Die juristische Presseschau vom 21. bis 23. April 2012: Gebrauchte Software vor dem EuGH - Hafturlaub und Resozialisierung – Keine Playstation für Verwahrte

23.04.2012

Am Dienstag stellt der EuGH-Generalanwalt in Luxemburg seinen Antrag zum Weiterverkauf gebrauchter Computersoftware. In der Presse liest man ein Plädoyer für den Hafturlaub im Strafvollzug, und davon, dass Sicherungsverwahrte keine Playstation bekommen. Außerdem: VGH BaWü zu Spielplatzlärm, Verfügung im Plastiktütenstreit, das YouTube-Urteil und wer hilft, wenn Richter das Recht vergessen.

EuGH zu gebrauchter Software: Für Dienstag wird im Vorabentscheidungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof zur Zulässigkeit des Weiterverkaufs gebrauchter Computer-Software, die nicht auf Datenträgern verkauft wurde, der Schlussantrag des Generalanwaltes erwartet. Die Montags-SZ (Varinia Bernau) informiert über den zugrunde liegenden Streit zwischen dem Händler UsedSoft und dem Hersteller Oracle und die bislang unklare Rechtslage. Am Ende werde ein Grundsatzurteil erwartet mit Wirkung über den konkreten Sachbereich hinaus.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Pro und Contra Betreuungsgeld: Unter dem Titel "Familiengerechtigkeit oder Herdprämien" haben für lto.de die Familienrechtler/innen RA Jutta Wagner und Notar Herbert Grziwotz das geplante Betreuungsgeld kommentiert.

Schengen-Diskussion: Nach deutschen und französischen Forderungen zur Wiedereinführung von Binnengrenzenkontrollen gehen die politischen Diskussionen weiter; die Samstagsausgabe der SZ (Cerstin Gammelin) (ähnlich sz.de) berichtet und informiert, die Forderungen verstießen "klar gegen die Regeln des Schengen-Vertrags".

Auf dem Blog "Der (europäische) Föderalist" erläutert Manuel Müller den zugrunde liegenden Rechtsrahmen und erinnert daran, dass auch der "Unionsbürger" Rechte habe.

Hafturlaub im Strafvollzug: In der Wochenendbeilage der Samstags-SZ findet sich ein umfassendes Plädoyer Heribert Prantls für die Einführung einer früheren Hafturlaubs-Möglichkeit für Straftäter mit lebenslanger Freiheitsstrafe. Er lobt das Bundesverfassungsgericht für die "verfassungsrechtliche Durchdringung des Strafvollzugs", indem es das Resozialisierungsgebot auf Verfassungsrang erhoben hat - eine "große Kulturleistung", so der Autor - und kritisiert vehement die Darstellung und den Umgang mit dem Thema Strafvollzug und Resozialisierung in der (Medien-)Öffentlichkeit.

EGMR-Reform: Die wichtigsten Punkte der "Erklärung von Brighton" zur Reform des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und der Menschenrechtskonvention erläutert die Samstags-SZ (Thomas Kirchner). Unter anderem werde die Möglichkeit der Klageabweisung geschaffen, falls eine Menschenrechtsverletzung "keinen signifikanten Nachteil" für den Kläger darstellt.

Auf dem verfassungsblog bespricht Max Steinbeis die Ergebnisse und verlinkt die Erklärung. Der  "listige Versuch" der Briten, so genannte Advisory Opinions einzuführen, sei "gottlob" erstmal gescheitert.

Neues Insolvenzrecht: Auf einer FTD-Konferenz zum neuen Insolvenzrecht haben sich laut  FTD (Angela Maier/Ina Lockhart) Praktiker aus verschiedenen Kanzleien kritisch hinsichtlich der Akzeptanz betreffend die Mitsprache der Gläubiger bei der Insolvenzverwalter-Auswahl durch die Gerichte geäußert. Strukturelle Verbesserungen an den Gerichten seien notwendig, damit Unternehmen sich auf Insolvenzen vorbereiten können.

"Abmahn-Abzocke" eindämmen: Die Bundesregierung erarbeitet einen Gesetzentwurf zur Deckelung von Abmahngebühren bei Urheberrechtsverletzungen im Internet; dazu spiegel.de.

