Themenwoche Semesterbeginn

Fünf Tipps. Fürs Jurastudium, gegen Stress

von Johanna Strohm, LL.M., M.A. und Constantin Baron van LijndenLesedauer: 6 Minuten
Für frisch immatrikulierte Erstsemester hält das Jurastudium bange Fragen bereit: Soll man die Lernzeit lieber zu Hause vor dem PC oder in der Caféteria mit Kommilitonen vertrödeln? Ist 10:30 Uhr für die erste Vorlesung nicht etwas früh? Und wie kann man eigentlich seinen Spaß haben und trotzdem durchs Examen kommen? Antworten liefert unser nicht ganz ernst gemeinter Ratgeber.

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1. Das Ziel vor Augen haben

Der Studienplatz ist gesichert, das erste Semester beginnt und der frischgebackene stud. iur. verspürt kaum ein stärkeres Bedürfnis, als per Kopfsprung in die Fachliteratur einzutauchen. Außer natürlich jenem, eine Wohnung und einen Nebenjob zu finden, die Kommilitonen auf ihre Partytauglichkeit hin abzuklopfen, das Sportprogramm der Uni auszuprobieren, eine Familienpackung Tiefkühlpizzen einzulagern, den Kleiderschrank auszumisten, das Facebook-Profil zu aktualisieren (man ist ja jetzt Student!) und noch einer Handvoll weiterer Erledigungen zu tätigen, die keinen Aufschub dulden. Dagegen ist im Prinzip nichts einzuwenden. Das Leben wird schnell genug stressig genug, so dass man es getrost entspannt angehen kann, so lang man diesen Luxus noch hat. Völlig versumpfen sollte man allerdings auch nicht, und ein wenig langfristige Planung hilft dabei, den kommenden Jahren Struktur zu verleihen. Wer zu den vor allem in Jura seltenen Ausnahmefällen zählt, die von Anfang an wissen, welchen Beruf sie später ergreifen wollen, der kann versuchen, so früh wie möglich entsprechende Schwerpunkte zu setzen: Die Mitarbeit an einem Lehrstuhl des entsprechenden Fachgebiets zum Beispiel, ein thematisch passendes Praktikum oder Auslandssemester. Wer noch keine so klare Perspektive hat, sollte versuchen, sie sich zu erarbeiten. Bis zur tatsächlichen Berufswahl geht zwar noch viel Zeit ins Land, aber die fühlt sich umso länger an, je weniger man den Eindruck hat, auf ein bestimmtes und erstrebenswertes Ziel hinzuarbeiten. Infoveranstaltungen der Uni können dabei genauso hilfreich sein wie Gespräche mit Studenten aus höheren Semestern und die Lektüre einschlägiger Karriere-Magazine.

2. Planvoll vorgehen

Zu Beginn eines jeden Semesters empfiehlt es sich, einen Plan aufzustellen, um seinen Studienalltag besser in den Griff zu kriegen: Wann sind die Partys der Fachschaften, an welchen Tagen ist das Mensaessen ungenießbar, ab wie viel Uhr lohnt es sich sowieso nicht mehr, noch in die Bib zu gehen? Nebenbei könnte man natürlich auch noch ein paar Punkte aufnehmen, die dem universitären Vorankommen tatsächlich zuträglich sind. Zum Beispiel bestimmte Lernzeiten, abgestimmt auf den jeweils aktuellen Stoff, Termine für Arbeitsgruppen und dergleichen mehr. Nicht, dass Klausurvorbereitung terminlich so komplex wäre, dass man dafür unbedingt feste Zeiten reservieren müsste. Aber ein Lernplan dient auch der Selbstkontrolle: Wer mal hier, mal da und mal dort ein paar Stündchen abzwackt, der kann sich leichter selbst betrügen als jemand, der den Kopf regelmäßig und zu klaren Zeiten in die Bücher steckt. Darüber hinaus ist ein Lernplan gerade für Faulpelze förderlich: Wie das tägliche Zähneputzen wird auch das Lernen zwar nicht weniger nervig, aber doch besser erträglich, wenn man es zum Ritual macht (wir würden fürs Lernen allerdings etwas mehr als drei bis fünf Minuten veranschlagen).

3. My desk is my castle

Ob man besser zu Hause oder in der Bib lernt, ist Geschmackssache. Zweifellos haben beide Ansätze etwas für sich. So kann man auf dem heimischen Rechner sehr viel ungestörter im Internet surfen oder Spiele spielen, ohne die tadelnden Blicke der Kommilitonen auf sich ruhen zu spüren. Auch ist das kulinarische Angebot der eigenen Küche (mitunter) demjenigen aus dem Schoko-Automaten überlegen. Andererseits lockt die Bib mit ihren ganz eigenen Reizen: So läuft man dort eigentlich unweigerlich im Minutentakt frustrierten Mitstreitern in die Arme, die genau so wenig Lust aufs Lernen haben wie man selbst. Was läge da näher, als sich gemeinsam die achte Kaffeepause des Nachmittags zu gönnen? Möglicherweise fallen auch gleich noch Ideen für die Abendgestaltung mit ab. Die Erfahrung lehrt, dass geteiltes Leid meist halbes Leid ist, weshalb mit steigender Semesterzahl zunehmend mehr Studenten die Bibliothekstische bevölkern. Für die Zen-Meister unter euch, die tatsächlich die Disziplin besitzen, auch von zu Hause aus ernsthaft zu ackern, ist ein Zugriff auf eine der großen juristischen Datenbanken wie Jurion, Beck Online oder Juris allerdings Gold wert. Mancherorts wird dieser seitens der Uni auch für den Hausgebrauch gestellt – alle anderen Heimlerner können versuchen, über ein Stipendium oder die Mitarbeit in einer entsprechend ausgestatteten Kanzlei an einen Zugang zu kommen.

