Doktorandenstellen

Der Weg in den Club

von Christian GrohganzLesedauer: 5 Minuten
Promotion kommt vom lateinischen promovere – vorbewegen. Nomen est omen? Für Doktorandenanwärter kann der Weg zum Titel lang und beschwerlich sein – oder schnell und befriedigend. Hilfreich für den Dissertanten in spe ist, bereits im Vorfeld einige Dinge zu beachten. LTO berichtet über die Suche nach einem Doktorvater, Exposés und die Situation nach den Plagiatsaffären.

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Eine humorvolle Nachwehe eines Sturmes, der die akademische Fachwelt durcheinanderwirbelte, war das drittplatzierte Jugendwort des Jahres 2011: "Guttenbergen" – es steht für Abschreiben. Die Auffälligkeiten in der Dissertation des damaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg rückten das Promotionsverfahren in den Fokus der Öffentlichkeit. Internetseiten wie Wikiplag schossen wie Pilze aus dem Boden, fast jeder hatte eine Meinung zu Plagiaten – obwohl nur die wenigsten überhaupt eine Ahnung hatten, was eigentlich so skandalös an ihnen war. Als der Sturm verebbte, standen prominente Opfer wie die Spitzenpolitikerin Silvana Koch-Mehrin oder die Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, Veronica Saß, ohne Titel da. "Als ich meinem Vater meine Doktorarbeit gezeigt habe, war seine erste Frage: Hat die denn Fußnoten?", erinnert sich Kerstin Zick schmunzelnd. Sie promovierte wie Guttenberg an der Universität Bayreuth, ließ einen LL.M.-Abschluss und einen längeren Auslandsaufenthalt folgen und begann schließlich das Referendariat in Bayern.

Anders als bei anderen Studiengängen ist der Jurist bei der Jobsuche nicht an den Titel gebunden. So geben die Meisten als Grund für den Beginn einer Dissertation an, dass sie gerne ihre Berufsaussichten verbessern würden oder eine akademische Laufbahn anstrebten. Auch für Robert Glawe war der mögliche Lehrauftrag eine Triebfeder. "Ich habe meine Dissertation an der Universität Osnabrück mit dem Titel 'Organkompetenzen und Handlungsinstrumente auf dem Gebiet der nationalen Sicherheit' verfasst und wurde dabei von Prof. Dr. Ipsen betreut. Nach zwei Jahren Arbeit konnte ich 2011 veröffentlichen. Dafür hätte ich alles in Kauf genommen." Ebenso wie seine Kollegin Kerstin Zick strebt auch Robert Glawe das zweite Staatsexamen an, ist Referendar am Oberlandesgericht Celle und nebenberuflich als wissenschaftlicher Mitarbeiter im niedersächsischen Landtag tätig.

Rechtzeitig Kontakt zu den Professoren suchen

Ist es nach Guttenberg und Co heutzutage schwieriger einen Doktorvater zu bekommen? Nach Ansicht vieler Professoren hat sich überhaupt nichts verändert. "Insgesamt ist aber sicher die Sensibilität gegenüber Fehlverhalten gewachsen. Das System Wissenschaft weiß, dass jeder Skandal an der Glaubwürdigkeit zehrt", sagt Professor Dr. Wolfgang Löwer von der Universität Bonn. Als Vorleistung empfiehlt er den Besuch eines Seminars – bereits während des Studiums. Generell gilt, den Kontakt zu den Professoren zu suchen. "Ich habe meinen zukünftigen Doktorvater direkt nach meiner mündlichen Prüfung angesprochen. Er war einer meiner Prüfer", erzählt Kerstin Zick. "Aber auch der Professor, bei dem ich als wissenschaftliche Hilfskraft gearbeitet hatte, bot mir eine Stelle an. Durch meine Kontakte mangelte es mir nicht an Möglichkeiten." Der einfachste Weg ist wohl den Professor direkt anzusprechen – doch dabei sollte man auch Rückschläge in Kauf nehmen. "Ich habe länger nach einem geeigneten Betreuer gesucht",  sagt Robert Glawe. Verschiedenen renommierten Staatsrechtslehrer sagten ihm ab. "Nach der positiven Rückmeldung von Prof. Ipsen habe ich aber sofort zugegriffen." Probleme bereitete Robert Glawe das Anfertigen des Exposés, in dem er die seine Herangehensweise und Gliederung vorstellen sollte. "Dafür gab es überhaupt keine Materialien, an denen man sich orientieren konnte. Inhalt, Umfang und Gliederung waren anfangs vollkommen unklar. Der Zeit- und Rechercheaufwand für ein ordentliches Exposé ist nicht zu unterschätzen." In solchen Fällen kann ein professioneller Promotionscoach wie Helga Knigge-Illner – Autorin des Buches 'Der Weg zum Doktortitel'– helfen. Sie berät Promovierende bei Problemen mit der Dissertation und arbeitet mit ihnen an Motivation und der Verbesserung ihrer Arbeitsstrategien. Ihr Rat: Man sollte den Bewerbungsprozess immer selbst in der Hand behalten und jegliche Angebote missachten, die einen vermeintlich einfachen Weg zum Doktorvater versprechen. "Vorsicht, da gibt es recht unseriöse Praktiken!", mahnt die Promotionsbetreuerin.

