Fachschaften an juristischen Fakultäten

Party People geben Hil­fe­stel­lung

von Stefanie LadeLesedauer: 4 Minuten
Was die meisten Erstsemester gleich zu Beginn von ihrer Jura-Fachschaft wissen: Die sollen geile Parties ausrichten! Stimmt, aber nicht nur. Stefanie Lade hat sich bei einigen Fachschaften exemplarisch umgehört, was sonst noch so geht.

Wenn die Jura-Erstsemester durch die Kneipen in Passau ziehen, dann können sie in jeder mit einem anderen Professor ein Bier trinken. Die Fachschaft der juristischen Fakultät an der Universität Passau organisiert diese besondere Kneipentour. "Das ist seit Jahren eine Tradition, so können die Studenten die Professoren in einem anderen Umfeld kennenlernen", sagt Clemens Dienstbier, Sprecher der dortigen Fachschaft Jura. Gemeinsames Kochen, eine Wanderung und Hüttenspiele - abwechslungsreich und gesellig geht es auch zu, wenn die Fachschaft der Universität Konstanz zur "Erstihütte" für drei Tage in die Schweizer Berge einlädt. Die Plätze seien immer sehr schnell weg und gerade im Wintersemester könnten nicht alle mitfahren, die sich anmelden, berichtet Fachschaftssprecherin Theresa Friedle über die Beliebtheit der Erstihütte. "Dabei ist die Fahrt finanziell ein Verlustgeschäft, das wir durch die von uns organisierten Partys wieder ausgleichen", sagt Friedle. Aha! Da ist es wieder, das klischeehafte Bild von den Fachschaften, die nur Fete, Feste, Feierei kennen. Dabei bieten die studentisch organisierten Vereinigungen so manchen Service an, der Studierenden aller Fachsemester weiterhilft. Und wer sich selber in der Fachschaft engagiert, investiert zwar einen Teil seiner Freizeit, profitiert aber auch von einigen Vorteilen.

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Unterstützung für Jura-Studenten aller Semester

Beinahe schon ein "Klassiker" für die fortgeschritteneren Semester ist die Sammlung der Protokolle über die mündlichen Prüfungen im Schwerpunkt und Examen. Das sei ein Selbstläufer, erklärt Dienstbier: Gegen eine Kaution können sich die Studenten bei den Fachschaften die Unterlagen abholen und für ihre Examensvorbereitungen nutzen. Das Geld gebe es dann zurück, wenn sie selber ein Protokoll über ihre abgelegte Prüfung verfassen, bei der Fachschaft einreichen und so den Jahrgängen nach ihnen zur Verfügung stellen. Was die meisten Fachschaften auch eint, ist die Idee, den Erstsemestern im Umgang mit der ungewohnten studentischen Freiheit zu helfen. "Gerade für die Neuen an der Uni ist die Schwelle niedriger direkt zu uns zu kommen als zu einer Studienfachberatung zu gehen, weil wir eine Beratung auf Augenhöhe anbieten", erklärt Sebastian Töllers, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit der Jura-Fachschaft an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. "Wir wollen die Erstis in den Studiengang einführen und dafür haben wir zum Beispiel unser Magazin 'stud.iur' mit einem kommentierten Vorlesungsverzeichnis, Berichten über Auslandsaufenthalte, einzelnen Werdegängen von Professoren und vielem mehr." Die Fachschaft der Universität Passau bietet besonders für Studienanfänger eine Vorlesung zu der Frage "Wie schreibt man eine Hausarbeit?" an. Und an der Uni Konstanz dürfen sich die Erstsemester über eine Tüte mit juristischen Zeitschriften, Textmarkern und weiteren Kleinigkeiten freuen. Häufig helfen Fachschaftsmitglieder auch dabei, den ersten eigenen "Stundenplan" aus dem Vorlesungsverzeichnis zusammenzustellen.