Weitere Themen – Justiz

EuGH zu Vorratsdaten: Ausführlich bespricht netzpolitik.org (Kirsten Fiedler) das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom letzten Donnerstag in der Rechtssache Bonnier Audio sowie die Hintergründe betreffend Vorratsdatenspeicherung und Filesharing.

BAG zu Stalker-Kündigung: "Stalking" kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, dazu bedarf es grundsätzlich aber einer vorherigen Abmahnung. Ob diese ausnahmsweise entbehrlich war, als einem hessischen Verwaltungsangestellten gekündigt wurde, muss nun nach Urteil des Bundesarbeitsgerichts die Vorinstanz klären. Die Montags-FAZ (Joachim Jahn) und Heiko Müller auf seiner Kanzlei-Seite informieren.

VGH BaWü zu Spielplatzlärm: Der Anwohner eines Kinderspielplatzes kann von der Gemeinde verlangen, dass lärmende abendliche Nutzung durch Jugendliche unterbunden wird, so lto.de. Kinderlärm sei laut dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in der Regel als "sozialadäquat hinzunehmen".

OLG Saarbrücken zu Prozesskostenhilfe: Wer eine Erbschaft mutwillig ausschlägt, kann anschließend nicht geltend machen, der Prozesskostenhilfe bedürftig zu sein. lto.de informiert über das Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken.

OLG Frankfurt zu PS für Sicherungsverwahrte: Bis zur Neuregelung des Rechts der Sicherungsverwahrung kann einem Sicherungsverwahrten der Kauf einer Playstation 2 verweigert werden. Joachim Sokolowski informiert auf seiner Kanzleiseite über einen entsprechenden Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt.

LG Hamburg zu YouTube: Das Landgericht Hamburg hat der Zivilklage der Verwertungsgesellschaft Gema gegen YouTube in Teilen stattgegeben. Laut Samstags-SZ (Kristina Lasker) muss die Plattform künftig hochgeladene Videos bei Hinweisen auf Urheberrechtsverstöße löschen; YouTube sei indes nur als "Störer", nicht als Täter, in Haftung genommen worden. Gegenstand des konkreten Verfahrens seien zwölf Musiktitel gewesen, von denen jedoch bereits fünf gelöscht worden waren.

Für lto.de befasst sich RA und Honorarprofessor Ralf Kitzberger ausführlich mit dem Urteil. Auch internet-law.de (Thomas Stadler) gibt seine Einschätzung ab.

Christian Rath (Samstags-taz) kommentiert: Ein "Etappensieg" für die Gema, der beide Streitparteien aber zu einem Kompromiss zwinge.

LG Köln zu Plastiktüten: Per einstweiliger Verfügung untersagte das Landgericht Köln der Deutschen Umwelthilfe, zu behaupten, dass Plastiktüten von Aldi und Rewe entgegen der Angaben auf der Tüte nicht kompostierbar sind. Erwirkt habe dies der Hersteller Victorgroup, so die Samstags-taz (sve).

LKA Berlin bei Bestellplattform: Wie der Spiegel (Veit Medick/Marcel Rosenbach) (Vorabmeldung auf spiegel.de) zu berichten weiß, ermittelt das Landeskriminalamt Berlin gegen den Bestelldienst "Lieferheld", nachdem der Konkurrent Lieferando Anzeige wegen Computersabotage erstattet hatte. Insgesamt liefen "ein Dutzend Verfahren" zwischen den beiden; in diesem Fall werfe "Lieferando" dem Wettbewerber vor, den Server, über den die Kundenbestellungen abgewickelt werden, lahmgelegt zu haben.

Bund klagt für Post: Laut FTD (Bernd Hops) hat die Bundesregierung Ende März Klage vor dem Gericht der Europäischen Union gegen einen Beihilfebescheid eingereicht, wonach die Deutsche Post Beihilfen in Millionenhöhe zurückzahlen müsse. Wie FTD weiter berichtet, habe die Post selbst  im Januar eine Klage eingereicht.

