Die juristische Presseschau vom 27. September 2016: Deut­sche Welle gegen Türkei / Pro­zess gegen Mauss / Maas gegen Hass-Posts

27.09.2016

Die Deutsche Welle will mit gerichtlicher Hilfe die Herausgabe von Videomaterial erwirken. Außerdem in der Presseschau: Expertenanhörung zur BND-Reform, Prozess gegen Geheimagenten und verwechselt der Justizminister Moral mit Recht?

Thema des Tages

Türkei – Deutsche Welle: Am 5. September interviewte der Journalist Michel Friedman den türkischen Minister für Jugend und Sport, Akif Cagatay Kilic, für den ARD-Sender Deutsche Welle (DW). Im unmittelbaren Anschluss ließ der Befragte das Videomaterial konfiszieren, schreibt faz.net (Michael Hanfeld). Nachdem Aufforderungen zur Herausgabe trotz Fristsetzungen erfolglos blieben, hat der Sender nun bei einem Zivilgericht in Ankara eine Klage eingereicht. Die FAZ (Michael Hanfeld) befragt in ihrem Medien-Teil den Intendanten des Senders, Peter Limbourg, zu den Hintergründen dieses Schrittes, Versuchen, den Konflikt auf politischer Ebene zu lösen sowie Selbstverständnis und Zielen des von ihm geleiteten Senders auch gegenüber Regierungen, die nicht zögerten, "autokratische und diktatorische Mittel anzuwenden".

Rechtspolitik

BND-Reform: Vorrangiges Thema der Expertenanhörung des Bundestagsinnenausschusses zur gepanten BND-Reform war die Reichweite der verfassungsrechtlichen Bindung des Geheimdienstes gegenüber Persönlichkeitsrechten von Ausländern. Für die von der Bundesregierung präferierte Sichtweise einer im Vergleich zu Inländern geringeren Schutzdichte trat dabei Kurt Graulich, ehemaliger Richter am Bundesverwaltungsgericht, auf. Dass eine Regelung der sogenannten Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung geplant würde, sei für Graulich "epochal" großzügig, berichtet die SZ (Ronen Steinke). Die meisten anderen Sachverständigen hielten die Unterscheidung dagegen für verfassungswidrig. zeit.de (Kai Biermann) geht in seinem Sitzungsbericht auch auf die umstrittene Frage eines geplanten neuen, beim Bundesverwaltungsgericht einzurichtenden Kontrollgremiums ein. Auch hier habe Graulich als einziger der geladenen Experten eine positive Meinung vertreten.

Vermögensabschöpfung: Rechtsanwalt Jörg Habetha befasst sich auf lto.de ausführlich mit der nun vorgelegten "ambitionierten, umfassenden Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung." Der Fachanwalt für Strafrecht hält dabei die vorgesehene grundlegende Neugestaltung der Opferentschädigung für gelungen, die Erweiterung der Einziehung von Vermögen dagegen für verfehlt und an einigen Stellen sogar für verfassungswidrig. Wegen der ablaufenden Umsetzungsfrist einer europäischen Richtlinie müsse jedoch mit baldiger Gesetzwerdung der Reform gerechnet werden.

Sexismus: In einem Kommentar zu Sexismus-Vorwürfen innerhalb der Berliner CDU und der hierzu angestoßenen Debatte erinnert Reinhard Müller (FAZ) vor einer vom Justizminister betriebenen Verschärfung des Strafrechts daran, "dass es gerade bei Zoten (aber auch sonst eigentlich immer) auf den Zusammenhang ankommt." Innerhalb von Abhängigkeitsverhältnissen sei "jedwede Anzüglichkeit tabu" und könne mit einer sofortigen Kündigung geahndet werden. Ansonsten sei es "mit Witzen so eine Sache".

Arbeit auf Abruf: Eine vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) erstellte Studie kritisiert die arbeitsmarktpraktische Anwendung der nach § 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz zulässigen Abrufarbeit, weil diese wirtschaftliche Risiken einseitig auf Arbeitnehmer verteile. beck.blog.de (Markus Stoffels) begrüßt diesen Vorstoß. Die bislang zur Thematik ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung habe der Beschäftigungsform "keine nennenswerten Grenzen" gesetzt. Dabei seien Einschränkungen sinnvoller als ein Totalverbot.

Sparmodelle-Meldepflicht: Ein vom Bundesfinanzministerium in Auftrag gegebenes Gutachten des Max-Planck-Instituts für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen geht davon aus, dass eine an Steuerberater gerichtete Anzeigepflicht für Steuersparmodelle verfassungs- und europarechtlich zulässig wäre. Begründet würde dies mit der verfassungsrechtlich garantierten Besteuerungsgleichheit, schreibt die Welt (Nikolaus Doll).

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 27. September 2016: Deutsche Welle gegen Türkei / Prozess gegen Mauss / Maas gegen Hass-Posts . In: Legal Tribune Online, 27.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20665/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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