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2/2: Individuelle Angebote der Fachschaften

Es gibt aber auch Serviceangebote anhand derer sich die Fachschaften der einzelnen Universitäten voneinander unterscheiden. Einmal im Jahr gibt es beispielsweise in Passau einen "Zukunftstag" an dem Staatsanwälte, Richter und Anwälte aus der privaten Wirtschaft in Vorträgen aus ihrem Berufsalltag berichten. "Wir bieten auch eine Nachhilfebörse an", sagt Dienstbier. "Ältere Studenten können zu uns kommen und anbieten, Nachhilfe zu geben. Wir vermitteln dann an die Nachfrager." Die Studenten in Mainz können sich bei ihrer Fachschaft Skripte und Lehrbücher ausleihen. Damit reagieren die Mitglieder individuell auf die Gegebenheiten an ihrer Universität, wie Töllers erkläutert: "Unsere Zentralbibliothek bietet keine Skripten an und bei der Bereichsbibliothek dürfen sich nur Lehrstühle Literatur ausleihen. Dabei werden uns die Skripte zum Teil von den Verlagen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Schließlich ist das auch eine Werbung für sie." An der Universität Konstanz gibt es dagegen einen Bücherflohmarkt, auf dem Jura-Kommilitonen Literatur handeln und austauschen. Neben Prüfungsprotokollen, Unterstützung für die Erstsemester und den anderen Angeboten ist die Fachschaft auch für die Vertretung der Studenten-Interessen verantwortlich: "Bei uns wird das Thema 'Einführung eines NC für den Studiengang' immer wieder heiß diskutiert", sagt der Dienstbier. "Wir wollen dabei das Meinungsbild der Studierenden eruieren und das entsprechend weitergeben." Einzelne Fachschaftsvertreter sitzen beispielsweise in der Studienmittel- und Berufskommission oder dem Studierendenparlament. So befassen sich etwa Mitglieder der Fachschaft Konstanz unter anderem damit, wofür das Geld aus den Studienqualitätsmitteln verwendet werden soll.

Freischussverlängerung für die ehrenamtliche Arbeit

Ein Engagement in der Fachschaft führt allerdings nicht nur zu einem Service für die Studenten, sondern bringt auch Vorteile für die Ehrenamtlichen mit sich. So heißt es in § 15 Abs. 3 Nr. 3 Berufsausbildungsförderungsgesetz: "[…] über die Förderungshöchstdauer hinaus wird für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung geleistet, wenn sie infolge einer Mitwirkung in gesetzlich vorgesehenen Gremien und satzungsmäßigen Organen der Hochschulen und der Länder sowie in satzungsmäßigen Organen der Selbstverwaltung der Studierenden an diesen Ausbildungsstätten sowie der Studentenwerke, überschritten worden ist". Ein Engagement in der Fachschaft kann auch dazu führen, dass man den Freiversuch für's Examen aufschieben darf. Das ist beispielsweise für Nordrhein-Westfalen in § 25 Abs. 2 Nr. 6 Juristenausbildungsgesetz NRW und für Rheinland-Pfalz in § 5 Abs. 5 Juristenausbildungsgesetz RLP geregelt. Für Töllers und Dienstbier ist aber der Hauptgrund, sich in einer Fachschaft zu engagieren, dass sie im Vergleich zu anderen Hochschulgruppen mehr oder weniger informell und unpolitisch das Leben an der Universität und besonders in ihrem Studiengang mitgestalten können. Wenn Dienstbier mit dem Vorurteil "Ihr macht ja nur Party!" konfrontiert wird, erwidert er: "Ja natürlich, wir machen auch Party. Aber in erster Linie sind wir für unsere Kommilitonen Ansprechpartner auf Augenhöhe und engagieren uns für sie." Die Autorin Stefanie Lade arbeitete drei Jahre lang als Lokaljournalistin, studierte Jura in München, Ljubljana und Passau und ist nun angehende Referendarin.

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