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4. Lerntechniken: Powerpauken oder Systemverständnis

Zum Verständnis des juristischen Stoffs gibt es keinen Königsweg. Manche bevorzugen Skripte, andere Lehrbücher, wieder andere vermeiden geistige Redundanz und weisen lieber die Erkenntnisse Dritter als die eigenen aus.
Eine Art Grundsatzdebatte tobt immerhin um die Frage, ob es eher auf das Herunterschlingen und spätere Heraufwürgen einer großen Menge geistiger Kost (vulgo: Bulimie-Lernen), oder auf das Ausbilden eines grundlegenden Systemverständnisses ankomme. Etwas gehässig und nicht ganz zutreffend könnte man formulieren, dass auch hier die individuelle Veranlagung den Ausschlag gibt: die einen sind eben schlau und die anderen fleißig. Tatsächlich verhilft nur eine Mischung zu nachhaltigem Erfolg. Ein solides Systemverständnis ist nötig, um Probleme überhaupt als solche zu erkennen und sich einen Sachverhalt in der nötigen Geschwindigkeit zu erschließen. Doch auch das Auswendiglernen nimmt einen bedeutenden Platz ein, denn selbst mit dem besten Verständnis lassen sich in einer Klausur nicht alle Theorien aus dem Stegreif herleiten, die in Rechtsprechung und Lehre zu einem bestimmten Problem vertreten werden. Handfeste Hinweise zum richtigen Lernen lassen sich aufgrund der sehr unterschiedlichen persönlichen Präferenzen kaum geben. Umso wichtiger ist es, die zahlreichen Angebote alle einmal auszuprobieren und so zu ermitteln, was für einen selbst am besten funktioniert. Der eine liest lieber abstrakte Ausführungen, der andere kann eine These erst begreifen, wenn sie an wenigstens drei konkreten Fallbeispielen veranschaulicht wurde. Hier die eigenen Vorlieben und Veranlagungen frühzeitig zu erkennen und seinen Lernplan entsprechend abzustimmen, ist einer der wichtigsten Schritte, die man als Student auf dem Weg zu einem erfolgreichen Examen tun kann. Dementsprechend sollte man auch keine Hemmungen haben, vom vorgefertigten Pfad abzuweichen: Die Uni ist nicht die Schule und Vorlesungen sind keine Pflichtveranstaltungen. Wer merkt, dass er den Ausführungen eines Profs partout nicht folgen kann, der sollte dort nicht seine Zeit verschwenden, sondern lieber alleine, zusammen mit Kommilitonen (manche Fachschaften bieten eigene Vermittlungsbögen zur Zusammenstellung von privaten Arbeitsgemeinschaften an) oder im Rep lernen. Hauptsache, er tut es überhaupt.

5. Auf der Zielgeraden

Nach ungefähr sechs bis sieben Semestern rückt die erste juristische Staatsprüfung langsam in spürbare Nähe. Um diese Zeit wird der Examenskandidat sich erinnern, gut drei Jahre zuvor mal einen Studienratgeber auf LTO zustimmend gelesen und für derhin vollends ignoriert zu haben. Das ist kein Drama, denn noch ist nicht alles verloren: Das Studium ist in Jura glücklicherweise nicht viel mehr als eine sehr lange Aufwärmübung für den allesentscheidenden Endspurt. Für diejenigen, die ihr gesamtes Studium hindurch diszipliniert gelernt haben, dürfte das Examen eher einem Spaziergang gleichen: Ein paar Übungsklausuren, den mündlichen Vortrag in der privaten Lerngruppe geprobt, und die Sache läuft. Die übrigen 99,8 Prozent müssen sich nun allerdings ranhalten. Mehrheitlich tun sie das durch den Besuch eines kommerziellen Repetitors. Auch hier scheiden sich indes die Geister: So manchen kommt bei den komödiantischen Einlagen der dortigen Dozenten ein gewaltiger Brechreiz an, andere empfinden die handfeste und examensorientierte Herangehensweise im Vergleich zur Uni als Offenbarung. Eine Offenbarung allerdings, die mit 100 bis 200 Euro pro Monat zu Buche schlägt. Angesichts dieser nicht ganz unerheblichen Kosten lohnt es allemal, bei sämtlichen lokal verfügbaren Repetitorien Probe zu hören und sich für dasjenige zu entscheiden, bei dem einem die Vortragenden und die Unterlagen am meisten zusagen. Doch die externe Hilfe ist bestenfalls die halbe Miete. Allem Augenzwinkern zum Trotz ist die Examensnote überragend wichtig, die Gehaltsaussichten sind gerade bei schlechtem Abschneiden miserabel und obendrein drängen auch noch immer mehr Juristen auf den Markt. Spätestens jetzt ist also die Zeit gekommen, sich am Riemen zu reißen und bis zur mündlichen Prüfung eisern durchzupauken. Den Schampus kann man ja trotzdem schon mal kaltstellen.

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