Die juristische Presseschau vom 29. Mai 2015: Ver­fas­sungs­wid­ri­ge Hartz-IV-Sank­tio­nen – BVerwG er­schwert Ein­bür­ge­rung – Plä­doy­er im Fall Sal. Op

29.05.2015

Das SG Gotha hält Hartz-IV-Sanktionen für verfassungswidrig und veranlasst konkrete Normenkontrolle. Außerdem in der Presseschau: BVerwG erschwert Einbürgerung, Plädoyer im Sal. Oppenheim-Prozess und Korruption um Flughafen BER.

Thema des Tages

SG Gotha zu Hartz-IV-Sanktionen: Das Sozialgericht Gotha hält es für verfassungswidrig, die Leistungen von Hartz-IV-Empfängern zu kürzen, wenn sie Pflichten verletzen, und wandte sich mit einer konkreten Normenkontrolle an das Bundesverfassungsgericht. Entsprechende Sanktionsmaßnahmen verstießen gegen die Menschenwürde sowie gegen das Sozialstaatsprinzip, argumentierte das Gericht. Im vorliegenden Fall hatte das Jobcenter einem Mann das Arbeitslosengeld II um 30 Prozent gekürzt, nachdem er ein Arbeitsangebot abgelehnt hatte. Seine Leistungen wurden später um weitere 30 Prozent gemindert, weil er eine Probetätigkeit bei einem Arbeitgeber abgelehnt hatte – dagegen klagte er vor dem SG Gotha. Das Gericht gebe an, es sei das erste, das sich mit dieser Frage an das BVerfG wende, berichtet die SZ.

Heribert Prantl (SZ) hält die Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger für "bedenklich". "Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum kann einem nicht partiell entzogen werden." "Mit diesen Sanktionen wurde ein strafrechtlicher Gedanke systemfremd ins Sozialrecht hineingepresst." Es sei daher gut, dass das Sozialgericht Gotha dem Bundesverfassungsgericht das "Sanktionsregime" zur Prüfung vorgelegt habe.

Rechtspolitik

Gleichgeschlechtliche Ehe: Die SZ (Constanze von Bullion) sammelt verschiedene Stimmen aus Politik und Medien zur Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare. So betonte der Union-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder (CDU) gegenüber der FAZ, die Ehe im Sinne des Grundgesetzes meine ausschließlich eine Verbindung zwischen Mann und Frau. Seine stellvertretende Fraktionsvorsitzende Nadine Schön (CDU) hingegen plädierte gegenüber dem Focus dafür, die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen und diese Frage auf dem nächsten Parteitag zu erörtern.

Constanze von Bullion (SZ) moniert, die Nicht-Gleichstellung, also Diskriminierung, gleichgeschlechtlicher Paare sei "verfassungsrechtlich" "nicht gedeckt". Sie führt zudem drei Argumente für ein Adoptionsrecht homosexueller Paare an. Von Bullion unterstreicht, es gehe den Kritikern der Gleichstellung nicht um "Kindeswohl", sondern um "Bilder im Kopf". "Blöde Gefühle gegenüber Schwulen und Lesben" seien erlaubt – dürften allerdings keinen Schutz durch das Gesetz beanspruchen.

Vorratsdatenspeicherung: Die Bundestagsfraktion der Grünen hat angekündigt, vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung zu klagen, sobald es in Kraft sei. Die Regelungen genügten "absehbar" nicht den Vorgaben von BVerfG und Europäischem Gerichtshof und seien unverhältnismäßig. So sei beispielsweise keine Ausnahme von der Speicherpflicht für Berufsgeheimnisträger vorgesehen. Ebenso argumentiert die SPD-Basis in mehreren Anträgen an den SPD-Parteikonvent. Die FAZ (Johannes Leithäuser/Majid Sattar) gibt die Argumentation wieder.

Patrick Breyer aus dem "AK Vorratsdatenspeicherung" erläutert im Interview mit taz.de (Christian Rath), weshalb er davon ausgeht, dass das neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung keinen Bestand haben werde. Der Arbeitskreis vertritt die Ansicht, es gebe keine rechtmäßige Vorratsdatenspeicherung. Um deren Wiedereinführung zu verhindern, setze er zunächst auf politischen Widerstand und auf die SPD-Basis. Sollte das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung dennoch in Kraft treten, sei eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht geplant.

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