Die juristische Presseschau vom 19. bis 21. November 2016: Pri­vate Auto­bahnen? / Reform der Juris­ten­aus­bil­dung? / Kar­tellamt für Ver­brau­cher?

21.11.2016

Der Plan zur teilweisen Privatisierung von Autobahnen ist vorerst gestoppt. Außerdem in der Presseschau: Die JMK setzt eine Reform der Juristenausbildung in Gang und die große Koalition plant Verbraucherschutz durch das Kartellamt.

Thema des Tages

Autobahnen: Die Privatisierungspläne für die Autobahnverwaltung sind vorerst gestoppt. Nach Darstellung der Montags-SZ (Cerstin Gammelin) habe sich das von Sigmar Gabriel (SPD) geleitete Wirtschaftsministerium in der laufenden Ressortabstimmung weitere Stellungnahmen vorbehalten. Der Streit entzünde sich an der Beteiligung privater Investoren an der geplanten Infrastrukturgesellschaft. Die angedachte Grundgesetzänderung analysiert die Samstags-SZ (Heribert Prantl) in einem ausführlichen Beitrag, der konstatiert, dass "nicht das zivilrechtliche, sondern das wirtschaftliche Eigentum" entscheidend sei.

Seine Kritik hält Heribert Prantl (Montags-SZ) in einem Kommentar aufrecht: wenn ermöglicht würde, "dass künftig eine GmbH oder eine AG in privater Hand ihre Geschäfte mit den Autofahrern machen darf", wäre dies "ein neuer Anlauf zur Privatisierung der Daseinsvorsorge". Verhindern ließe sich dies durch "einen klaren Satz" im Grundgesetz, nach dem auch bei einer Neuorganisation der Verwaltung der Autobahnen ihre rechtliche Zuordnung  zum Staat garantiert bleiben müsse. Nach dem Kommentar von Jakob Augstein (Spiegel) weist der Plan Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) als "Meister der Chuzpe" aus. Obwohl "die neoliberale Ideologie" mit der Finanzkrise "grandios gescheitert" sei, solle nun wieder eine Privatisierung als vermeintliche Lösung für unterlassene Investitionen herhalten. Dabei würde außer Acht gelassen, dass Autobahnen "keinem Konzern, keiner Versicherung, keinen Banken, keinen Aktionären, sondern einfach den Deutschen" gehörten.

Rechtspolitik

JMK-Beschlüsse: Die wichtigsten Beschlüsse der Justizministerkonferenz fasst lto.de zusammen. Einen vertieften Blick auf den am vergangenen Donnerstag ebenfalls abgesegneten Bericht des Koordinierungsausschusses zur Harmonisierung und Angleichung der Juristenausbildung (KOA) wirft ein weiterer Beitrag von lto.de (Marcel Schneider). Ein Fortsetzungsbericht der KOA stehe am Ende des Jahres an, anschließend würden die juristischen Fakultäten um Stellungnahmen gebeten.

Terrorismus-Richtlinie: Der informelle Trilog aus Rat, Kommission und Parlament hat am vergangenen Freitag die Anti-Terrorismus-Richtlinie beschlossen. Der kritische Bericht von netzpolitik.org (Markus Reuter) bemängelt unter anderem die in der Richtlinie enthaltene "vage und weite Definition von Terrorismus".

Leiharbeit: Die zum kommenden 1. April in Kraft tretende Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes soll die Praxis der Leiharbeit verändern und vor allem Missbräuchen vorbeugen. Rechtsanwalt Martin Gliewe untersucht auf lto.de, ob das Vorhaben diesem Anspruch gerecht wird und benennt dabei vor allem für die IT-Beratungsbranche erhebliche Risiken.

Kinderrechte: Aus Anlass des am gestrigen Sonntag begangenen Internationalen Tags der Kinderrechte fordert der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Thomas Krüger, in der Samstags-Welt die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz. Nur durch eine solche Aufnahme in "die normative Grundlage unserer Demokratie" ließe sich ein allgemeines Bewusstsein für die speziellen Bedürfnisse von Kindern und deren "Anspruch auf Anerkennung ihrer Individualität" entwickeln.

Arbeitszeit: In einem Interview mit der Samstags-FAZ (Heike Göbel/Sven Astheimer, Zusammenfassung) teilt Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) unter anderem ihre Bereitschaft mit, Arbeitszeitbestimmungen "auf der Basis tarifpartnerschaftlicher Verabredungen" lockern zu wollen.

Facebook-Regulierung: Selbstregulierung im Umgang mit rechtswidrigen Kommunikationsinhalten sozialer Netzwerke sei "zwar ein guter Gedanke", schreibt der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, in einem Gastbeitrag für die WamS. Sie ersetze aber nicht "die Verteidigung des Rechts mit den Mitteln der Rechtsordnung." Hier dürfte an Rechtsverschärfungen, etwa zu verbindlichen Verpflichtung, rechtswidrige Posts zu entfernen, "kein Weg vorbeigehen".

Verbraucherschutz: Nach Kenntnis der Montags-FAZ (Helmut Bünder, Zusammenfassung) plant die Regierungskoalition, die Kompetenzen des Bundeskartellamts zu erweitern. Das Amt solle zu einer Verbraucherschutzbehörde für das Internet ausgebaut werden. In einem separaten Kommentar begrüßt Helmut Bünder (Montags-FAZ) die Pläne. Angesichts zahlreicher "Fallstricke" im Netz sei es überfällig, der Behörde "mehr Durchgriffsrechte gegen Internetunternehmen" einzuräumen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 19. bis 21. November 2016: Private Autobahnen? / Reform der Juristenausbildung? / Kartellamt für Verbraucher? . In: Legal Tribune Online, 21.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20879/ (abgerufen am: 18.04.2024 )

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