Die juristische Presseschau vom 12. Februar 2019: Pro­zess gegen kata­la­ni­sche Sepa­ra­tisten / CDU/CSU planen Asyl­rechts­än­de­rungen / Ver­fahren zur Influ­en­z­er­wer­bung

12.02.2019

In Madrid beginnt der Prozess gegen katalanische Separatisten. Außerdem in der Presseschau: Union einigt sich in Werkstattgesprächen auf Änderungen im Asylrecht und das LG München I prüft, ob Influenzer-Tätigkeit Werbung darstellt.

Tagesthema 

Spanien – Katalanische Rebellion: Vor dem Obersten Gericht in Madrid wird ab morgen über zwölf katalanische Separatisten wegen ihrer Beteiligung an den Unabhängigkeitsbestrebungen im Oktober 2017 verhandelt. Ihnen werden Aufstand, schwerer Ungehorsam, Rebellion und die Veruntreuung öffentlicher Gelder vorgeworfen, wobei sich die Strafforderungen der Staatsanwaltschaft auf 17 bis 25 Jahre Freiheitsstrafe belaufen. Kritisiert werde insbesondere der Vorwurf der Rebellion, der sich eigentlich auf militärische Putschversuche beziehe. Es berichten FAZ (Hans-Christian Rößler), taz (Reiner Wandler) und Welt (Ute Müller).

Auf verfassungsblog.de legt der spanische Professor für Verfassungsrecht Joaquin Urias (in englischer Sprache) dar, warum einige Aspekte der Anklage rechtlich zweifelhaft seien. Er vertritt darüber hinaus die Auffassung, dass das Verfahren von grundlegender verfassungsrechtlicher Relevanz dafür sei, was aus der Entwicklung Spaniens von einem Zentralstaat hin zu einem föderalistischen System werde.

Rechtspolitik

Asylrechtsverschärfungen: Wie unter anderem zeit.de und SZ (Robert Roßmann) berichten, haben sich CDU- und CSU-Politiker im Rahmen ihrer Werkstattgespräche auf Vorschläge für Asylrechtsänderungen geeinigt, die insbesondere das Asylverfahren betreffen. Geeinigt habe man sich dabei unter anderem auf Verfahrensbeschleunigungen, die Beschränkung auf eine Instanz im Asylprozess, härtere Strafen für Falschangaben, erweiterte Befugnisse für die Bundespolizei und eine stärkere Zentralisierung der Unterbringung von Asylsuchenden.

EU-Urheberrechtsreform: Im Verfahren der Urheberrechtsreform auf europäischer Ebene zeichnet sich eine Einigung zwischen Deutschland und Frankreich ab. Danach sollen laut lto.de kleinere und jüngere Plattformen von den Regelungen teilweise ausgenommen sein.

Wahlrecht:  In einem Gastbeitrag für die SZ spricht sich der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung, Jürgen Dusel, dafür aus, dass Menschen, die unter Betreuung stehen, zukünftig nicht mehr in ihrem Wahlrecht eingeschränkt sein sollen. Er weist auf den Widerspruch mit der UN-Behindertenrechtskonvention hin und spricht sich gegen die derzeit geplante Einführung von sogenannten "Wahlreifeprüfungen" durch Richter aus. 

Brandenburgisches Polizeigesetz: Die taz (Michael Bartsch) stellt die Pläne zur Änderung des brandenburgischen Polizeigesetzes vor. Danach sollen insbesondere die Eingriffsbefugnisse zum Einsatz technischer Überwachungsmittel zu präventiven Zwecken erweitert werden.

Versicherungsvergütung: Laut FAZ (Philipp Krohn) plant die Bundesregierung ein Gesetz zur Begrenzung der Vergütung für Versicherungsvermittlungen. Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Hans-Jürgen Papier zweifele in einem Gutachten die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens an. Rechtsprofessor Hans-Peter Schwintowski habe sich skeptisch zur Europarechtsmäßigkeit geäußert. Laut Papier liegen ein ungerechtfertigter Eingriff in die Vertragsfreiheit und ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor. 

