Die juristische Presseschau vom 22. August 2014: Urteil im Zahngold-Fall – Waffenlieferungen und Bundestagsbeteiligung – Syndikus-Urteil veröffentlicht

22.08.2014

Mitarbeiter von Krematorien dürfen Zahngold nicht selbst einsacken und zu Geld machen – es steht dem Arbeitgeber zu. Außerdem in der Presseschau: bei Waffenlieferung an Kurden wird die Beteiligung des Bundestages gefordert, das BSG liefert Gründe zum Syndikus-Urteil, Malta verkauft EU-Pässe, ein Shakira-Song ist plagiiert und wie ein Mann per Facebook der Polygamie überführt wurde.

Thema des Tages

BAG zum Zahngold-Fall: Die Angestellten von Krematorien dürfen Zahngold eingeäscherter Toter nicht an sich nehmen und behalten. Das hat das Bundesarbeitsgericht am Donnerstag entschieden. Das Zahngold stehe zwar in niemandes Eigentum und sei damit herrenlos; Diebstahl am Zahngold scheide damit aus. Doch seien Beschäftigte verpflichtet, Wertgegenstände, die sie bei der Arbeit erlangen, dem Arbeitgeber zu überlassen. Im konkreten Fall hatte der Betreiber eines Krematoriums gegen einen ehemaligen Angestellten geklagt, der insgesamt 32 Kilogramm Zahngold zu Geld gemacht hatte – rund 270.000 Euro. Die SZ (Detlef Esslinger) und die Badische Zeitung (Christian Rath) berichten.

Für Detlef Esslinger (SZ) hat der Mann offensichtlich gegen jedes Scham- und Anstandsgefühl verstoßen. Doch sollen Zahngold und Prothesen wirklich mit der Urne begraben werden – und damit "Rohstoffe aufgegeben" werden, deren Abbau "immer auch eine Zerstörung von Natur bedeutet"? Esslinger schlägt vor: "Die Krematorien sollten die Metalle verkaufen und den Erlös entweder für gute Zwecke spenden oder den Erben geben."

Rechtspolitik

Waffenlieferungen und Bundestagsbeteiligung: Mit der Debatte um die Beteiligung des Bundestages an der vermutlich anstehenden Lieferung deutscher Waffen ins nordirakische Kriegsgebiet befassen sich das Handelsblatt (Till Hoppe), zeit.de und Die Welt. Die Entscheidung bleibe der Regierung vorbehalten, heißt es aus der Koalition; Linke und Grüne fordern ein Mitspracherecht des Bundestages.

Die Kommentare sprechen sich überwiegend für eine Beteiligung des Bundestages aus – abseits von juristisch "kalter, rein formaler Argumentation", wie Rüdiger Scheidges (Handelsblatt) meint. "Gegen den Geist der parlamentarischen Demokratie" verstößt für Heribert Prantl (SZ) eine Entscheidung ohne Beteiligung des Bundestages. Das Parlament müsse schließlich auch in den Einsatz deutscher Soldaten zustimmen – wie nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts über alle "wesentlichen Fragen". Und im Falle der Waffenlieferungen in den Nordirak sei die "Wesentlichkeit" offensichtlich. Für Berthold Kohler (FAZ) machen deutsche Waffenlieferungen an Peschmerga-Milizen diese zu einer Art "fernen Parlamentsarmee". Kein Wunder, dass es manchem dabei "etwas mulmig" werde, kommentiert Kohler.

Die taz (Christian Rath) erläutert die Rechtslage zum Rüstungsexport und meint, die Bundesregierung müsse diese Grundsätze "kreativ auslegen", weil Waffenlieferungen in Bürgerkriegsgebiete eigentlich nicht genehmigungsfähig seien.

Halterhaftung im Verkehrsrecht: Am vergangenen Montag wurde bekannt, dass die Bundesregierung offenbar über eine Halterhaftung für Straßenverkehrsverstöße nachdenkt. Konkret sollen Halter die Bearbeitungskosten für erfolglose Bußgeldverfahren aus dem fließenden Verkehr tragen. Anne Christine Herr zeigt auf lto.de die Grenzen dieses Vorhabens auf und resümiert: Eine Reform hätte "kaum weitreichende Auswirkungen".

Eckpunkte statt Gesetzentwürfe: Ob Erneuerbare-Energien-Gesetz, BAföG, Pkw-Maut oder die Digitale Agenda: Ihre Pläne präsentiert die schwarz-rote Bunderegierung nicht mehr in der sonst üblichen Form – nämlich als Gesetzentwürfe –, sondern fast nur noch als Ecktpunkte- und Info-Papiere. So beobachtet es Thomas Vitzthum (Die Welt), und er nennt das Phänomen "Eckpunkteritis". Vitzthum sieht die politische Willensbildung in Gefahr.

Kritik an Ceta: Im geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada finden sich weder Garantien für Arbeits- und Sozialstandards noch eine Menschenrechtsklausel. Und da der kürzlich bekannt gewordene Ceta-Vertragstext die "Blaupause für TTIP" sei, werde dort ebenfalls ein Passus über Menschenrechte fehlen, prophezeit Eric Bonse (taz).

IT-Sicherheitsgesetz und Digitalkonzept: Der Präsident des Cyber-Sicherheitsrates Arne Schönbohm äußert sich im Interview mit der SZ (Varinia Bernau) kritisch zum kürzlich vorgestellten Entwurf des IT-Sicherheitsgesetzes. Unter anderem bleibe der Gesetzentwurf "viel zu vage" hinsichtlich der Frage, wer eine "kritische Infrastruktur" betreibt. Constanze Kurz, Sprecherin des Chaos Computer Clubs, kritisiert in einem Beitrag für die FAZ, die Rolle von Geheimdiensten blieben im Digitalkonzept der Bundesregierung außen vor.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 22. August 2014: Urteil im Zahngold-Fall – Waffenlieferungen und Bundestagsbeteiligung – Syndikus-Urteil veröffentlicht . In: Legal Tribune Online, 22.08.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12967/ (abgerufen am: 16.04.2024 )

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