Die juristische Presseschau vom 25. Juli 2017: Jus­tiz­re­form gestoppt / Cumhu­riyet-Pro­zess eröffnet / Auto-Kar­tell ent­tarnt?

25.07.2017

Recht in der Welt

Türkei – Cumhuriyet: Berichte zur Eröffnung des Prozesses gegen Journalisten und Mitarbeiter der Zeitung Cumhuriyet in der Türkei bringen FAZ (Rainer Hermann), lto.de, SZ (Luisa Seeling) und Welt (Pinar Ögünc). Als Beleg für die angebliche terroristische Verschwörung der Angeklagten gelte deren Benutzung eines bestimmten Smartphone-Messenger-Dienstes. Es sei ausgemacht, dass die Zeitung den Unwillen des Präsidenten nach einer Enthüllungsstory über Waffenlieferungen nach Syrien auf sich gezogen habe. Die taz (Ali Celikkan) beschreibt die Auswirkungen der Ermittlungen und schließlichen Anklagen für die Zeitung. Nach dem Kommentar von Luisa Seeling (SZ) sind die gegen die Angeklagten erhobenen Vorwürfe "an Absurdität kaum zu überbieten". Dass "der fromme Verschwörer" und die säkulare Zeitung in der Vorstellungswelt der Anklage zusammengearbeitet haben sollen, belege nur, dass nun "das publizistische Flaggschiff des kemalistischen Lagers mundtot gemacht werden solle".

EU – Rechtsstaatsverfahren: Privatdozent Alexander Thiele untersucht auf verfassungsblog.de, unter welchen Voraussetzungen ein der Durchsetzung des in Art. 2 EU-Vertrag normierten Wertekanons dienendes Rechtsstaatsverfahren nach Art. 7 EUV gegen mehrere Mitgliedstaaten zugleich geführt werden könnte.

Ungarn – Richter: Rechtsanwalt Denes Lazar macht auf lto.de Wissens- und Einstellungsmängel der ungarischen Richterschaft für die bedrohte Rechtsstaatlichkeit im Lande verantwortlich. Zahlreiche alte Richter in leitenden Positionen hätten ihre juristische Ausbildung in kommunistischen Zeiten erhalten. Die dort erfahrenen Prägungen wirkten auch nach der Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen fort, sodass die Justiz bis heute zuvörderst bestrebt sei, Regierungspolitik durchzusetzen.

Vereinigtes Königreich – Behandlungsstopp: Vor dem für den heutigen Dienstag geplanten erneuten Entscheidung des britischen High Courts über den Behandlungsabbruch bei einem an einem seltenen Gendefekt leidenden Kleinkind haben dessen Eltern mitgeteilt, nicht mehr wie bislang eine weitere Behandlung erzwingen zu wollen. Es berichten SZ (Christina Berndt) und Welt (Stefanie Bolzen).

Sonstiges

Auto-Kartell: Offenbar ist der Daimler-Konzern VW mit einer Selbstanzeige bei den Wettbewerbsbehörden wegen möglicher Teilnahme an einem Kartell zuvorgekommen. Dies berichtet die SZ (Klaus Ott u.a.) exklusiv. Die Fallstricke des Kartellrechts und ihre besondere Bedeutung für den Automobilmarkt werden von der SZ (Wolfgang Janisch u.a.) erläutert. Die "Grenzen zulässiger Absprachen" zwischen Firmen sind auch Thema eines Interviews von zeit.de (Veronika Völlinger) mit Rechtsanwalt Philipp von Dietze.

Übersichten von SZ (Thomas Fromm/Wolfgang Janisch), spiegel.de (Florian Diekmann), focus.de (Antonia Schäfer) und taz (Christian Rath u.a.) erläutern Klagemöglichkeiten, den Ablauf eines Kartellverfahrens sowie die Höhe einer möglichen Strafe. Das Hbl (Ruth Berschens) stellt die für ihre harte Gangart bekannte EU-Wettbewerbs-Kommissarin Margrethe Vestager vor. In einem ausführlichen Interview mit dem Hbl (Stefan Menzel/Thomas Siegmund) nimmt der frühere Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) in seiner jetzigen Funktion als Präsident des Verbandes der Automobilindustrie Stellung zu den Kartellvorwürfen und der Bereitschaft betroffener Hersteller, für die Folgen der Abgas-Affäre aufzukommen. In einem Kommentar hält Ingo Arzt (taz) fest, dass VW ähnlich wie die Deutsche Bank "too big to fail" ist. Diese Größe erlaube es der Firma und den anderen mutmaßlichen Kartellanten, zu denen auch die Bundesregierung zu zählen sei, eine verfehlte und tatsächlich auch gesundheitsgefährdende Geschäftspolitik zu Lasten von Verbrauchern fortzusetzen.

Das Letzte zum Schluss

Phenylethylamin-/Lurch-Orthografie: Staatsanwaltschaften und Gerichte klagen regelmäßig über Arbeitsüberlastung. Nicht anders erklärt werden kann ein von lawblog.de (Udo Vetter) berichteter Strafbefehl, in dem einem Angeklagten vorgeworfen wurde, "Amphitamin" besessen sowie unter dem Einfluss von "Amphitamin" am Verkehr teilgenommen zu haben.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/mpi

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 25. Juli 2017: Justizreform gestoppt / Cumhuriyet-Prozess eröffnet / Auto-Kartell enttarnt? . In: Legal Tribune Online, 25.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23591/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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