Die juristische Presseschau vom 11. August 2017: Schein­selb­stän­dig­keit im Bun­destag / Ums­trit­tener Frak­ti­ons­wechsel / Legaler Spio­na­ge­flug

11.08.2017

Der Bundestag hat laut dem Landessozialgericht Berlin jahrelang Scheinselbständige beschäftigt. Außerdem in der Presseschau: Kritik am Fraktionswechsel von Elke Twesten und Russland spioniert Washington aus.

Thema des Tages

LSG Berlin zu Scheinselbständigkeit im Bundestag: Der Bundestag hat jahrelang Mitarbeiter als Scheinselbständige beschäftigt. Das hat das Landessozialgericht Berlin entschieden. Geklagt hat ein ehemaliger Öffentlichkeitsarbeiter, der auf Messen und Ausstellungen das Parlament vorstellte. Laut Landessozialgericht habe er dabei kein eigenes Risiko getragen und keine eigenen Mittel eingesetzt. Zudem seien Details der Tätigkeit einseitig vorgegeben worden, sodass der Mitarbeiter als Arbeitnehmer einzustufen sei. Nach Informationen der SZ (Thomas Öchsner) geht es um mehr als 100 Fälle. Die Bundestagsverwaltung habe bereits 3,5 Millionen Euro an Sozialbeiträgen an die Deutsche Rentenversicherung nachzahlen müssen.

In einem gesonderten Kommentar schreibt Thomas Öchsner (SZ), der Bundestag habe seine Vorbildfunktion verletzt. Wenn sich das Parlament nicht an die eigenen Gesetze halte, mache es sich unglaubwürdig. Statt sich einsichtig zu zeigen und die Mitarbeiter anzustellen, führe der Bundestag einen juristischen Kleinkrieg, die Abgeordneten sollten einschreiten.

Rechtspolitik

Vermögensabschöpfung: Der Rechtsanwalt Philip von der Meden kritisiert in der SZ die jüngst in Kraft getretene Reform der Vermögensabschöpfung. Danach könne in Zukunft schon der Verdacht einer Vermögensstraftat die Einziehung des Vermögens rechtfertigen. Dies stelle eine "deutliche Abkehr von der Unschuldsvermutung, rechtsstaatlichen Beweislastregeln und dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung" dar. Die Vermögensabschöpfung werde jedenfalls dann zu einer Strafe, wenn sie an Unschuldigen vollzogen würde.

Krankenhausfinanzierung: Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Anika Klafki befasst sich auf juwiss.de mit verschiedenen Modellen der Krankenhausfinanzierung. Die derzeitige duale Finanzierung, bei der die Investitionen von den Ländern und die Behandlungskosten von den Krankenkassen getragen werden, führe zu einem Investitionsstau einerseits und Anreizen zu Übertherapie andererseits. Die alleinige Finanzierung durch die Krankenkassen würde einen "völligen Rückzug des Politischen aus der stationären Gesundheitsversorgung" bedeuten. Die Finanzierung nur durch die Länder sei nicht vorstellbar. Denkbar sei jedoch eine Beteiligung der Länder an den Betriebskosten.

Gesichtserkennung: Neben dem Probebetrieb von Überwachungskameras mit Gesichtserkennung am Berliner Südkreuz-Bahnhof hat das Bundeskriminalamt den Abgleich von Bildern mit Staatsschutzdateien geprobt. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage hervor, über die netzpolitik.org (Matthias Monroy) berichtet. Die Ergebnisse würden noch ausgewertet.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 11. August 2017: Scheinselbständigkeit im Bundestag / Umstrittener Fraktionswechsel / Legaler Spionageflug . In: Legal Tribune Online, 11.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23909/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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