Die juristische Presseschau vom 28. März 2014: Neuigkeiten zu Gurlitt – EuGH zu Netz-Sperren – Deutsch in Italien

28.03.2014

Der Fall Gurlitt ist noch lange nicht ausgestanden. Nun steht offenbar die erste Rückgabe eines Kunstwerks bevor. Außerdem in der Presseschau: schärfere Regeln für Selbstanzeige, EuGH zu Netz-Sperren, Dieter Grimm zum ZDF-Urteil des BVerfG, Gerichtssprache Deutsch in Italien und störendes Gebelle vor Gericht.

Thema des Tages

Gurlitt: Die FAZ (Julia Voss) berichtet, dass sich Cornelius Gurlitt offenbar mit Erben eines jüdischen Kunsthändlers über die Rückgabe eines Gemäldes von Henri Matisse geeinigt habe. Das betreffende Bild sei eindeutig als Raubkunst einzuordnen, die jetzige Rückgabe an keinerlei Bedingungen geknüpft. Zudem sei der in Salzburg aufgetauchte Teil der Sammlung Gurlitts weit größer als angenommen. In Betreff dieser Bilder macht die FAZ (Stefan Koldehoff) im Feuilleton die Unschuldsvermutung geltend. Um die regulär erworbenen Kunstwerke von jenen mit einem "NS-Makel" behaftete trennen zu können, müsse Einsicht in die "wohl sehr umfangreich erhaltenen Geschäftsunterlagen der Familie Gurlitt" genommen werden, es liege nun an Gurlitt und seinem Team, diese zugänglich zu machen.

Auch die Welt (Peter Dittmar) berichtet über die neuesten Entwicklungen und zitiert zudem aus einer im Februar von den Anwälten Gurlitts beim Amtsgericht Augsburg eingelegten Beschwerde gegen den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss. Wegen fehlender Beweisrelevanz der beschlagnahmten Bilder für den Vorwurf der Steuerhinterziehung habe der Beschluss gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip verstoßen. Ihr Mandant sei sich zwar "der moralischen Dimension dieses Falls durchaus bewusst", das Strafverfahren jedoch kein "Ort für moralische Kategorien." Wegen der enormen Öffentlichkeit des Falles bestünde zudem eine begründete Sorge um Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens. Ein Artikel im Kunstmarkt-Teil des Handelsblatts (Lucas Elmenhorst/Susanne Schreiber)erwähnt eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg, nach der sich ein Journalist Einblick in die Liste der in München-Schwabing sichergestellten Bilder Gurlitts erstritten habe. Es sei davon auszugehen, dass diese noch nicht rechtskräftige Entscheidung vom bayerischen Verwaltungsgerichtshof aufgehoben werde.

Die SZ (Hans Leyendecker/Georg Mascolo) zeichnet in ihrem Feuilleton die Ermittlungsgeschichte im Fall Gurlitt nach, "soweit sie sich recherchieren lässt." Im Zuge der Ermittlungen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung sei so etwa auch eine längerfristige Observation angeordnet worden.

In einem Kommentar bezeichnet Heribert Prantl (SZ) die Beschlagnahme der Bildersammlung Gurlitts als "strafrechtlichen Fehler" und "rechtsstaatlichen Skandal" wegen ihrer Unverhältnismäßigkeit. Gleichzeitig habe diese "falsche Anwendung des Rechts" dazu geführt, die Bilder "als stumme Zeugen der NS-Verbrechen" zum Sprechen zu bringen. Das Zivilrecht mit seinen Bestimmungen über den Eigentumserwerb und die Verjährung allerdings sei ungeeignet für die "juristische Reparatur von Akten politischer Perversion", dieser Mangel könne auch nicht durch das Strafrecht und dessen Konstruktion eines "übergesetzlichen Herausgabeanspruchs" behoben werden.

Rechtspolitik

Doppel-Pass: Die Regierungskoalition hat sich auf einen Gesetzentwurf verständigt, der die Voraussetzungen für eine doppelte Staatsbürgerschaft regelt, schreibt die SZ (Robert Roßmann). Von der Optionspflicht und damit der Entscheidung zwischen mehreren Pässen wäre demnach befreit, wer sich bis zu seinem 21. Geburtstag acht Jahre in Deutschland aufgehalten oder hier sechs Jahre die Schule besucht hat.

Selbstanzeige: Die Finanzminister der Länder haben sich nach Berichten von SZ (Claus Hulverscheidt) und FAZ (Joachim Jahn) auf eine Verschärfung der Regeln für eine strafbefreiende Selbstanzeige verständigt, eine endgültige Regelung jedoch auf ein Jahrestreffen Anfang Mai verschoben. Nach dem jetzt vorliegenden Eckpunkte-Beschluss solle der zu berichtigende Zeitraum auf zehn Jahre verdoppelt, die Verjährung auf 15 Jahre verlängert und der zu leistende "Strafzuschlag" auf zehn Prozent der hinterzogenen Summe erhöht werden.

Donata Riedel (Handelsblatt) begrüßt den Ansatz, "den Preis für die Straffreiheit zu erhöhen." Eine Abschaffung der Selbstanzeige sei demgegenüber aus verfassungsrechtlichen Gründen problematisch, weil sie eine "Brücke" zwischen Straf- und Steuerrecht schaffe und Betroffene, anders als "gewöhnliche Kriminelle", bei der Aufklärung ihrer Tat mithelfen müssten.

Europa: In einem Gastbeitrag für die FAZ plädiert Erwin Teufel (CDU), früherer Ministerpräsident Baden-Württembergs, dafür, den Schwierigkeiten europäischer Integration durch eine "Herrschaft des Rechts und die Einhaltung von Verträgen" sowie eine konsequente Anwendung des Subsidiaritätsprinzips zu begegnen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 28. März 2014: Neuigkeiten zu Gurlitt – EuGH zu Netz-Sperren – Deutsch in Italien . In: Legal Tribune Online, 28.03.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11477/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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