Klage gegen Betreuungsgeld: Die SPD-Bundestagsfraktion droht damit, eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zu prüfen, sobald ein entsprechender Gesetzentwurf vorliegt; dazu spiegel.de. Wie telepolis.de (Thomas Pany) berichtet, hat Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger bereits damit gerechnet, dass Gegner die Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgebot vor dem BVerfG klären lassen wollen.

NSU-Morde: Ein so genannter Profiler ist in einem Gutachten aus dem Jahr 2006 zur "Ceska-Mordserie" den später ermittelten Tätern sehr nahe gekommen. Er habe auf ein "rechtsradikales Tätermilieu" getippt, so die Samstags-taz (Wolf Schmidt) in ihrem Schwerpunkt.

Die Samstags-SZ (Joachim Käppner) berichtet ebenfalls. Alexander Horn, der Profiler, "im Polizeideutsch: Leiter der Operativen Fallanalyse", sei der "heimlichen Star der Branche".

Verfassungsbruch sehenden Auges?: Vor dem Untersuchungsausschuss im Stuttgarter Landtag hat der Anwalt Martin Schockenhoff von Gleiss-Lutz ausgesagt, Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus sei vor dem Ankauf von EnBW-Anteile informiert gewesen, dass die Nichteinbeziehung des Landtages landesverfassungsrechtlich bedenklich ist. Schockenhoff erklärte, so das Handelsblatt (Martin Buchenau), Mappus sei von der betreuenden Kanzlei dazu beraten worden. Mappus bestreite, von verfassungsrechtlichen Problemen gewusst zu haben.

Springer gegen Wallraff: Unter anderem die Montags-taz meldet, die Welt am Sonntag konfrontiere Günter Wallraff mit neuen Vorwürfen hinsichtlich einer Zusammenarbeit mit der Stasi. Im Jahr 2006 habe das Oberlandesgericht Hamburg geurteilt, Springer-Zeitungen dürften Wallraff nicht länger als "inoffiziellen Mitarbeiter" der Stasi bezeichnen.

Rolf-Ernst Breuer: Die FAS (Winand von Petersdorff) porträtiert den Ex-Deutsche -Bank-Vorstand Rolf-Ernst Breuer vor allem mit Blick auf seine "Verfolgung" durch juristische Verfahren im Zusammenhang mit der Kirch-Gruppe.

Gauck zu BVerfG: Nach der umstrittenen Äußerung von Bundespräsident Gauck, dass die Bereitschaft der Bundesregierung, den EU-Rettungsschirm auszuweiten, nicht vom Bundesverfassungsgericht "konterkariert" werden wird, fasst der Spiegel (Stefan Berg/Dietmar Hipp) die vorwiegend ablehnenden Reaktionen deutscher Verfassungsrechtler und einiger Bundesverfassungsrichter zusammen.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Breivik-Prozess: Die Seite Drei der Samstags-SZ (Hans Holzhaider) resümiert die Prozess-Woche vor dem Osloer Distriktgericht.

Der Spiegel (Gisela Friedrichsen) berichtet ebenfalls und stellt die Frage nach der Schuldfähigkeit in den Fokus.

Sonstiges

"Das politische Buch": Für die Montagsausgabe der SZ bespricht Journalist und Autor Rolf Lamprecht das neue Buch des Rechtshistorikers Michael Stolleis "Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland". Stolleis schaffe es, auch Nicht-Juristen begreiflich zu machen, wie "These, Antithesen und Synthesen das Staatsrecht formen" und benenne "unnachsichtig" Geburtsfehler der Bundesrepublik.

Das Letzte zum Schluss

Haft trotz Bewährung?: "Haftfortdauer bei Bewährung? Das geht doch gar nicht!": Mit einem Zwischenruf von der Zuschauerbank habe Strafverteidiger Rainer Pohlen, so berichtet dieser auf seinem strafblog, einen Asylbewerber vor der falschen Anordnung durch einen Richter bewahrt.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in den Printausgaben oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/dc

(Hinweis für Journalisten)  

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 21. bis 23. April 2012: Gebrauchte Software vor dem EuGH - Hafturlaub und Resozialisierung – Keine Playstation für Verwahrte . In: Legal Tribune Online, 23.04.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6048/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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