Lobbyismus: Patrick Schnieder, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, beschäftigt sich in einem Gastbeitrag in der FAZ mit Möglichkeiten zur Regulierung von Lobbyismus. Er spricht sich für ein umfangreicheres Lobbyverzeichnis und einen Verhaltenskodex für Lobbyisten aus, ähnlich dem Pressekodex. Bei einer zu starken Überwachung sieht er jedoch die Gefahr, dass der ungehinderte Austausch mit den Parlamentariern und damit ihr freies Mandat beeinträchtigt würde. 

Computerstrafrecht: Das Hessische Justizministerium plant eine Initiative zur Erweiterung der strafrechtlichen Verfolgung von Cyberattacken. Es soll demnach der neue Straftatbestand des "digitalen Hausfriedensbruches" geschaffen werden, der im Strafmaß einem Einbruchsdiebstahl gleichgestellt werden soll. Es berichtet das Handelsblatt (Dietmar Neuerer).

Justiz

EuGH – Arbeitszeiterfassung: Die Arbeitsrechtsanwälte Wolfgang Lipinski und Florian Denninger stellen auf lto.de die arbeitsrechtlichen Folgen der Auffassung dar, die der EuGH-Generalanwalt in seinem Schlussantrag in der Rechtssache "Federación de Servicios de Comisiones Obreras gegen Deutsche Bank SAE" vertreten hat. Danach sollen Unternehmen verpflichtet sein, die effektive tägliche Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter zuverlässig zu dokumentieren, um die Einhaltung von Arbeitszeitbegrenzungen sicherzustellen. Diese Auffassung würde insbesondere auch zur Unionsrechtswidrigkeit der deutschen Rechtslage führen, die eine solche Erfassung nicht vorsieht.

BGH zur Reichweite von Organhaftung: Auf community.beck.de thematisiert Rechtsanwalt Achim Kirchfeld ein im November ergangenes Urteil des Bundesgerichtshofs zur Organhaftung. Der BGH hatte darin die Voraussetzungen präzisiert, unter denen sich ein Geschäftsführer darauf berufen kann, dass Schäden im Ressort seines Mitgeschäftsführers aufgetreten sind, für das er selbst nicht verantwortlich ist.

BAG zu Aufhebungsverträgen: Mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Anwendbarkeit von verbraucherrechtlichen Widerrufsvorschriften auf arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge befasst sich nun auch der Arbeitsrechtsprofessor Christian Rolfs auf community.beck.de. Er wirft die Frage auf, welche Reichweite das vom Bundesarbeitsgericht statuierte "Gebot des fairen Verhandelns", das hier womöglich verletzt war, in Zukunft entwickeln wird.

LG Dortmund zu Kik: Nach der Abweisung der Klage von Hinterbliebenen der Opfer eines Fabrikbrands in Bangladesch gegen den Textilhersteller Kik planen diese nun vor dem Oberlandesgericht Hamm in Berufung zu gehen. Das Landgericht Dortmund war davon ausgegangen, dass die Ansprüche nach Ablauf der in Bangladesch geltenden zweijährigen Verjährungsfrist nicht mehr durchsetzbar sind, Die Klagenden vertreten nun die Auffassung, dass es sich bei einer Vereinbarung mit Kik aus dem Jahr 2014 um eine Teilrechtswahl für deutsches Verjährungsrecht gehandelt habe, so FAZ (Christine Scharrenbroch) und FR (Tobias Schwab).

Über das Vorhaben der Bundesregierung, mit einem "Wertschöpfungskettengesetz" Unternehmen, die im Ausland produzieren, strengere Sorgfaltspflichten aufzuerlegen, berichtet die taz (Hannes Koch).

LG München I – Influenzerwerbung: Über die gestrige mündliche Verhandlung vor dem Landgericht München I berichten unter anderem SZ (Stephan Handel), FAZ (Julia Anton), Welt (Philipp Vetter) und lto.de. Geklagt hatte der Verband Sozialer Wettbewerb gegen die Influenzerin Cathy Hummels wegen unlauteren Wettbewerbs. Der Verband wirft ihr vor, nicht ausreichend zu kennzeichnen, dass sie in ihren Posts Werbung macht. Hummels gab an, sich keiner Schuld bewusst zu sein und keine Gegenleistungen für ihre Produktnennungen erhalten zu haben. Mangels Gegenleistung liege demnach auch keine Werbung vor. Das Gericht folgte zudem der Auffassung, dass sich die 465.000 Follower von Hummels nicht als deren Freunde ansähen, sondern der Account einen offensichtlich kommerziellen Zweck verfolge. Sofern der Verband keine Zeugen für Gegenleistungen der genannten Unternehmen finden könne, sei daher davon auszugehen, dass das Gericht die Klage abweisen wird.

