Die juristische Presseschau vom 7. – 9. Februar 2015: A Really Bad Bank – kein Hostel in der Wohnung – "Polizeinotstand" in Sachsen

09.02.2015

Erste Veröffentlichung zum Swiss-Leak und der Bankkundendaten-Analyse. Außerdem in der Presseschau: NPD-Verbotsverfahren, Gastbeitrag des Innenministers zur Einwanderungsdebatte, Airbnb-Angebot ist ein Kündigungsgrund, die Begründung des Legida-Demo-Verbots und was der Karnevalist wissen sollte.

Thema des Tages

HSBC-Daten-Leak: 2008 erhielten die französischen Finanzbehörden die Beute des bisher größten "Diebstahls" von Bankkundendaten. Es konnten weltweit Steuernach- und Strafzahlungen in Milliardenhöhe in Staatskassen geholt werden, von Kunden der Hongkong and Shanghai Banking Corporation (HSBC) in der Schweiz. Der Datensatz wurde der Presse zugespielt und in den letzten Monaten von einem internationalen Team von Reportern analysiert. Neben Schwarzgeldkonten zur Steuerhinterziehung führte die Bank danach Konten der mutmaßlichen Verbrecher-High-Society und politisch exponierter Personen, die darüber öffentliche Gelder verschwinden lassen konnten, berichtet die Montags-SZ (Frederik Obermaier/Bastian Obermayer/Gerard Ryle). Die Bank, gegen die in Frankreich, Belgien und Argentinien Ermittlungen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Geldwäsche laufen, proklamiert nun einen Wandel, den Experten jedoch als fraglich ansehen, berichtet die Montags-SZ (B. Brinkmann, R. Gast, C. Theile).

Ein Portrait des "Datendiebes" Hervé Falciani, gegen den im Dezember 2014 in der Schweiz wegen unbefugter Datenbeschaffung und Bankgeheimnisverletzung Anklage erhoben wurde, zeichnet die Montags-SZ (Frederik Obermaier/Bastian Obermayer).

Rechtspolitik

Geheimdienstkontrolle: Im Interview mit zeit.de (Kai Biermann) stellt Rechtsanwalt Niko Härting dar, warum die Überwachung von Verbindungsdaten durch den Bundesnachrichtendienst verfassungswidrig ist und nach dem Motto "Wo kein Kläger da kein Richter" dennoch erfolgt. Er fordert eine Reform des G10-Gesetzes und der Geheimdienstkontrolle. In den Kontrollinstanzen müsste in einem kontradiktorischen Verfahren auch die Stimme der Betroffenen zu hören sein.

"Wer hat noch Angst vor der NPD?": Das fragt sich Peter Carstens (FAS) angesichts einer Partei im "Siechtum" und stellt ausführlich den bisherigen Verlauf im anhängigen Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht dar. Carstens befasst sich auch ausführlich mit dem Ausscheiden des Verfassungsrichters und zuständigen Berichterstatters Michael Gerhardt und der Rolle seines Nachfolgers Peter Müller, ehemaliger Saarländischer Ministerpräsident (CDU), einem bis zu einem Eintritt in Karlsruhe lautstarken Gegner eines NPD-Verbotsverfahrens.

Verbraucherschützer Gerd Billen: Der beamtete Staatssekretär Gerd Billen ist im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz "maßgeblich" für Letzteres, so Corinna Budras (FAS) in einem Porträt des ehemaligen Vorstandes der Verbraucherzentrale Bundesverband und seiner Arbeit: Die Schaffung einer "neuen Architektur des Verbraucherschutzes". Künftig solle die Bundesregierung "Produkt für Produkt" entscheiden, ob der Verbraucher schutzbedürftig ist oder sich in Sachen Vertragsschutz allein durchschlagen kann.

TTIP – Schutzklauseln: Friedrich Merz, ehemaliger Unions-Bundestagsfraktionsvorsitzender und heute u.a. Vorsitzender der Atlantik Brücke e.V., meint in einem Gastbeitrag für die FAS zum Streit um Investitionsschutzklauseln: "Investoren sind angewiesen auf einen Schutz vor staatlicher Willkür und vor unkalkulierbaren Rechtsverfahren in fremden Ländern". Die Zuständigkeitsfrage für Rechtsmittel sei "vor allem eine Frage der Abwägung hinsichtlich Effizienz, Unabhängigkeit und Zeitnähe der Entscheidungen".

In einem Gastbeitrag für die WamS erklärt Roland Koch, ehemals Hessischer Ministerpräsident und heute Aufsichtsratsvorsitzender bei UBS Deutschland, warum die Sorge vor den Investitionsschutzklauseln im TTIP völlig unbegründet ist und die jetzigen Pläne ohnehin seit 130 Jahren Praxis.

Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen: Für lto.de befassen sich die Rechtsanwälte Oliver Kraft und Julia Lange mit einem Gesetzentwurf aus Bayern sowie einem Entwurf aus dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, die eine Strafbarkeit vorsehen für die Gewährung und Annahme von Vorteilen als Gegenleistung für die bevorzugte Verordnung bestimmter Medikamente oder die Überweisung von Patienten in bestimmte Krankenhäuser.

Reform Sexualstrafrecht: Thomas Stadler (internet-law.de) befasst sich in der aktuellen Debatte zur möglichen Reform des Vergewaltigungstatbestandes mit dem aus seiner Sicht zentralen Argument des Richters am Bundesgerichtshof Thomas Fischer, es gäbe keine Schutzlücke im geltenden Recht und der diesem Argument zugrunde liegenden Auslegung der §§ 240 Abs. 4 sowie 177 Abs. 1 des StGB.

Einwanderungsregelung: In der FAZ schreibt Bundesinnenminister Thomas de Maizère in einem Gastbeitrag, es bedürfe keines Einwanderungsgesetzes, sondern die bestehenden Regeln seien "klug und pragmatisch" mit Leben zu füllen und dort zu ändern wo es dessen bedürfe. Die Regelungen seien flexibler als ein Punktesystem und gegenüber dem Vorteil der englischen Sprache, sei über Sprachförderung und Werbung für hiesige Kultur nachzudenken. Es sei zu bedenken, dass das komplexe Phänomen Migration mit Gesetzen nur bedingt zu steuern sei und die Akzeptanz der Bevölkerung erhalten bleiben müsse, etwa durch konsequente Ausweisung nicht Bleibeberechtigter.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 7. – 9. Februar 2015: A Really Bad Bank – kein Hostel in der Wohnung – "Polizeinotstand" in Sachsen . In: Legal Tribune Online, 09.02.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14625/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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