Zugang nur mit Prädikat

Nicht einheitlich sind die Voraussetzungen für die erbrachten Vorleistungen, die in den jeweiligen Promotionsordnungen der Fakultäten festgelegt sind. Üblicherweise schreiben diese mindestens ein "Vollbefriedigend" im ersten Examen vor. Allerdings öffnen viele Unis auch den Weg bei einem besseren "Befriedigend" – wenn man zum Beispiel im Studium eine Seminararbeit mit einem Prädikat bestanden hat. In Einzelfällen sollen Anwärter mit 'ausreichend' zugelassen worden sein – wobei sich Professor und Promovend auf juristisch wackligen Weg begeben würden. "In rechtlich richtiger Weise wäre das ausgeschlossen", meint Prof. Dr. Wolfgang Löwer. Um sich zu finanzieren, gehen die meisten Doktoranden einer Tätigkeit am Lehrstuhl des Professors nach. Dabei haben sie sogar einen Anspruch auf freie Tage, in denen sie an ihrer Arbeit schreiben können. Robert Glawe arbeitete auch am Lehrstuhl, verdiente nebenbei durch Wehrübungen bei der Bundeswehr und durch Zuwendungen der Eltern. Auch Kerstin Zicks Eltern unterstützten ihren Weg zum Titel. "Sie haben mir das Meiste finanziert. Hier und da hatte ich ein paar Mini-Jobs. Ganz zum Schluss habe ich dann als Anwältin gearbeitet." Tätig war sie aber nicht in Deutschland, sondern in den USA. "Ursprünglich wollte ich auch nur die freie Zeit, die ich vor Beginn des LL.M. hatte, sinnvoll füllen. Ich hatte immer vor, in die USA zu gehen – wobei sich die Dissertation letztendlich weit über den LL.M. hinaus erstreckt hat." Darüber, wie lange eine Arbeit dauert, lassen sich keine genauen Angaben machen. Kerstin Zick begann 2006, ihre mündliche Prüfung legte sie im Jahr 2010 ab. Es sollen aber auch schon Arbeiten in weniger als sieben Monaten entstanden sein.

Man gehört zum Club

Ist die Dissertation fertig, kann man per "Books on Demand" die notwendigen Exemplare drucken lassen, um der Publizierungspflicht nachzukommen. Oder man wendet sich an spezialisierte Verlage, die einen relativ geringen Druckkostenzuschuss nehmen. Bei besonders guten Arbeiten vergeben auch einige Stiftungen Zuschüsse. "Ich steuere immer noch gelegentlich bei Amazon meine Doktorarbeit an und freue mich dann, dass sie offen zum Verkauf für jedermann steht", sagt Kerstin Zick stolz. "Die Arbeit hat sich auf jeden Fall gelohnt – auch wenn ich das manchmal während der Dissertation anders gesehen habe", sagt sie und lacht. "Ich denke, man hätte sie sicherlich noch besser schreiben können, aber nach einer Weile will man nur noch fertig werden." "Das Projekt 'Dissertation' ist hervorragend verlaufen", sagt auch Robert Glawe. "Der 'Output' ist noch nicht konkret erkennbar, eine gewisse Reputation spüre ich aber schon." Dem kann sich Kerstin Zick nur anschließen. "Der Titel beeinflusst mein Leben positiv. In der Berufswelt ist es ein gutes Gefühl, wenn man als Doktor vorgestellt wird –wenn man also 'zum Club' gehört."

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