Die juristische Presseschau vom 21. April 2016: BKA-Gesetz ver­fas­sungs­widrig / Schützt BAW V-Mann? / EU gegen Google

21.04.2016

Das BKA-Gesetz ist teilweise verfassungswidrig. Außerdem in der Presseschau: Streit im NSU-Prozess um die Vernehmung eines V-Manns, sollen Preise im Internet kontrolliert werden, und missbraucht Google Android Marktmacht?

Thema des Tages

BVerfG zum Bundeskriminalamt: An insgesamt elf Punkten muss das BKA-Gesetz von 2009 nachgebessert werden, entschied das Bundesverfassungsgericht am gestrigen Mittwoch. Verfassungswidrig seien unter anderem der mangelnde Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung, die Unterscheidung von Strafverteidigern und sonstigen Anwälten beim Berufsgeheimnisträgerschutz, die Zulässigkeit von Ermittlungen ohne Anhaltspunkte für eine Straftat, Datenauwertungs- und Datenübermittlungsregeln – auch bei der Auslandsübermittlung – und mangelnde Transparenz und Prüfung des BKA. Zwei Normen wurden für nichtig erklärt, darunter die Wohnungsüberwachung bei Kontaktpersonen, die selbst nicht unter Terrorismusverdacht stehen. Bei den anderen beanstandeten Paragrafen stellte das Gericht fest, diese seien zu unbestimmt oder bräuchten mehr flankierende Regeln zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit – sie gelten mit Einschränkungen fort. Drei der acht Verfassungsrichter stimmten gegen das Urteil. Es berichten lto.de (Constantin van Lijnden), die SZ (Wolfgang Janisch), die FAZ (Helene Bubrowski), netzpolitik.org (Constanze Kurz) und swr.de (Gigi Deppe) Eine Auflistung, auf welche Lebensbereiche sich das Urteil auswirkt, geben die taz (Christian Rath) und spiegel.de (Jörg Diehl/Dietmar Hipp).

Christian Bommarius (BerlZ) sieht eine gravierende Bedeutung nicht nur für das Gesetz, "sondern für die gesamte Sicherheitsarchitektur, die nach diesem Urteil etlicher Umbaumaßnahmen bedarf." Jost Müller-Neuhof (Tsp) ist der Ansicht, dass der Gesetzgeber vor allem "datenschutzrechtliche Gesamtzusammenhänge" übersehen habe. Heribert Prantl (SZ) meint, das Gericht "ordnet einen an Grundrechten und rechtsstaatlichen Prinzipien orientierten Rückbau der Sicherheitsgesetze an" und "schützt den Bürger vor digitaler Inquisition und vor Überwachungsexzessen." Reinhard Müller (FAZ) bemängelt, das Urteil mache "detailverliebte Vorgaben, die nicht nur dem Gesetzgeber (scheinbar) die Arbeit abnehmen, sondern auch einer wirksamen Gefahrenabwehr entgegenstehen können." Im Leitartikel des Hbl bezeichnet es Till Hoppe als "fragwürdig", "Sicherheitsbehörden die Arbeit ohne Not zu erschweren".

Mit derzeit möglichen Überwachungstechniken befasst sich die SZ (Johannes Boie). Die FAZ (Jasper von Altenbockum) porträtiert BKA-Chef Holger Münch.

Rechtspolitik

Werbeverbot für Tabakwaren: Nachdem bereits Ende Mai dieses Jahres Schockbilder und Warnhinweise auf Zigarettenschachteln vorgeschrieben sein werden, soll nun zudem ab 2020 Zigarettenwerbung auf Plakaten und im Kino verboten werden. Das Bundeskabinett hat am gestrigen Dienstag einen diesbezüglichen Gesetzesentwurf beschlossen, berichtet lto.de. Kritiker warnen, dass weitere Verbote für "gesellschaftlich unerwünschtes Verhalten und gesundheitlich riskante Produkte" folgen könnten.

"Referenzpreis": Der Vorsitzende der Verbraucherschützerkonferenz von Bund und Ländern fordert Maßnahmen gegen "individualisierte" Preise im Online-Handel, berichtet die FAZ (Joachim Jahn). Beim Internet-Einkauf könne der digital angezeigte Preis ohne weiteres an den potenziellen Käufer angepasst werden, indem etwa Wohnort und Computermarke berücksichtigt würden. In der Tourismusbranche werde dieses Vorgehen auch genutzt.

§ 103 StGB: Nach dem Willen der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Hamburg soll der umstrittene Straftatbestand, der die Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter besonders bestraft, schon bald kippen. Beide Länder wollen hierfür in der Bundesratssitzung Mitte Mai Initiativen vorbringen, um das Verfahren gegen Satiriker Jan Böhmermann abzuwenden, meldet die SZ.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 21. April 2016: BKA-Gesetz verfassungswidrig / Schützt BAW V-Mann? / EU gegen Google . In: Legal Tribune Online, 21.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19065/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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