BayVGH zu muslimischer Referendarin

Keine Ent­schei­dung über Kopf­tuch auf der Rich­ter­bank*

Lesedauer: 3 Minuten
In Bayern dürfen Referendarinnen nicht mit Kopftuch auf der Richterbank sitzen. Das Augsburger VG sorgte bundesweit für Schlagzeilen, als es dieses Verbot für unzulässig erklärte. In zweiter Instanz ging man nun nicht mehr so weit*.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) in München am Mittwoch über das Verbot an eine Referendarin, im juristischen Vorbereitungsdienst ihr Kopftuch zu tragen, nicht in der Sache entschieden. Dennoch hob er die vielbeachtete Entscheidung des Augsburger Verwaltungsgerichts auf, welches das Verbot für unzulässig erklärt hatte.* (Urt. v. 07.03.2018, Az. 3 BV 16.2040).

Rechtsreferendarinnen, die aus religiösen Gründen Kopftuch tragen, wurde dies in Bayern in der Vergangenheit bei der "Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung" per Auflage durch das Justizministerium untersagt. Der Freistaat begründete das Kopftuchverbot mit der Neutralitätspflicht der Gerichte. Ob das rechtens war, bleibt nun auch nach der Entscheidung des VGH offen.* Update am Tag der Veröffentlichung um 17.44 Uhr: Der VGH hielt die Klage der Referendarin bereits für unzulässig. Denn für die Zulässigkeit der vorliegenden Fortsetzungsfeststellungsklage sei ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der bereits erledigten Auflage erforderlich, was im Falle der Referendarin unter keinem Gesichtspunkt erkennbar sei. Auch ein Rehabilitierungsinteresse der Frau erkannte der Senat nicht, wie er am Mittwochabend mitteilte. Mit der Auflage ist seiner Ansicht nach weder eine Diskriminierung noch eine Herabsetzung der Referendarin verbunden gewesen. Zudem habe sie den juristischen Vorbereitungsdienst absolvieren können und sei nicht gezwungen worden, ihr Kopftuch abzunehmen. Es sei ihr lediglich verwehrt worden, bestimmte richterliche Aufgaben wahrzunehmen, worauf im Rahmen der Referendarausbildung ohnehin kein Anspruch bestehe. Diese hätte sie zudem nur an einem Tag ihrer zweijährigen Ausbildung ausüben können. Die Beschränkung der Grundrechte der Klägerin sei daher nur begrenzt gewesen.
Die Referendarin hatte deswegen während ihrer Ausbildung beim Augsburger Amtsgericht im Unterschied zu einer anderen Referendarin nicht mit am Richtertisch Platz nehmen dürfen. Das Oberlandesgericht München hatte sich bei der Auflage an der Verordnung des bayerischen Justizministeriums von 2008 orientiert, wonach Referendarinnen beispielsweise im Gerichtssaal oder bei Zeugenvernehmungen auf ihr Kopftuch verzichten müssen. Das Verwaltungsgericht in Augsburg hatte darin 2016 eine Diskriminierung gesehen und die Auflage für unzulässig erklärt.

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Kopftuchverbot mittlerweile gesetzlich geregelt

Die Richter bemängelten damals insbesondere, dass für solch einen weitgehenden Eingriff in das Grundrecht der Religionsfreiheit ein Gesetz nötig sei. Eine gesetzliche Grundlage gab es aber nicht. Das Augsburger Urteil hatte bundesweit Beachtung gefunden. Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) hatte umgehend Berufung gegen die Entscheidung einlegen lassen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte kurz darauf in einem Eilverfahren im Zusammenhang mit einem ähnlichen Fall aus Hessen entschieden, dass die hessische Referendarin bei Verhandlungen nicht mit ihrem Kopftuch auf der Richterbank sitzen dürfe. "Auch Rechtsreferendare, die als Repräsentanten staatlicher Gewalt auftreten und als solche wahrgenommen werden, haben das staatliche Neutralitätsgebot zu beachten", betonten die Verfassungsrichter im Juni 2017 in Karlsruhe.
In Bayern tritt am 1. April ein neues Richter- und Staatsanwaltsgesetz in Kraft, das ebenfalls ein Kopftuchverbot enthält. Mit dem Gesetz werde explizit klargestellt, dass "die richterliche Amtstracht keine Plattform für religiöse oder weltanschauliche Statements sein darf", wie es Ministeriumssprecher Thomas Pfeiffer formulierte. Das Gesetz gelte auch für Kandidatinnen, die während des Referendariats in der Justiz auf ihr zweites Staatsexamen vorbereitet werden. dpa/acr/LTO-Redaktion *Update nach Pressemitteilung des VGH: Das Gericht hat, entgegen einer früheren Version des Artikels, gerade nicht über die Rechtmäßigkeit des Kopftuchverbots entschieden, sondern lediglich über das Interesse der Klägerin an der Feststellung der Rechtswidrigkeit. (geändert am 08.03.2018, 11:22 Uhr).

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