Familienfach Jura

Mit dem Palandt lesen gelernt

von Anna K. BernzenLesedauer: 5 Minuten
Sein Fach: Jura. Seine Eltern: Anwälte. Seine Hochschule: Die Traditionsuniversität Heidelberg. Stephan Pap ist das klassische Juristenkind. Für Martin Vogel spielten die Rechtswissenschaften keine Rolle, bevor er sein Studium an der Universität in Gießen aufnahm. Ein Gespräch zwischen Jurist in zweiter Generation und Erstakademiker.

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LTO: Selbst beim Abendbrot wird über Jura diskutiert: Trifft man bei Euch zuhause auf dieses Klischee von der alteingesessenen Anwaltsfamilie, Stephan? Stephan PapStephan Pap: Da meine beiden Elternteile Anwälte sind, habe ich Jura natürlich nicht nur in der Uni auf dem Schirm. Aber wenn ich mich mit meinen Eltern daheim über ein interessantes aktuelles Urteil unterhalte, beenden meine Schwestern die Diskussion ganz schnell. Die eine studiert nämlich Psychologie, die andere ist noch in der Schule. LTO: Und bei Dir, Martin? Hat Jura für Dich vor dem Studienbeginn überhaupt eine Rolle gespielt? Martin Vogel: Meine Eltern haben zwar beide die Ausbildung zum Rechtspfleger absolviert, aber nie in diesem Beruf gearbeitet. Entsprechend selten kamen bei uns juristische Diskussionen auf. Als ich klein war, standen zuhause aber einige Kommentare herum. So kam es, dass ich quasi mit dem Palandt lesen gelernt habe. Stephan: Um ehrlich zu sein: Ich habe im ersten Semester zum ersten Mal in den Palandt geguckt und musste dann erst einmal die Abkürzungen lesen lernen.

LTO: Trotz unterschiedlicher juristischer Vorbelastung habt Ihr Euch beide nach dem Abitur ausschließlich an Jura-Fakultäten beworben. Warum? Stephan: Ich hatte zwischenzeitig Geschichte, Philosophie und Politik, auch Naturwissenschaften in Betracht gezogen. Letztlich habe ich mich für Jura entschieden, weil es vielseitig ist und damit vielen dieser Interessengebiete gerecht wird. LTO: Und auch weil Deine Eltern diese Wahl von Dir erwartet haben?
Stephan: Nein, das nicht. Natürlich freuen sie sich, dass ich mich für ihr Fach interessiere. Sie haben mich und meine Schwestern in der Hinsicht aber kein bisschen indoktriniert.

"Meine Eltern können mir das Auswendiglernen nicht abnehmen"

LTO: Martin, wieso hast Du Jura studiert? Martin VogelMartin: Eigentlich aus ähnlichen Gründen wie Stephan. Die Option BWL habe ich frühzeitig zu den Akten gelegt, Journalismus wollte ich nicht studieren. Jura war immer meine erste Idee und so breit angelegt, dass ich mich noch nicht auf einen Beruf festlegen musste. Meine Mutter war an der Entscheidung zwar nicht beteiligt, hat sich aber gefreut, dass ich etwas Sinnvolles studiere.

LTO: Ist es eher ein Vorteil oder ein Nachteil, dass Deine Eltern sich so gut mit deinem Studienfach auskennen, Stephan?
Stephan: Da das Jurastudium sich seit ihrer Studienzeit nicht stark verändert hat und meine Eltern beide ebenfalls in Heidelberg studiert haben, können sie vieles, das ich erlebe, gut nachvollziehen. Ich kann sagen: "Ich schreibe jetzt diese Hausarbeit oder jene Klausur" und sie wissen genau, woran ich arbeite. Martin: Es kann aber auch von Vorteil sein, wenn Eltern keine Vergleichswerte haben. Wenn meine Mutter meckert, dass alle meine Freunde nun mit dem Studium fertig werden, kann ich sagen: Das ist so, Juristen studieren eben länger als Grundschullehrer.

