Die juristische Presseschau vom 23. - 25. August 2014: Keine Anklagen wegen Auschwitz – Bewegung bei Leihmüttern – Auskunft über Sexualpartner

25.08.2014

Die mangelhafte Strafverfolgung von KZ-Wachmännern sei eine Folge fehlender Empathie mit den Opfern, meint der Spiegel in seiner Titelgeschichte. Außerdem in der Presseschau: Widersprüchliche Signale zur Leihmutterschaft, Mollath wagt die Revision, 72-jährige Frau soll Sexualpartner nennen, Schweiz ermittelt gegen Stuttgarter Anwalt - und warum eine Sex-Schaukel nicht quitschen sollte.

Thema des Tages

KZ-Wachleute: In seiner Titelgeschichte beschreibt der Spiegel (Klaus Wiegräfe - Kurzfassung) wie auch die jüngste Welle von Ermittlungen gegen ehemalige Wachleute des Vernichtungslagers Auschwitz im Sande verläuft. Von 30 neuen Ermittlungsverfahren sind alle bis auf acht bereits wieder eingestellt, überwiegend weil die Beschuldigten inzwischen verstorben oder nicht verhandlungsfähig sind. Eingeweihte rechnen damit, dass es nur zu zwei Prozessen kommen könnte. Bisher seien von rund 6.500 Wachleuten in der Bundesrepublik nur 29 und in der DDR 20 verurteilt worden, dazu rund 700 in Polen. In Westdeutschland seien nicht die Widerstände zu groß gewesen, sondern das Interesse zu gering, so die zentrale These des Artikels. "Der Massenmord von Auschwitz war vielen Deutschen vor 1945 egal, und danach auch."

In einem ergänzenden Interview spricht der Spiegel (Felix Bohr/Cordula Meyer/Klaus Wiegräfe) mit einem ehemaligen KZ-Wachmann, der 1942 als 19-jähriger Donauschwabe aus Jugoslawien nach Auschwitz zwangsverpflichtet worden sei. Er empfinde keine juristische oder moralische Schuld. "Wenn ich desertiert wäre, hätten sie mich erschossen."

spiegel.de (Benjamin Schulz) schildert die Aufarbeitung der NS-Verbrechen in der DDR. Dort seien viele NS-Täter erpresst worden, mit der Stasi zusammenzuarbeiten, im Gegenzug wurde auf Strafverfolgung verzichtet. In den 60er- und 70er-Jahren habe man oft auf Strafverfolgung verzichtet, weil es peinlich gewesen wäre, dass NS-Verbrecher erst jetzt auffielen. Was in der DDR Regel und was Ausnahme war, lasse sich wohl nicht mehr klären.

Rechtspolitik

Suizidhilfe: Am morgigen Dienstag will eine Gruppe von Ärzten, Ethikern und Juristen einen Gesetzesentwurf vorstellen, der Medizinern die Hilfe beim Suizid explizit erlauben würde. Das nimmt die Montags-SZ (Von Matthias Drobinski/Nina von Hardenberg) zum Anlass, die derzeitige Diskussion um eine Bestrafung der Beihilfe zum Suizid darzustellen. Die meisten Abgeordneten seien dagegen, dass die Suizidhilfe eine normale Dienstleistung werde. "Was aber darf der Arzt?". Auf diese Frage spitze sich die Diskussion im Parlament derzeit zu.

Leihmutterschaft und Samenspende: Die Titelgeschichte des Focus (Juliane Brosz und andere)beschäftigt sich mit dem Phänomen Leihmutterschaft. Zunächst wird geschildert, dass Leihmutterschaft in Deutschland verboten ist, dass die auftraggebenden Eltern solcher Kinder große Probleme haben, die Elternschaft anerkannt zu bekommen. Im Juni habe aber der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem Fall aus Frankreich den so entstandenen Kindern das Recht zuerkannt, dass ihr Status als leibliche Kinder trotz dortigen Verbots der Leihmutterschaft festgestellt wird. Das Bundesjustizministerium sehe aber "keinen Handlungsbedarf" für Gesetzesänderungen, das Urteil betreffe nur die Rechtsprechung.

Dagegen meldet der Spiegel (Melanie Amann), Justizminister Heiko Maas (SPD) wolle die rechtliche Situation der Kinder von Leihmüttern und aus privaten Samenspenden verbessern. Dazu habe er einen "AK Abstammung" eingerichtet, dem Juristen, Medizinethiker und Psychologen angehören.

Richter- und Beamtenbesoldung: Nachdem der Verfassungsgerichtshof von NRW die dortigen Nullrunden für Richter und besserverdienende Beamte beanstandet hatte, fanden Landesregierung und Gewerkschaften nun eine Lösung. Auch diese Gruppen sollen nun eine Erhöhung ihrer Besoldung erhalten, wenn auch zeitlich verzögert. "Mit Ausnahme des Richterbunds begrüßten Gewerkschaften und Beamtenverbände die neue Besoldungsregelung", meldete die Samstags-FAZ (Reiner Burger).

Ausbürgerung: Max Steinbeis (verfassungsblog.de) stellt fest, dass der Entzug der Staatsbürgerschaft als sicherheitspolitisches Instrument derzeit international im Trend liege. Er zählt einige Argument auf, die gegen solche Maßnahmen sprechen, hält letztlich aber eine Ausbürgerung für rückkehrende Syrien-Kämpfer für eine Frage der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall. Die Staatsbürgerschaft sei eher funktional und nicht entscheidend für die Identität. Bei Doppelstaatlern falle sie nicht so stark ins Gewicht.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 23. - 25. August 2014: Keine Anklagen wegen Auschwitz – Bewegung bei Leihmüttern – Auskunft über Sexualpartner . In: Legal Tribune Online, 25.08.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12981/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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