Die juristische Presseschau vom 28. Juli 2017: Gefähr­dern droht Abschie­bung / Arbeits­über­wa­chung beschränkt / Raser­ur­teil ange­fochten

28.07.2017

Justiz

BAG zur Arbeitnehmerüberwachung: Arbeitgeber dürfen nur dann die Computertätigkeit ihrer Mitarbeiter überwachen, wenn konkrete Tatsachen den Verdacht einer Straftat oder schwerwiegenden Pflichtverletzung begründeten. Verwende ein Arbeitgeber in anderen Fällen sogenannte "Keylogger", eine Spähsoftware, welche die Tastatureingaben aufzeichnet, verletzte er das Recht auf informationelle Selbstbestimmung seines Arbeitnehmers, entschied das Bundesarbeitsgericht und hob damit eine fristlose Kündigung auf. Darüber und über die Hintergründe der Kündigungsschutzklage informieren taz (Christian Rath), FAZ (mj.), die Welt (Stephan Maaß), SZ (Detlef Esslinger) und netzpolitik.org (Markus Reuter). Die Anwälte Wolf-Tassilo Böhm und Lukas Ströbel befassen sich für lto.de ausführlich mit der Argumentation des Gerichts.

LG Berlin zu Rasern: Die Verteidigung der wegen Mordes verurteilten Raser hat beim Bundesgerichtshof Revision eingelegt, meldet spiegel.de und erinnert an den Fall. Die Anwälte hatten bereits im Verfahren vor dem Landgericht Berlin argumentiert, es liege mangels Tötungsvorsatz eine fahrlässige Tötung vor.

OLG München – NSU: Die Tatsache, dass Zschäpe das NSU-Bekennervideo nach dem Tod von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhart veröffentlicht habe, indiziere ihre Mittäterschaft, erläuterte Oberstaatsanwältin Anette Greger in der Fortsetzung des Plädoyers im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München. Bezüglich möglicher Hintermänner zeigten sich erneut die Differenzen zwischen Anklage und Nebenklage. spiegel.de (Julia Jüttner) und FAZ (Karin Truscheit) berichten. Am kommenden Montag wird das Plädoyer weitergeführt. Die SZ (Annette Ramelsberger) stellt auch das Konzept des Nebenklageplädoyers vor. Die taz (Konrad Litschko) schildert den geplanten Ablauf der Plädoyers – das Verfahren werde noch dauern.

EuGH zu Flüchtlingen: Der wissenschaftliche Mitarbeiter Ferdinand Weber bespricht auf verfassungsblog.de Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zum Thema Flüchtlinge mit besonderem Blick auf die Entscheidungsbegründungen. Er erörtert, ob das Gericht berücksichtige, "mit Blick auf den Gedanken der Gewaltenteilung nicht zu weit zu gehen, aber dennoch den Handlungsdruck auf die verantwortliche politische Ebene zu erhöhen".

BVerfG zu Kanzleidurchsuchung: Auch die taz (Christian Rath) berichtet nun, dass die Staatsanwaltschaft München II die von der Kanzlei Jones Day beschlagnahmten Unterlagen zum Audi-Abgasskandal vorerst nicht auswerten darf. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht in einem Eilverfahren. Der Mutterkonzern VW hatte die Kanzlei damit beauftragt, die Hintergründe des Dieselskandals aufzuklären.

OLG Düsseldorf zu Sven Lau: Die Verteidiger des islamistischen Predigers Sven Lau sind gegen das Urteil in Revision gegangen, so die FAZ und spiegel.de. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte Lau als Terrorhelfer zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt.

EuGH zu Fluggastdatenrichtlinie: "Wie oft wollen die EU-Mitgliedstaaten mit ihren Vorratsdatenfantasien eigentlich noch am EuGH scheitern?", fragt Patrick Beuth (zeit.de). Er zeichnet nach, welche Maßnahmen zur Vorratsdatenspeicherung bereits in Luxemburg scheiterten und warum nun die Fluggastdatenrichtlinie folgte. Er prognostiziert einen entsprechenden Ausgang für die Abkommen mit den USA und Australien.  

Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff (CDU) fordert anlässlich der EuGH-Entscheidung, dass die deutsche Rechtslage geändert werde. Es brauche klare Regelungen dazu, wie die Daten von Passagieren während ihres Aufenthalts verwendet werden dürfen und Verfahrenssicherungen, meldet die FAZ (Hendrik Wieduwilt).

Verdacht des Auto-Kartells: Rechtsprofessor Rupprecht Podszun erklärt auf lto.de, warum es – trotz der Kronzeugenanträge – noch unklar sei, ob tatsächlich ein Kartell vorliege. Er geht zudem auf kartellrechtliche Grundlagen und Besonderheiten bei Auto-Kartellen ein.

Drei US-Kunden wollen in einer Sammelklage gegen die von Kartellvorwürfen betroffenen Autounternehmen Schadensersatz erstreiten, lassen die Welt (Philipp Vetter) und die SZ (Stefan Mayr) wissen. Die Beklagten hätten mit Absprachen zu Preisen und Abgastechnik US-Wettbewerbsrecht verletzt.

BGH – Volker Beck: Der Europäische Gerichtshof wird sich auf Vorlage des Bundesgerichtshofs mit Urheberrechtsfragen um die Klage Volker Becks gegen den Verlag von "Spiegel Online" befassen. Die Nachrichten-Webseite hatte ohne Einverständnis des "Grünen"-Politikers und ohne dessen Hinweis auf Distanzierung das Originalmanuskript eines Buchbeitrags veröffentlicht, in dem Beck gefordert hatte, gewaltfreien Sex mit Kindern teilweise zu entkriminalisieren, schreibt die taz (Christian Rath).

VGH Mannheim – Kachelmann: Die Staatsanwaltschaft Mannheim darf in Zukunft nicht mehr behaupten, DNA-Spuren an einem angeblichen Tatmesser stammten von Jörg Kachelmann. Eine entsprechende Unterlassungserklärung ist das Ergebnis eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim, melden FAZ und spiegel.de.

BVerfG zu Tarifeinheit: Das Bundesverfassungsgericht habe mit seiner jüngsten Entscheidung zur Tarifeinheit nicht nur die Grenzen verfassungsgemäßer Rechtsfortbildung überschritten, sondern auch den Berufsgewerkschaften angemessenen Schutz verwehrt, erläutert Rechtsstudent Jonas Freese auf juwiss.de ausführlich. Er mutmaßt, dass hier politische Einschüchterungsversuche fruchteten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 28. Juli 2017: Gefährdern droht Abschiebung / Arbeitsüberwachung beschränkt / Raserurteil angefochten . In: Legal Tribune Online, 28.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23689/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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