Die juristische Presseschau vom 30. Juni 2017: Kein Erdoğan-Auf­tritt / Ehe und GG / Eltern­geld ohne Bonus

30.06.2017

Justiz

EuGH zu DB-Strukturen: Die Bundesrepublik hat gegen Richtlinien-Verpflichtungen zu Eisenbahnunternehmen verstoßen. Hierdurch wurde die Bestimmung, inwieweit Gewinnübertragungen von Infrastrukturtöchtern der Deutschen Bahn auf den Mutterkonzern öffentliche Gelder enthielten, unmöglich gemacht. Dies stellte der Europäische Gerichtshof in seinem stattgebenden Urteil zu einem von der EU-Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren fest. Rechtsprofessor Urs Kramer stellt auf lto.de die Entscheidung einschließlich der klageabweisenden Teile vor, führt dabei auch in die zugrunde liegende Rechtsproblematik ein und diskutiert schließlich mögliche Folgerungen aus dem Urteil.

BVerfG – Videoüberwachung: Auch die taz (Christian Rath) berichtet nun zu der von drei Piraten-Politikern eingelegten Verfassungsbeschwerde gegen das im März verabschiedete Gesetz zur erleichterten Videoüberwachung im öffentlichen Raum. Weil der "extrem gründliche Richter Johannes Masing" zuständig sei, könne mit einer schnellen Entscheidung nicht gerechnet werden.

BVerfG zu G-20-Protestcamp: Dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum G-20-Protestcamp in Hamburg bescheinigt Christian Rath (taz) in einem Kommentar "Hasenfüßigkeit". Dass Demonstranten Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt ihrer Versammlung selbst bestimmen könnten, sei Kern der Versammlungsfreiheit und auch ständige Rechtsprechung des Gerichts. Insofern überrasche die geübte Zurückhaltung bei der Anerkennung des Camps als grundgesetzlich geschützte Versammlung.

BGH zu Sicherungsverwahrung: Die beiden jüngsten Urteile des Bundesgerichtshofs zu den Voraussetzungen der Anordnung einer Sicherungsverwahrung werden nun auch durch lto.de (Maximilan Amos) vertieft dargestellt.

BGH zu Ikea-Bett: In einer Auseinandersetzung um gewerbliche Schutzrechte vor dem Bundesgerichtshof hat der Einrichtungskonzern Ikea eine Niederlage erlitten. Mit dem Vertrieb seines Betts "Malm" seien möglicherweise Designrechte eines Frankfurter Möbelgestalters verletzt worden, schreibt die SZ (Wolfgang Janisch) über die Entscheidung, die zur endgültigen Klärung an das Oberlandesgericht Düsseldorf zurückverwiesen wurde. Der Bericht der FAZ (Christine Scharrenbroch/Hendrik Wieduwilt) beschreibt auch weitere schutzrechtliche Auseinandersetzungen des obsiegenden Möbeldesigners.

BSG zu Elterngeld: Anlassbezogene Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld sind bei der Berechnung des Elterngeldes nicht zu berücksichtigen. Dies urteilte nach Meldungen von lto.de und FAZ (Marcus Jung) das Bundessozialgericht. Die Entscheidung entspreche zwar der Logik und den steuerlichen Vorschriften, kommentiert Ulrike Heidenreich (SZ). Ärgerlich sei sie trotzdem, weil hierdurch Frauen, die ohnehin weniger verdienten und häufiger nicht in durchgängigen Vollzeitarbeitsverhältnissen tätig seien, im Ergebnis für harte Gehaltsverhandlungen – die in der Regel der Grund für Einmalzahlungen seien – nicht belohnt würden.

BVerwG zu Auskunftsanspruch: Der Auskunftsanspruch eines Journalisten zu einem Gutachten über die NS-Verstrickung ehemaliger Mitarbeiter des Bundeslandwirtschaftsministeriums erstreckt sich auf bereits verstorbene, nicht jedoch noch lebende Betroffene. Dies urteilte das Bundesverwaltungsgericht nach einer Meldung von lto.de.

BAG zu Schienenkartell: Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts muss das Landesarbeitsgericht Düsseldorf erneut prüfen, ob ein früherer ThyssenKrupp-Manager hinsichtlich seines Verhaltens im sogenannten Schienenkartell "pflichtwidrig und schuldhaft" gehandelt habe. Ob er darüber hinaus auch für die gegen das Unternehmen verhängte Geldbuße hafte, müsse jedoch von einem Zivilgericht geklärt werden, so die FAZ (Marcus Jung) über die Entscheidung.

OVG NRW zu Vorratsdatenspeicherung: Rechtsprofessor Jürgen Kühling analysiert auf verfassungsblog.de den unanfechtbaren Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zur Vorratsdatenspeicherung aus der vergangenen Woche.

OLG München – NSU: Das NSU-Verfahren sei für das Oberlandesgericht München "längst erledigt", schreibt zeit.de (Tom Sundermann). Gleichwohl erforderten fortlaufende Anträge der Verteidigung eine gründliche Befassung, um "das irgendwann gefällte Urteil" auch revisionssicher zu machen.

LG Braunschweig – VW: Zu Beginn des vom Rechtsdienstleister MyRight beim Landgericht Braunschweig angestrengten Schadensersatzverfahrens gegen VW referiert spiegel.de (Kristina Gnirke/Gerald Traufetter) die von den Parteien vorgebrachten Argumente. Während die Kläger behaupteten, dass der Autohersteller die fraglichen Diesel-Modelle ohne gültige Zulassung verkauft hätte, würde sich VW auf den Standpunkt stellen, dass die Autos mit der manipulierten Software vom Kraftfahrt-Bundesamt genehmigt worden seien. In der Verhandlung habe das Gericht zu verstehen gegeben, dass es der klägerseits angeregten Vorlage zum Europäischen Gerichtshof nicht folgen werde, berichtet die FAZ (Carsten Germis). Eine diesbezügliche Entscheidung ergehe Ende August.

LG Stuttgart zu Umwelthilfe: Das Landgericht Stuttgart hat eine gegen die Daimler AG gerichtete Klage der Deutschen Umwelthilfe wegen angeblich irreführender Werbung abgewiesen. Bei der mittlerweile nicht mehr verwendeten Werbung zum Schadstoffausstoß eines Diesel-Modells sei keine Irreführung der Verbraucher erkennbar, schreibt die SZ (Stefan Mayr) über das Urteil.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 30. Juni 2017: Kein Erdoğan-Auftritt / Ehe und GG / Elterngeld ohne Bonus . In: Legal Tribune Online, 30.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23289/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen