Die juristische Presseschau vom 22. November 2016: Volks­be­fra­gungen sind unzu­lässig / Rich­ter­da­ten­bank hilft Anwälten / Scharia-Polizei bleibt straflos

22.11.2016

Ministerpräsident Seehofer verliert vor dem bayerischen Verfassungsgerichtshof. Außerdem in der Presseschau: Die neue Datenbank Richterscore, BGH-Entscheidung im Fall Snowden, das Landgericht Wuppertal spricht "Scharia-Polizisten" frei.

Thema des Tages

BayVerfGH zu Volksbefragungen:  Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat die im Februar in Bayern eingeführte Möglichkeit zu konsultativen Volksbefragungen für nichtig erklärt. Auch eine unverbindliche Volksbefragung sei ein Akt der "Staatswillensbildung". Wenn der Gesetzgeber neben Volksbegehren und Volksentscheiden neue plebiszitäre Elemente der Staatswillensbildung einführe, sei dafür eine Grundlage in der Landesverfassung erforderlich, die jedoch fehle. Eine Änderung der Landesverfassung wäre auch erforderlich gewesen, weil die Volksbefragung das austarierte verfassungsrechtliche System zulasten der repräsentativen Demokratie verschiebe. Geklagt hatten die Landtagsfraktionen von SPD und Grünen. Sie hatten vor allem kritisiert, dass nur die Regierung, nicht aber die Opposition, eine Volksbefragung hätte ansetzen können. Daran übte der Verfassungsgerichtshof aber keine Kritik. Es berichtet die SZ (Wolfgang Wittl).

Heribert Prantl (SZ) freut sich über das Urteil: "Diese unverbindliche Volksbefragung ist nur ein vermeintlich bürgerfreundliches Instrument: Es missbraucht in Wahrheit den Bürger zur politischen Selbstbefriedigung des Regierungschefs." Jost Müller-Neuhof (Tsp) teilt auch die juristische Einschätzung der Richter: "Unverbindliche Bürgervoten sind eine Illusion im demokratischen Verfassungsstaat. Jede förmliche Abstimmung erzeugt Druck auf und Erwartungen an das politische Personal. Solche Eingriffe in das System bedürfen einer Grundlage im System selbst." Nun müsse neu darüber diskutiert werden, ob überhaupt zusätzliche plebiszitäre Elemente erforderlich seien.

Rechtspolitik

Bundeskartellamt: Nun beschreiben auch die SZ (Kristiana Ludwig) und die taz die von der großen Koalition geplante Erweiterung der Aufgaben des Bundeskartellamts um den Verbraucherschutz bei Internetfirmen.  Das Amt solle hierfür 50 bis 100 neue Stellen erhalten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 22. November 2016: Volksbefragungen sind unzulässig / Richterdatenbank hilft Anwälten / Scharia-Polizei bleibt straflos . In: Legal Tribune Online, 22.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21223/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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