Dresscode zur mündlichen Prüfung

Kleider machen Exa­mens­kan­di­daten

von Sabine OlschnerLesedauer: 4 Minuten

Was man als angehender Jurist zur mündlichen Prüfung tragen sollte? Sabine Olschner hat sich unter Prüfungsämtern, zu Mode beratenden Juristinnen und Prüflingen umgehört, wie man zumindest kleidungstechnisch nicht durchfällt.

"Ich habe nächste Woche meine mündliche Prüfung und weiß noch nicht so richtig, was ich anziehen soll" – kein seltenes Problem in einschlägigen Jura-Foren. Auch per Mail erreichten uns diese und ähnliche Fragen anlässlich der jetzt in vielen Bundesländern anstehenden Prüfungszeit. Was ist angemessen, ohne übertrieben zu wirken? Welchen Eindruck macht die Wahl der Kleidung bei den Prüfern? Und womit können Prüflinge garantiert nichts falsch machen?

Friederike Neike, Vizepräsidentin des Gemeinsamen Juristischen Prüfungsamts der Länder Berlin und Brandenburg, kann sich an keinen Ausreißer bei der Kleidungswahl erinnern. "In all den Jahren, in denen ich Prüfungen abgenommen habe, hatte ich bei allen Studierenden das Gefühl, dass sie sich der besonderen Bedeutung dieses Tages bewusst sind und sie sich nicht nur wegen einer vermeintlich besseren Note schick anziehen", so ihr Eindruck. "Aber selbst wenn jemand nicht in Anzug beziehungsweise in Kostüm oder Hosenanzug käme, würde ich diesem Umstand keinerlei Bedeutung beimessen. Im Vordergrund steht als erstes die fachliche Leistung. Zu dem Gesamteindruck zählen ansonsten vor allem das Auftreten und auch die Umgangsformen."

Ähnlich geht es Michael Ehrmanntraut vom Justizprüfungsamt des Hessischen Ministeriums der Justiz: "Ich habe in 20 Jahren noch keinen Prüfling erlebt, der unangemessen gekleidet war. Und selbst wenn es so wäre, hätte das keinerlei Einfluss auf die Bewertung." Vereinzelt komme es vor, dass jemand keine Krawatte trägt oder zum Anzug Slippers gewählt hat, auch die Kombination aus Sacko und Jeans hat Ehrmanntraut schon erlebt. "Aber das spielt in diesem Moment keine Rolle." Vielmehr sei es der Inhalt, auf den es im mündlichen Examen ankommt. Kritisch würde er es hingegen sehen, wenn ein Prüfling am Tag des Examens ein T-Shirt mit radikalen Sprüchen trüge. "Das würde schon negativ auffallen", glaubt der Prüfer. Religiöse Symbole wie etwa ein Kopftuch seien übrigens kein Problem, betont Ehrmanntraut besonders.

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Zu Mode beratende Juristin empfiehlt "Business-Outfit, in dem man sich wohl fühlt"

Nicht nur im Recht, auch in der Kleiderwahl stellt sich nun die Frage: Was ist denn "angemessen", gerade an einem solch wichtigen Tag? Dr. Laura Kubach, Rechtsanwältin mit einem eigenen Modelabel für Juristenroben, gibt einen Tipp: "Man sollte die Kleidung wählen, in der man sich wohlfühlt und in der man souverän erscheint." Kleider machen Leute, heiße nicht umsonst das Sprichwort. Deshalb: "Ein Business-Outfit macht etwas mit den eigenen Gefühlen. Man strahlt mehr Kompetenz aus als mit Alltagskleidung", ist Kubach überzeugt. Selbst wenn Studenten, die ansonsten andere Kleidung tragen, sich anfangs in den ungewohnten Textilien etwas verkleidet fühlen, findet die Inhaberin ihres gegründeten Labels Garde-Robe das gar nicht so schlimm: "Schließlich bin ich als Prüfling an dem Tag ja wirklich etwas Besonderes und anders als an anderen Tagen."

Für Männer empfiehlt sie einen zweiteiligen Anzug mit Krawatte, dazu ein hellblaues oder weißes Hemd. "Das wirkt frisch und ausgeschlafen – selbst wenn man es nicht unbedingt ist", so Kubach. Frauen sollten sich ihrer Auffassung nach zwischen Kostüm mit Bluse und Rock oder einem Hosenanzug entscheiden – das sei eine Typ- und Geschmacksfrage, so die Rechtsanwältin. "Manche fühlen sich in einem Hosenanzug einfach sicherer als in einem Rock."

Für Männer wie Frauen gilt: Die Schuhe sollten nicht unbequem sein, auch wenn der Tag weitgehend im Sitzen abläuft. Denn schon beim Betreten des Prüfungsraums könne gut sitzendes Schuhwerk Wunder für die Selbstsicherheit leisten.

Und was ist mit viel Bling-Bling? "Der Schmuck sollte dezent sein", empfiehlt Kubach. Sie persönlich findet es schön, ein Schmuckstück zu tragen, das ihr etwas bedeutet und das ihr vielleicht schon in anderen schwierigen Situationen geholfen hat – etwa ein Erbstück der Großmutter. Und ihr letzter Tipp: Nicht erst am Vorabend überlegen, was der Kleiderschrank für den Prüfungstag hergibt. Die Kleidung sollte rechtzeitig sauber und frisch gebügelt bereitliegen. "Alles andere macht nur nervös", sagt die Anwältin.

Buchstäblich die Zeit im Nacken: "Eine Armbanduhr ist wichtig"

Carolin Münch ist rund drei Monate vor ihrer mündlichen Prüfung einkaufen gegangen. "Ich wollte die letzten Wochen vor der Prüfung intensiv lernen und das Thema Kleidung schon mal aus dem Kopf haben", berichtet die Studentin der Universität Bonn. Sie entschied sich für einen klassischen Hosenanzug, weil sie sich damit am wohlsten fühlte. "Auch meine Mitprüflinge hatten sich alle Gedanken gemacht und kamen klassisch in Grau, Schwarz oder Dunkelblau", erinnert sich die 25-Jährige.

Ihre Prüfung fand im Sommer statt. Da es an diesem Tag heiß war, boten die Prüfer den Prüflingen an, ihre Blazer und Sakkos auszuziehen. "Wer sich für ein Outfit entscheidet, sollte also auch die Jahreszeit bedenken, in der die Prüfung stattfindet", so Münchs Tipp. Was sie nicht hätte missen wollen: ihre Armbanduhr. "Die Wanduhr im Raum für die Prüfungsgespräche hing in meinem Rücken. Ich war also froh, dass ich schnell mal auf meiner eigenen Uhr nachschauen konnte, wie viel Zeit mir noch bleibt."

Auch wenn die Nerven vor der Prüfung nicht selten blank liegen: Am Ende fahren angehende Juristen mit einem klassischen Outfit mehr als gut.

Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel. So hat ein ehemaliger Kollege von Prüfer Ehrmanntraut es erlebt, dass jemand unrasiert und in Jeans und T-Shirt zur Prüfung gekommen sei. Später stellte sich heraus, dass am Vorabend die Wohnung des Prüflings abgebrannt war, er aber trotzdem unbedingt die Prüfung an diesem Tag absolvieren wollte. Auch er hat bestanden.

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