jobmessen sind überregional und diverse Prüfungs- oder Ferienzeiten müssen ausgeklammert werden. Eine Messe während den Staatsexamina – undenkbar. So war es schon 1999 als die erste JURAcon die Toren öffnete. Damals setzte der demographische Wandel ein und eine sinkende Anzahl an Studierenden war die Folge. Seitdem haben sich die juristischen Messen etabliert und versuchen den Mangel an Spitzenkräften zu überbrücken. Doch auch die Konkurrenz unter den kommerziellen Messeanbietern wächst. "Wir möchten uns abheben und den Studenten das ganze Studium über betreuen und nicht nur einen angenehmen Messetag organisieren", sagt Susanne Glück. Busshuttles, Jahrbücher, umfassende Betreuung und andere Annehmlichkeiten sorgen für einen regen Besucheransturm. Als Veranstalterin ist Susanne Glück von Ihrer Messe überzeugt. "Studenten können einfach vorbei kommen und den Kanzleienmarkt auf sich wirken lassen – oder auch schon mit einem konkreten Angebot die Hallen verlassen", beschreibt sie das Konzept. Alles ist scheinbar möglich.

Wettbewerb der Hochbegabten

Die Bewerberlisten liegen schon seit dem frühen Morgen am Stand; seit der Nacht ist der Aufbau abgeschlossen. In den letzten Wochen haben sich hunderte Jurastudenten für die begehrten Einzelgespräche beworben und die Personalabteilung hat ausgewählt. Heute geben sich bis zu 100 Bewerber pro Stand die Klinke in die Hand.  Für Kanzleien rechnet sich der Aufwand. Nadine Klimt von Allen&Overy ist seit dem frühen Morgen vor Ort, ihre Kanzlei ist schon seit den Anfängen von juristischen Jobmessen dabei. Die Motivation ist klar. "Unsere Mandanten stellen hohe Anforderungen an unsere Arbeit und die Konkurrenz zwischen den Anwaltsgesellschaften ist groß. Wir möchten uns im Rahmen von Jobmessen als attraktiver Arbeitgeber präsentieren und Top-Anwälte für unsere Sozietät begeistern", erklärt die Managerin für Legal Recruitment. Ähnlich sehen es die dutzenden Mitbewerber vor Ort. Die potentiellen neuen Mitarbeiter erwartet meist ein Rechtsanwalt aus dem favorisierten Bereich. "Smalltalk steht im Rahmen einer Messe nicht im Vordergrund. Vielmehr möchten wir im Zuge von effektiven Gesprächen für den Beruf des Wirtschaftsanwalts werben und letztendlich natürlich für unsere Sozität begeistern. Deshalb ermöglichen wir vor Ort den direkten Kontakt zwischen Bewerbern und verantwortlichen Anwälten", führt Klimt aus. Vom Praktikum bis zum Associate wird heute alles gesucht. Etablierte Anwälte hingegen nehmen den direkten Weg in die Kanzlei.

Vorbereitung ist alles

Jobmessen sind effektiv. Neben einer großen Anzahl von persönlichen Gesprächen sorgt eine rege Laufkundschaft für zusätzliche Präsenz. Einfacher für die Studenten ist es jedoch auf den Messen nicht. "Ob Bewerbung im regulären Prozess oder Messe: Wir haben unsere Standards, die im Zuge jedes Bewerbungsweges gelten", stellt Nadine Klimt klar. Neben guten Noten müssen die Kandidaten durch ihr Auftreten und im Gespräch überzeugen.
Überhaupt sind die Veranstaltungen eher ein Instrument für Hochbegabte. Die meisten Aussteller sind Großkanzleien – unpassende Bewerber werden nie zu einem Gespräch eingeladen. Wer ohne Termin auf die Kanzleien zugehen möchte, sollte sich darauf vorbereiten. "Was machen Sie so?", als ersten Satz in einem Gespräch kann Nadine Klimt überhaupt nicht leiden. "Ich freue mich über jede Interessenanfrage, zu empfehlen ist aber, dass Bewerber über Grundinformationen zum Unternehmen verfügen und Ihre Motivation und Zielsetzung strukturiert darlegen können", sagt sie mit einem Lächeln.  Susanne Glück von der JURAcon hat auch noch einen Tipp: Mit einer persönlichen, schriftlichen Bewerbung kann der erste gute Eindruck gleich in die Personalabteilung transportiert werden. Business-Dress an Business-Dress schiebt sich weiter durch die Passagen zwischen den Messeständen. Der persönliche Erfolg ist unkompliziert zu ermitteln. Nach jedem persönlichen Gespräch füllt sich die Tüte mit Give-aways an der Juristenhand. Konkurrenten werden mangels Platzes praktisch in die Tasche des Mitbewerbers gesteckt. Der Größte hat auch hier gewonnen. Die letzten Studenten verlassen am Abend mit dem kostenfreien Busshuttle die Messe in Richtung Heimatuniversität und während im Bus das beste Werbegeschenk des Tages bestimmt wird, ruft Frau Klimt schon den ersten Auserwählten an. Mit einem Jobangebot. Mehr auf LTO.de: Fakultätskarrieretag: Kontaktbörse auf dem Campus Recruiting-Plattform clavisto.de: Sprungbrett für exzellente Bewerber Vorurteil Großkanzleien: Nicht immer mit Biegen und Brechen zum Erfolg

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