Die juristische Presseschau vom 28. August 2015: Maas trifft Face­book – BVerwG zu Ver­kehrs­un­ter­neh­mern – unwür­dige Ermittler

28.08.2015

Muss Facebook rassistische Kommentare löschen? Außerdem in der Presseschau: illegale Einreisen sollen entkriminalisiert werden, BVerwG zu Verkehrsunternehmern, unwürdige Ermittler und Haft für den "Bunkermann".

Thema des Tages

Facebook-Hetze: Bundesjustizminister Heiko Maas hat die Europa- und Deutschland-Zentrale von Facebook für den 14. September zu einem Gespräch eingeladen, um die Effektivität und Transparenz der weltweit geltenden Gemeinschaftsstandards im Hinblick auf die Löschung von Hassbotschaften durch Nutzer zu verbessern. Der Verweis auf die Gemeinschaftsstandards werde zur Farce, wenn Facebook Nacktfotos wegen moralischer Bedenken automatisch lösche, rassistische Äußerungen dagegen selbst nach Hinweisen nicht entferne, habe Maas gemahnt - zumal derartige Äußerungen regelmäßig Straftatbestände, insbesondere den der Volksverhetzung, erfüllten. Facebook habe Gesprächsbereitschaft gezeigt. Darüber berichten, die FAZ (Anna Gyapjas) und lto.de.

Die SZ (Gökalp Babayiğit) erinnert am Beispiel eines 34-jährigen Berliners, der wegen seiner vor Menschenverachtung strotzenden Facebook-Kommentare kürzlich zu einer Geldstrafe von 4.800 Euro verurteilt wurde, daran, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist.

Joachim Jahn (FAZ) findet die Entwicklung, überall in der Wirtschaft Hilfssheriffs zu installieren, bedenklich. Strafbare Äußerungen seien ein Fall für die Justiz. Es drohten "Zensur und Sprachpolizei". Auch Patrick Beuth (zeit.de) spricht sich dafür aus, das Problem nicht allein Facebook zu überlassen. Wenn Maas ein Zeichen gegen Fremdenhass setzen wolle, müsse er dafür sorgen, dass jene verfolgt werden, die zu Gewalt aufrufen.

Rechtspolitik

Bannmeilen: Der Rechtsanwalt Michael Winkelmüller schreibt auf lto.de zu den von der Gewerkschaft der Polizei geforderten Bannmeilen für Flüchtlingsheime. Eine solche Regelung würde das Grundrecht der Versammlungsfreiheit unverhältnismäßig beschränken, weil die für Demonstrationen gesperrten öffentlichen Bereiche in bislang nicht gekanntem Maße ausgeweitet würden. So läge eine Ausdehnung auf andere Stätten, wie Synagogen und Moscheen, nahe.

Routerzwang: Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf verabschiedet, mit dem der sogenannte Routerzwang abgeschafft werden soll, so dass Kunden auch ein anderes als das vom Provider gelieferte Endgerät nutzen können. Was wie ein Luxusproblem klinge, habe enorme Auswirkungen auf die Privatssphäre, da über den Router sämtliche Telefonate und Internetverbindungen verliefen, und die Geräte viel zu häufig mit Sicherheitslücken gespickt seien, wie der Koordinator des deutschen Teams der Free Software Foundation Europe Max Mehl auf Netzpolitik.org erläutert.

Suizidbeihilfe: Oliver Tolmein (FAZ) kritisiert, die Ausführungen zur Bestimmtheitsproblematik im Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zu den Suizidbeihilfe-Gesetzesvorhaben beruhten auf der falschen Prämisse, dass Suizidbeihilfe eine besondere Form der Sterbehilfe ist. Tatsächlich würden nur wenige Patienten ihre Ärzte um Suizidbeihilfe bitten. Sollten Ärzte dies dennoch geschäftsmäßig anbieten, sei ihre Tätigkeit durch die geplante Strafvorschrift erfasst. Das sei allerdings nicht ein Problem mangelnder Bestimmtheit, sondern das Ziel des Gesetzentwurfs.

Illegale Einreise: Der Bund deutscher Kriminalbeamter (BDK) will sich für eine Entkriminalisierung der illegalen Einreise stark machen. Weil bislang die Einreise nach Deutschland ohne gültigen Aufenthaltstitel als Straftat gewertet werde, sei in jedem Fall ein Ermittlungsverfahren zu eröffnen, was bei der späteren Gewährung von Asyl wieder eingestellt werden müsse. Dieses Vorgehen sei angesichts der fehlenden legalen Einreisemöglichkeiten widersprüchlich, gibt spiegel.de (Jörg Diehl) das interne Thesenpapier des BDK wieder.

Kopftuch im Schulunterricht: Per Erlass will das niedersächsische Kultusministerium muslimischen Lehrerinnen an öffentlichen Schulen grundsätzlich das Tragen eines Kopftuchs erlauben und damit eine Enscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom März umsetzen, nach der ein pauschales Verbot gegen die Religionsfreiheit verstößt. Wie die taz berichtet, haben Nordrhein-Westfalen und Bremen das Kopftuch schon zugelassen.

Legalisierung von Prostitution: In einem Interview mit der taz (Heide Östreich) spricht sich Catherine Murphy von Amnesty International dafür aus, dass Regierungen für den Schutz der Menschenrechte von Sexarbeiterinnen mit diesen zusammenarbeiten müssen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 28. August 2015: Maas trifft Facebook – BVerwG zu Verkehrsunternehmern – unwürdige Ermittler . In: Legal Tribune Online, 28.08.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16736/ (abgerufen am: 18.04.2024 )

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