LTO: Dafür bekommst Du, Stephan, zu Hause bestimmt viele weise Ratschläge fürs Studium.
Stephan: Ich muss sagen: Meine Eltern haben sich im Studium zurückgehalten. Meine Mutter findet zwar immer, ich könnte mehr lernen. Aber das hat sie mir schon zu Schulzeiten geraten. LTO: Unterstützen Deine Eltern Dich dafür zum Beispiel bei der Klausurvorbereitung?
Stephan: Natürlich kann ich sie mal fragen, wie man ein bestimmtes Problem löst. Aber Jura ist ein Fleißfach und meine Eltern können mir das Lesen, Aufschreiben und Auswendiglernen nicht abnehmen. Außerdem haben sie ihre Spezialgebiete: Familien- bzw. Bank- und Kapitalmarktrecht. Fragen aus dem allgemeinen Teil des Strafrechts müssten auch sie erst einmal nachgucken.

"Ich möchte nach dem Studium erstmal eigene Erfahrungen sammeln"

LTO: Martin, hättest Du gerne mehr juristische Unterstützung von zu Hause – und sei es nur in Form von gemeinsamem Nachgucken? Martin: Ich denke, das würde nicht viel helfen: Was mir am Jurastudium schwerfällt, ist weniger das Fachliche. Es ist eher die Freiheit, doch mal im Bett liegen zu bleiben und nicht in die Vorlesung zu gehen. Nicht immer kann ich mich danach motivieren, das Verpasste im Lehrbuch nachzulesen. Dabei könnte mir meine Mutter auch mit Prädikatsexamen nicht helfen.

LTO: Stichwort Vorlesung schwänzen: Hat man als "Juristenkind" vor dem Studium schon eine Vorstellung davon, was in der Uni wichtig ist und wo man mal im Bett bleiben kann?
Stephan: Von meinen Eltern habe ich zwar viel über den Beruf des Anwalts gelernt, ihr Studium ist für praktische Tipps aber schon zu lange her. Außerdem hat die Universität nicht viel mit der Berufspraxis gemeinsam. Die Gerichtstermine während des Schülerpraktikums waren zum Beispiel noch wirklich spannend...
Martin: ... und erst im Studium stellt man fest, dass Fächer wie Baurecht zum Pflichtprogramm gehören.

LTO: Trotz ungeliebtem Verwaltungsrecht steht bald das Examen an. Könntet Ihr Euch vorstellen, danach in der Branche Eurer Eltern tätig zu werden?
Stephan: Anwalt zu werden, kann ich mir aktuell gut vorstellen. Ich sehe ja an meinen Eltern, wie viel Spaß der Beruf macht. Irgendwann könnte ich mir schon vorstellen, mit ihnen in einer Kanzlei zusammenzuarbeiten. Nach dem Examen möchte ich aber erst einmal meine eigenen Erfahrungen sammeln.

LTO: Stichwort "Vitamin B": Da dürftest Du doch einen Nachteil haben, Martin?
Martin: In Anwaltskreisen habe ich tatsächlich nicht so viele Beziehungen durch meine Eltern. Deshalb knüpfe ich meine Kontakte selber. Ich befasse mich neben dem Studium beispielsweise viel mit Basketball. Da ich später im Bereich des Sportrechts arbeiten möchte, lerne ich dort Leute kennen, die mir Türen in diesem Bereich öffnen können.
Stephan: Natürlich habe ich über meine Eltern bereits berufliche Kontakte geknüpft. Bei der Bewerbung zählen aber nicht ihre Leistungen. Da kommt es immer noch darauf an, wie ich mich verkaufe. LTO: Die juristische Vorprägung hin oder her: Würdet Ihr Euch nun, gegen Ende Eures Jurastudiums noch einmal für das Fach entscheiden? Martin: Sicher, denn ich wüsste nicht, was ich sonst studieren sollte. Jura liegt mir eindeutig am meisten und macht mir tatsächlich auch Spaß. Stephan: Das geht mir genauso. Das Gespräch führte Anna K. Bernzen.

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