Die juristische Presseschau vom 23. Februar 2016: Mid­del­hoff-Urteil rechts­kräftig / Bun­de­stro­janer im Ein­satz / Refe­ren­da­riat ohne Rechts­ex­t­remen

23.02.2016

Justiz

EuGH zu Inhaftierung von Asylbewerbern: Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Zulässigkeit einer Inhaftierung von Asylbewerbern unterzieht der wissenschaftliche Mitarbeiter Sebastian Leuschner (verfassungsblog.de) einer kritischen Würdigung. Problematisch sei vor allem der vom EuGH erneut aufgestellte Bezug zu einem aus Art. 6 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu folgernden Grundrecht auf Sicherheit.

BVerfG zu Völkerrecht und Demokratie: Auch das Hbl (Donata Riedel) berichtet nun zu der in der vorvergangenen Woche veröffentlichten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Vorrang einfacher Bundesgesetze gegenüber völkerrechtlichen Verträgen. Im Beitrag zitierte Steuerrechtsexperten kritisierten den Beschluss wegen entstandener Rechtsunsicherheit für international agierende Unternehmen.

BFH zu Abschlagszahlungen: Unter Wirtschaftsprüfern herrscht nach Bericht der FAZ (Manfred Schäfers) große Unsicherheit über die Buchung von Gewinnrealisierungen bei Werkverträgen. Grund sei ein Urteil des Bundesfinanzhofs aus dem Mai 2014, nach dem auch Abschlagszahlungen vor Abnahme des gesamtes Werkes als steuerpflichtige Gewinne zu verbuchen seien. Wirtschaftsvertreter bestünden auf der Besonderheit dieser Entscheidung, bislang beharre das Bundesfinanzministerium jedoch auf der Anwendbarkeit für alle Werkverträge.

LVerfG Brbg zu AfD: Vor dem Verfassungsgericht des Landes Brandenburg ist die AfD am vergangenen Freitag mit dem Anliegen gescheitert, den von ihr bevorzugten Kandidaten in die Parlamentarische Kontrollkommission zu entsenden. Wie lto.de meldet, habe das Gericht dabei aber angemahnt, dass es zu keiner ungerechtfertigten Beeinträchtigung des Vorschlagsrechts der im Landtag vertretenen Partei kommen dürfe. Kandidaten müsse die Chance eingeräumt werden, durch einen "persönlichen und aktuellen Eindruck" bei anderen Fraktionen um Unterstützung werben zu können.

OLG München – Spionage: Im vor dem Oberlandesgericht München laufenden Verfahren gegen einen BND-Mitarbeiter, dem Geheimnisverrat zugunsten des CIA vorgeworfen wird, hat ein psychiatrisches Gutachten keinerlei Einschränkungen der Schuldfähigkeit des Angeklagten ergeben. Die SZ (Hans Holzhaider) berichtet.

OLG München – NSU: In einem Kommentar zum NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München bezeichnet Hannelore Crolly (Welt) es als "seltsam", "wie viele junge Menschen aus dem rechten Umfeld eines überraschenden Todes sterben, weil sie die braunen Gefilde hinter sich lassen wollten". Dass auch der mittlerweile fünfte derartige Todesfall von Ermittlern schnell als natürlicher beziehungsweise selbst gewollter Tod eingeordnet wurde, ließe an der Ernsthaftigkeit von Versprechungen einer "vollständigen und bedingungslosen" Aufklärung des NSU-Komplexes zweifeln.

LAG B-B zu Mitarbeiterüberwachung: Rechtsanwältin Constanze Grosch (Handelsblatt-Rechtsboard) bespricht nun auch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg zur zulässigen Auswertung des Browserverlaufs eines gekündigten Arbeitnehmers. Für die erfolgte Zulassung der Revision sei auch die höchstrichterlich noch nicht entschiedene Frage einer Anwendbarkeit des Fernmeldegeheimnisses nach § 88 Telekommunikationsgesetz auf Arbeitgeber verantwortlich.

LG München I – Entführung: Wegen Entführung der Ehefrau eines Sparkassenmanagers muss sich ein 53-Jähriger vor dem Landgericht München I verantworten. Die bisherigen Prozesserkenntnisse haben nach Einschätzung der SZ (Christian Rost) eine reichlich dilettantische Tatausführung des Angeklagten belegt.

VG Minden zu Rechtsextremen: Auch im Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht Minden ist ein mehrfach vorbestrafter Rechtsextremer mit dem Anliegen gescheitert, sich die Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst zu erstreiten. Nach Auffassung des Gerichts sei der Diplom-Jurist unwürdig und charakterlich nicht zur Aufnahme in einen Ausbildungsgang, der die Befähigung zum Richteramt vermittle, geeignet, meldet lto.de.

Bund-Länder-Streit: Vor dem Bundesverfassungsgericht sind bislang 23 Bund-Länder-Streitverfahren verhandelt worden. In neun dieser Fälle bestand eine parteipolitische (Teil-)Identität der jeweiligen Landes- und der Bundesregierung. Zu diesen Erkenntnissen gelangt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, über das die SZ (Robert Roßmann) berichtet.

Syndikusanwälte: Seit Jahresbeginn ist das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusrechtsanwälte in Kraft. Rechtsanwältin Susanne Reinemann (anwaltskommunikation.de) legt dar, warum auch unter diesem neuen Recht die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt für Altfälle, d.h. Anwälte, die ihre Zulassung nach dem alten Recht bekamen und die bei einem nicht-anwaltlichen Arbeitgeber tätig sind, zulässig ist.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 23. Februar 2016: Middelhoff-Urteil rechtskräftig / Bundestrojaner im Einsatz / Referendariat ohne Rechtsextremen . In: Legal Tribune Online, 23.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18503/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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