Die juristische Presseschau vom 9. September 2014: EuGH zu Banker-Boni – Streit um Streitwerte – "Mindestbesteuerung" vor dem BVerfG

09.09.2014

Ist die Begrenzung der Banker-Boni rechtmäßig? Der EuGH beginnt mit dem Verfahren zur Klärung dieser Frage nach Vorlage von Großbritannien. Außerdem in der Presseschau: Verschärfung der Regelung zur strafbefreienden Selbstanzeige geplant, Streit um den Streitwert an den Arbeitsgerichten, das BVerfG befasst sich mit der Grundrechtskonformität der "Mindestbesteuerung" und wie ein Hobbydetektiv Jack the Ripper identifizierte.

Thema des Tages

Großbritannien legt dem EuGH Boni-Regelung vor: Nach der Finanzkrise beschloss die Europäische Union eine Beschränkung der Boni von Mitarbeitern von Banken und Investmentfirmen. Die EU reagierte darauf, dass durch hohe Boni gesetzte Anreize zu mehr Risikobereitschaft bei Investitionen und somit zur Krise beitrugen. Nach besagter Regelung dürfen diese Sonderzahlungen das Grundgehalt nicht übersteigen. Nur in Ausnahmefällen kann ein Bonus das zweifache des Jahreseinkommens betragen, wenn die Aktionäre dies bewilligen. Großbritannien stellt nun die Verhältnismäßigkeit dieser Regelung und deren Konformität mit EU-Recht in Frage. Am gestrigen Montag begann das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof. Dies berichten die SZ (Markus Zydra) und die Badische Zeitung (Christian Rath).

Auch der EU-Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier befasst sich mit der Boni-Beschränkung. Die Boni-Regelung kann unter anderem durch die Erhöhung des Grundgehalts der Banker umgangen werden – dies möchte Barnier verhindern. In den Fokus gerieten hier insbesondere Investmentbanken in London, so Ruth Berschens (Handelsblatt) und Hendrik Kafsack (FAZ) – mit der Prüfung dieser Vorgänge ist nun die EU-Bankenaufsicht betraut. Markus Zydra (SZ) verweist auch auf einen Alternativplan der britischen Bankenaufsicht zur Boni-Regelung, der eine flexible Ausschüttung von Boni vorsehe: Durch zeitlich verzögerte Zahlungen solle verhindert werden, dass Banker nur auf kurzfristige Erfolge hinarbeiten. Michael Maisch (Handelsblatt) sieht, wie die EU, in hohen Boni das Problem der ebenso erhöhten Risikobereitschaft von Investoren. Er sieht jedoch auch in dem Vorgehen der EU einen Beitrag zu den genannten Umgehungsstrategien der Banken. Auch, wenn er es nicht gut heißt, dass einige Geldhäuser die EU-Regeln untergraben, hält er ihnen doch zugute, dass die Zahlung von erfolgsabhängigen Boni mehr zur Stabilität einer Bank beiträgt, als die Vereinbarung starrer Gehälter. Diese bieten, laut Maisch, in schwachen Phasen kaum Spielraum für flexible Anpassungen der Auszahlungen.

Rechtspolitik

Referentenentwurf – Strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung: Michael Sell (Handelsblatt) stellt knapp die geplanten Verschärfungen im Rahmen der Steuerhinterziehung vor. Ab dem 1. Januar 2015 soll die Verjährungsfrist für Steuerhinterziehung zehn Jahre betragen. Bei schwerer Steuerhinterziehung sollen die Zuschläge für die Rückzahlung der noch zu entrichtenden Steuern steigen.

Bayern – Gesetzentwurf gegen kalte Steuerprogression: Kalte Steuerprogression bedeutet für viele Arbeitnehmer, dass trotz einer Gehaltserhöhung weniger Nettogehalt übrig bleibt. Aufgrund der Zulage besteht die Gefahr in eine höhere Steuerklasse zu rutschen und dementsprechend mehr Abzüge leisten zu müssen. Der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) möchte dem nun entgegen wirken und hat einen entsprechenden Gesetzentwurf angekündigt, berichtet handelsblatt.com.

Asylrechtsänderung: Christian Rath (taz) stellt in seinem Kommentar fest, dass der derzeitige Gesetzentwurf zum Asylrecht aus verschiedenen Gründen kaum etwas an der derzeitigen Behandlung der betroffenen Asylsuchenden ändern würde. Um im Rahmen der Einzelfallbetrachtungen einer Entrechtung der Flüchtlinge, insbesondere der Roma, vorzubeugen, wäre eine gerichtliche Feststellung der politischen Verfolgung hilfreich. Zu einer Stärkung der Rechte könne der Vorschlag der Grünen beitragen, der einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt und zu medizinischer Versorgung vorsieht.

Reformierung der Hochschulorganisation: In einem Gastbeitrag in der SZ bezieht der Professor für Biochemie Werner Müller-Esterl Stellung zum Gesetzentwurf der nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD). Das "Hochschulzukunftsgesetz" soll der Landesregierung in verschiedenen Angelegenheiten der Universitäten – Fächerangebot, Finanzen, Personal – wieder mehr Rechte einräumen. Müller-Esterl zeichnet die historische Entwicklung der Hochschulen seit den Achtzigerjahren nach und kommt zu dem Schluss, dass eine Profilierung der Landesregierung in Hochschulfragen der Wissenschaft bereits früher geschadet hat und wieder schaden wird.

"Streit über die Streitwerte" vor Arbeitsgerichten: Der neue Streitwertkatalog für arbeitsgerichtliche Verfahren wurde eingeführt, um den unterschiedlichen Wertansätzen in verschiedenen Landesarbeitsgerichtsbezirken entgegen zu wirken. Es wird ein Einheit bei Gerichts- und Anwaltskosten angestrebt. Wolfgang Albin (Handelsblatt) erläutert die Kritik von Gewerkschaften, Anwälten und Arbeitgebern an dem neuen Streitwertkatalog. Denn, obwohl eine einheitliche Regelung wohl zu begrüßen ist, sehen sich besagte Gruppen in monetärer Hinsicht nicht ausreichend vertreten. Sie vermuten, dass es daran liegt, dass die Streitwertkommission ausschließlich aus Richtern besteht.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 9. September 2014: EuGH zu Banker-Boni – Streit um Streitwerte – "Mindestbesteuerung" vor dem BVerfG . In: Legal Tribune Online, 09.09.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13124/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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