Die juristische Presseschau vom 23. Juli 2014: Kranke dürfen Hanf anbauen – Schwesig darf wohl NPD attackieren – Josef S. darf nach Hause

23.07.2014

Geht es um wenige Einzelfälle oder ist es eine Weichenstellung? Das VG Köln hat chronisch Kranken den Anbau von Cannabis erlaubt. Außerdem in der Presseschau: Das BVerfG verhandelte über die Neutralität von Ministern, der NSU-Prozess wurde ohne Verteidigerwechsel fortgesetzt, ein Wiener Gericht verurteilte den deutschen Studenten Josef S. zu einer Bewährungsstrafe - und warum ein Schweizer Polizist wegen Falschparkens entlassen wurde.

Thema des Tages

VG Köln zu medizinischem Cannabisanbau: Chronisch Kranke, die zur Linderung ihrer Schmerzen Cannabis konsumieren dürfen, dürfen die Pflanzen auch zu Hause anbauen, wenn sie sich entsprechende Präparate aus der Apotheke nicht leisten können. Das entschied jetzt das Verwaltungsgericht Köln in drei Präzedenzfällen. Voraussetzung ist, dass es keine andere bezahlbare Therapiemöglichkeit gibt und dass die Plantage gegen fremden Zugriff gesichert ist. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es berichten unter anderem die FAZ (Helene Bubrowski) und spiegel.de (Nicola Kuhrt).

Daniela Vates (FR) kritisiert, dass chemische Schmerzmittel von den Krankenkassen bezahlt werden, die Cannabis-Blüten aber nicht. "Es ist also nur folgerichtig, wenn Gerichte nun Schmerzpatienten den Eigenanbau von Cannabis erlauben." Christina Berndt (SZ) hält das Urteil dagegen nicht für rundum zufriedenstellend: "Eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen wäre wohl der bessere Weg; auch weil die Eigenproduktion von Medikamenten grundsätzlich kein wünschenswerter Schritt ist." Daniel Deckers (FAZ) geht davon aus, dass das Urteil im Drogendiskurs große Bedeutung hat und warnt: "das Beispiel der Vereinigten Staaten lehrt, dass die Akzeptanz von Marihuana als 'Medizin' der vorletzte Schritt vor einer generellen Enttabuisierung des Cannabisgebrauchs ist."

spiegel.de (Nina Weber) beschreibt, bei welchen Krankheiten Cannabis helfen kann. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach fordert im Interview mit spiegel.de (Nicola Kuhrt), dass Krankenkassen die Kosten einer Cannabis-Versorgung für chronisch Kranke übernehmen sollen. "Es geht nur um eine kleine Gruppe, der alle anderen Medikamente und Therapien nicht helfen."

Rechtspolitik

Werkverträge: Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat angekündigt, dass noch in diesem Jahr die Vorarbeiten für ein Gesetz gegen den Missbrauch von Werkverträgen beginnen werden, meldet blog.beck.de (Markus Stoffels). Heribert Prantl (SZ) fordert ein Einschreiten des Gesetzgebers, "wo der Werkvertrag zum Einsatz kommt, um die eigenen Arbeitnehmer und deren Rechte auszubooten."

Asylbewerberleistungsgesetz: Die SZ (Heribert Prantl) beschreibt Kritikpunkte am Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Nahles zur Neuregelung des Asylbewerberleistungsgesetzs, mit dem ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2012 umgesetzt werden soll. Für geduldete Flüchtlinge gebe es weiter Leistungseinschränkungen von 40 Prozent, wenn ihr Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Außerdem erhielten Flüchtlinge weiterhin nur eine medizinische Minimalversorgung.

Abschiebehaft: Die taz (Konrad Litschko) gibt einen Überblick, wie die Bundesländer mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von voriger Woche umgehen, wonach Abschiebehaft in speziellen Einrichtungen vollzogen werden muss. Nur Sachsen-Anhalt habe seine Abschiebehäftlinge seither entlassen. Der Asyl-Anwalt Hubert Heinhold warnt im Interview mit der taz (Christian Jacob) vor den vom Innenministerium geplanten Ausweitungen der Haftgründe bei der Abschiebehaft. Dies werde zur Folge haben, dass normale Gefängnisse in Abschiebehaftanstalten umgewidmet werden müssen, weshalb am Ende Plätze in der Strafhaft fehlen werden.

Maut: In der FAZ geben die Anwälte Fritz von Hammerstein und Insa Nutzhorn einen Überblick über die zahlreichen europarechtlichen Probleme der geplanten PKW-Maut.

Maas: Justizminister Heiko Maas (SPD) erhielt von der Union progressiver Juden in Deutschland einen Preis für seine Verdienste bei der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit von Spitzenbeamten des Bundesjustizministeriums in der Nachkriegszeit, meldet die SZ.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 23. Juli 2014: Kranke dürfen Hanf anbauen – Schwesig darf wohl NPD attackieren – Josef S. darf nach Hause . In: Legal Tribune Online, 23.07.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12649/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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