Die juristische Presseschau vom 21. bis 23. März 2015: Tücken der Verdachtsberichterstattung – Grüne und Cannabiskontrollgesetz – Verfassungsbeschwerde gegen EZB-Politik

23.03.2015

Tücken der Verdachtsberichterstattung – zwischen Persönlichkeitsrechten und öffentlichem Interesse. Außerdem in der Presseschau: Grüne schlagen Cannabiskontrollgesetz vor, Verfassungsbeschwerde gegen EZB-Politik geplant, Vorbericht zu NS-Prozess, keine V-Leute mehr in Thüringen und eine gelassene Richterin im wohlverdienten Urlaub.

Thema des Tages

Verdachtsberichterstattung: Die Montags-taz (Christian Rath) informiert über die Netzwerk Recherche-Tagung in Leipzig von vergangenem Wochenende. Anwälte und Journalisten befassten sich mit den "Tücken der Verdachtsberichterstattung". So zeigten sich vermehrt Probleme im Ausgleich zwischen Persönlichkeitsrechten und öffentlichem Interesse – die Zahl der entsprechenden juristischen Auseinandersetzungen sei in den letzte Jahren gestiegen. Die Regeln der Verdachtsberichterstattung gelten, wenn "eine nachteilige journalistische Aussage noch nicht beweisbar ist". Daher gelten für entsprechende Beiträge besondere Bedingungen, welche die taz erläutert. Bei der Tagung kamen auch bekannte Einzelfälle zur Sprache, wie die Verdachtsberichterstattung in den Fällen Wulff und Edathy. Insbesondere wurde auch über Unklarheiten bei der Einbeziehung der Betroffenen, einer der besagten Bedingungen, diskutiert.

Rechtspolitik

Cannabiskontrollgesetz: Am vergangenen Freitag haben die Grünen ihren Vorschlag für ein Cannabiskontrollgesetz im Bundestag eingebracht – Ziel des Entwurfs sei die Entkriminalisierung von Cannabis, die Regulierung der Abgabe von Cannabisprodukten sowie die Stärkung des Jugendschutzes. zeit.de (Lisa Caspari) stellt die geplanten Regelungen dar, erklärt insbesondere, wie der Jugendschutz gestaltet werden soll und erinnert zudem an die Gefahren, die der Konsum von Cannabisprodukten birgt. Auch die Samstags-taz (Ulrich Schulte) informiert.

In einem Interview mit spiegel.de (Ansgar Siemens)erklärt der Kriminologe Thomas Feltes, weshalb er die Legalisierung von Cannabis im Gegensatz zum Verbot für das "kleinere Übel" halte. So floriere die Organisierte Kriminalität wegen der Illegalität der Droge. Ein Pilotprojekt sei ratsam, um die Folgen einer Entkriminalisierung zu untersuchen.

Anti-Terror-Strafrecht: Am heutigen Montag widmen sich Sachverständige im Rechtsausschuss des Bundestages dem Entwurf für ein Anti-Terror-Gesetz von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Die Montags-taz (Christian Rath) resümiert die geplante Regelung und sammelt vorab bereits bekannte Kritikpunkte, aber auch Befürwortungen. So sähen einige Rechtswissenschaftler die Regelung als verfassungswidrig an, andere hingegen halten sie für "verfassungsrechtlich unbedenklich" oder sogar für "unzureichend".

Dopinggesetz: In einem Interview mit der FAS (Michael Reinsch) erläutert Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) im Ressort Sport die Notwendigkeit des Anti-Doping-Gesetzes. Die geplante Regelung schütze den "sauberen Athleten" und die Integrität des Sports, dies werde insbesondere durch die Bestrafung des Selbstdopings gewährleistet – die Einführung von Grenzwerten wäre hingegen "nicht der richtige Ansatz". Maas äußert sich ebenso zur Olympiabewerbung Hamburgs und betont, dass das Anti-Doping-Gesetz hier einen Vorteil verschaffe – am kommenden Mittwoch soll das Gesetz im Kabinett verabschiedet werden.

Vorratsdatenspeicherung: Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) plant die Einführung der Vorratsdatenspeicherung. So sollen bereits vor dem Konvent der SPD am 20. Juni diesen Jahres Leitlinien für die geplante Regelung vorgestellt werden. Der Spiegel (Melanie Amann/Horand Knaup – spiegel.de-Zusammenfassung) nimmt dies zum Anlass nicht nur über Maas' Position zur Vorratsdatenspeicherung, sondern auch über seine Arbeit als Justizminister zu berichten. So verstehe er sich als "sensibler Rechtsstaats-Seismograph".

Die Montags-SZ (Wolfgang Janisch) legt dar, weshalb die anlasslose Vorratsdatenspeicherung gerade bei der Terrorismusbekämpfung, aber auch bei der Verfolgung von Schwerstkriminalität, nicht notwendig sei – sie hätte ihre Berechtigung lediglich im Bereich der Internetkriminalität oder bei sogenannten "Enkeltricks". Die derzeit geltenden Regelungen böten dem Verfassungsschutz und Strafverfolgungsbeamten bereits ausreichend Möglichkeiten zur gezielten Datenerhebung bei mutmaßlichen Terroristen. Die SZ fragt ob, die Gesellschaft vor diesem Hintergrund bereit sei, den Preis der Einführung einer "anlasslosen Massenüberwachung unverdächtiger Bürger" zu zahlen.

TTIP - Schiedsgerichte: Die Samstags-FAZ (Helene Bubrowski) führt die Notwendigkeit und Rechtsstaatlichkeit von Schiedsgerichten aus, diese böten "schnell eine rechtssichere Lösung" für enteignete oder benachteiligte Unternehmer. Eine Rechtsprechung, die die Rechte von betroffenen Unternehmern ausreichend sichere, könne ein Internationaler Gerichtshof nicht gewährleisten, der Instanzenzug bedinge eine zu lange Verfahrensdauer. Die Schiedsgerichte seien die Instrumente, mit denen man die Durchsetzung der Regelungen garantieren und Recht schaffen könne.

Der Völkerrechtler Henner Gött stellt auf verfassungsblog.de ausführlich eine weitere Lösung zur Streitbeilegung von Investoren und TTIP-Staaten vor – eine "hybride Investitionsgerichtsbarkeit". Demnach sollten nationale Gerichte für Investitionsstreitigkeiten zuständig sein – hierfür spreche ihre Rechtsstaatlichkeit – völkerrechtliche Investitionsschutzregeln würden allerdings Verfahren wie Organisation modifizieren, um die Vorteile der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zu erhalten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 21. bis 23. März 2015: Tücken der Verdachtsberichterstattung – Grüne und Cannabiskontrollgesetz – Verfassungsbeschwerde gegen EZB-Politik . In: Legal Tribune Online, 23.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15021/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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