Die juristische Presseschau vom 21. Juli 2016: Aus­nah­me­zu­stände / Gekaufter Ent­las­tungs­zeuge / MdB Hinz ohne Staats­examen

21.07.2016

Die Türkei hat den Ausnahmezustand verhängt, Frankreich hat ihn verlängert. Außerdem in der Presseschau: Am LG München hat sich ein Entlastungszeuge als gekaufter Lügner entpuppt und die SPD-Abgeordnete Petra Hinz ist keine Juristin.

Thema des Tages

Türkei - Ausnahmezustand: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat auf Grundlage von Art 120 der türkischen Verfassung einen dreimonatigen Ausnahmezustand verhängt. Begründung: der Militärputsch sei möglicherweise noch nicht zu Ende. Das meldet zeit.de. Danach könnte der türkische Präsident per Dekret regieren, Ausgangssperren verhängen, Demonstrationen und Kundgebungen verbieten sowie Presseerzeugnisse zensieren oder verbieten lassen. Außerdem könnte Erdoğan den Verkehr an Land, auf See und in der Luft kontrollieren lassen. Am heutigen Donnerstag befasst sich das türkische Parlament mit dem Ausnahmezustand. Es könnte ihn aufheben, aber auch die Dauer verändern.

Türkei - Ausreisefreiheit: Das Ausreiseverbot für türkische Wissenschaftler verstößt gegen das 4. Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Die Türkei habe das Zusatzprotokoll zwar unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert*, hat verfassungsblog.de (Maximilian Steinbeis) recherchiert.

Frankreich - Ausnahmezustand: Das französische Parlament hat in der Nacht zu Mittwoch zum vierten Mal den Ausnahmezustand verlängert, diesmal um sechs Monate. Ermittler dürfen wieder ohne richterlichen Beschluss Häuser und Fahrzeuge durchsuchen und die Computer und Telefone auswerten, die sie dabei sicherstellen, berichtet die SZ (Leo Klimm). Eigentlich sollte vor dem IS-Anschlag von Nizza der Ausnahmezustand aufgehoben werden.

Rechtspolitik

Sexualstrafrecht/Stalking: Die Rechtsprofessorin Tatjana Hörnle verteidigt in einem FAZ-Gastbeitrag das Anfang Juli im Bundestag beschlossene neue Sexualstrafrecht. Der Richter Markus Löffelmann kritisiert in einem weiteren FAZ-Gastbeitrag dieses Gesetz, indem er zahlreiche Konstellationen aufzählt, die nun strafbar werden, obwohl er sie nicht für strafwürdig hält. Wenn etwa ein Partner während des Geschlechtsverkehrs bittet, aufzuhören und der andere Partner dem nicht sofort nachkomme, könne dies nun als Vergewaltigung bestraft werden. In einem Interview mit der Zeit (Anna Kunze) kritisiert auch die Juniorprofessorin Elisa Hoven das neue Sexualstrafrecht. Es werde zu Enttäuschungen führen, weil Beweisprobleme bestehen bleiben. Sie lobt allerdings den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verschärfung des Stalking-Paragraphen. Auch starke Frauen, die ihr Leben nicht ändern, müssten gegen Stalker geschützt werden.

Automatisiertes Fahren: Die Anwältin Christine Heeg schlägt ein eigenes Gesetz zum automatisierten Fahren vor. Darin solle die Haftung der Hersteller und der Fahrzeughalter geregelt werden, berichtet das Hbl (Daniel Delhaes). Die Zeitung zeichnet auch die Diskussion um einen Gesetzentwurf von Verkehrsminister Dobrindt nach, der unter anderem eine unbeschränkte Herstellerhaftung vorschlägt.

* Dieser Satz wurde auf Hinweis des Autors (s.u. bei Kommentare) korrigiert.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 21. Juli 2016: Ausnahmezustände / Gekaufter Entlastungszeuge / MdB Hinz ohne Staatsexamen . In: Legal Tribune Online, 21.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20066/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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