LG München I zum Filmen auf Demonstration: Das Landgericht München I hat eine Demonstrantin wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes verurteilt. Die Frau hatte Beamte am Rande einer Demonstration bei einem ihrer Meinung nach rechtswidrigen Polizeieinsatz gefilmt. Dabei zeichnete sie auch ein dienstliches Gespräch der Beamten auf, was nach Ansicht der Richter die Verurteilung rechtfertigte, wie focus.de berichtet.

LG Berlin – "Ku'damm-Raserprozess": Über neue Entwicklungen im Prozess gegen zwei Teilnehmer eines illegalen Straßenrennens in Berlin, in dessen Folge ein Unbeteiligter starb, berichtet spiegel.de (Wiebke Ramm). Die Verurteilung wegen Mordes war durch den Bundesgerichtshof aufgehoben worden, da dieser den bedingten Tötungsvorsatz als nicht erwiesen ansah. Vor Gericht wurde nun eine psychologische Sachverständige gehört, die sich, wie in ihrem ursprünglichen Gutachten vor zwei Jahren, gegen einen bedingten Vorsatz aussprach. Diese Einschätzung widerspricht jedoch ihren Aussagen in einem Interview, das sie 2018 "zeit.de" gegeben hatte.

LG Stuttgart  Rüstungsexporte: Kommende Woche soll das Urteil gegen Heckler & Koch-Mitarbeiter ergehen, denen vorgeworfen wird, Waffenverkäufe in Regionen Mexikos ermöglicht zu haben, für die keine Exportgenehmigung des Bundeswirtschaftsministeriums vorlag. Laut taz (Wolf-Dieter Vogel) zeigten die im Rahmen des Verfahrens ermittelten Details, dass die Kontrolle von Rüstungsexporten in Deutschland unzureichend ausgestaltet ist. 

Justizüberlastung: Die Welt (Timo Stukenberg) widmet sich der Überlastung der deutschen Strafgerichte. Als Ursache würden der Personalmangel und eine antiquierte Strafprozessordnung angesehen, deren restriktive Vorgaben immer wieder Verfahren platzen ließen. Zudem drohe in den nächsten Jahren eine Verschärfung der Lage wegen der Pensionierungswelle in Ostdeutschland.

Asylsenat: Laut lto.de plant das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz die Einrichtung des deutschlandweit ersten reinen Asylrechtssenats.

Recht in der Welt

Venezuela – Präsidentschaft: Die SZ (Boris Herrmann) interviewt den venezolanischen Völkerrechtler Héctor Faúndez Ledesma zu der Frage, wer der derzeitige Präsident von Venezuela sei. Er differenziert dabei zwischen der Frage, wessen Machtanspruch legitim ist und wer nach dem völkerrechtlichen Effektivitätsgrundsatz tatsächlich die Kontrolle im Land ausübt. 

Sonstiges

Kopftuchverbot: Auf verfassungsblog.de nimmt die Wissenschaftliche Mitarbeiterin Shino Ibold die Vorlage des Bundesarbeitsgerichts an den Europäischen Gerichtshof zur Zulässigkeit eines Kopftuchverbots zum Anlass, die bisherigen Rechtsprechungslinien des Bundesverfassungsgerichts und des EuGH zu Kopftuchverboten nachzuzeichnen und die Schutzniveaus der beiden Gerichte zu vergleichen. 

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. 

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/asp

(Hinweis für Journalisten)

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 12. Februar 2019: Prozess gegen katalanische Separatisten / CDU/CSU planen Asylrechtsänderungen / Verfahren zur Influenzerwerbung . In: Legal Tribune Online, 12.02.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33795/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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