Auf Bitte des BVerfG hat der Bundespräsident die Ausfertigung von Patentgesetzen ausgesetzt. Außerdem in der Presseschau: Der EGMR verweist entlassenen türkischen Lehrer auf den Rechtsweg und Trump ist Korruptionsvorwürfen ausgesetzt.
Thema des Tages
BVerfG – EU-Patent: Der Bundespräsident hat nach Informationen der FAZ (Hendrik Wieduwilt) die Ausfertigung der Gesetze für eine EU-Patentrechtsreform und ein einheitliches europäisches Patentgericht ausgesetzt, nachdem er vom Bundesverfassungsgericht darum gebeten wurde. Die Bitte sei zunächst mündlich, dann schriftlich übermittelt und vor dem Hintergrund einer Verfassungsbeschwerde geäußert worden, die das Bundesverfassungsgericht "nicht von vornherein für aussichtslos" halte. Ohne die Ausfertigung kann das EU-Einheitspatent nicht in Kraft treten. Auch lto.de berichtet.
Rechtspolitik
Innere Sicherheit: Im Vorfeld der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern werden Forderungen zur Verbesserung der inneren Sicherheit erhoben. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) fordert die bundesweite Einführung der sogenannten Schleierfahndung, für die es in Berlin, Bremen und Nordrhein-Westfalen noch keine Rechtsgrundlage gibt. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) schloss sich der Forderung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière an, Messenger-Nachrichten wie SMS zu überwachen. Die Grünen-Politiker Irene Mihalic und Konstantin von Notz forderten, die bisherigen Verfassungsschutzämter durch einen "einzigen Inlandsgeheimdienst zur Gefahrenerkennung und Spionageabwehr" zu ersetzen. Die Vorschläge stellen die SZ (Stefan Braun), die taz (Patrick Guyton) und zeit.de vor.
Jasper von Altenbockum (FAZ) sieht bei den Forderungen von SPD-Politikern nach mehr innerer Sicherheit einen Zusammenhang zu den vergangenen Wahlniederlagen. Innere Sicherheit lasse sich aber nicht dadurch herstellen, "einfach die Backen aufzublasen". Stefan Braun (SZ) zeigt sich überrascht, dass ausgerechnet die Grünen für seine "radikale Aufwertung und Zentralisierung" des Verfassungsschutzes plädierten.
UrhWissG: Der Rechtsanwalt Robert Heine erläutert auf lto.de die geplanten Änderungen durch das "Gesetz zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft". Bereits bestehende Schranken des Urheberrechts würden präzisiert und das Text-und-Data-Mining geregelt, bei dem Texte sprachwissenschaftlich analysiert werden. Zudem werden mehr Nutzungen erlaubt und eine Vergütung über die Verwertungsgesellschaften eingeführt. Dies erkläre auch den Widerstand der Verlage, da diese nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs nicht an den Erlösen der Verwertungsgesellschaften beteiligt würden.
In einem Beitrag für das Hbl kritisiert Rechtsanwalt Martin Soppe das Gesetz. Die Einführung neuer Schranken des Urheberrechts schade den Geschäften der Verlage und letztlich auch der Wissensgesellschaft: "Nutzer werden daran gewöhnt, dass Qualitätsinhalte nichts kosten."
Rüstungsexporte: Außenminister Sigmar Gabriel hat vorgeschlagen, Rüstungsexporte in einem neuen Gesetz zu regeln. Dieses solle auch die bisherigen, von der Bundesregierung beschlossenen Richtlinien für den Export von Kriegswaffen beinhalten. Zudem fordert Gabriel, den Export von Kleinwaffen in Länder außerhalb der EU und der Nato zu verbieten, und den Bundestag stärker zu beteiligen. lto.de (Manuel Göken) stellt die Vorschläge vor und lässt den Staatsrechtler Sebastian Roßner zu Wort kommen, der in dem Gesetz einen Fortschritt sehe. Für ein verbindliches Mitbestimmungsrecht des Bundestags sei jedoch eine Grundgesetzänderung erforderlich.
NetzDG: Mit dem geplanten Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken und der Auseinandersetzung im Bundestag befasst sich jetzt auch das Hbl (Dana Heide). In der kommenden Woche soll über weitere weitere Änderungen beraten werden.
Justiz
BAG zu AGG-Kläger: Das Bundesarbeitsgericht hat das Verfahren um Entschädigungsansprüche eines auf Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) klagenden Mannes an das Landesarbeitsgericht Hessen zurückverwiesen. Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof auf Vorlage des Bundesarbeitsgerichts entschieden, dass einem AGG-Anspruch der Missbrauchseinwand entgegenstehen kann, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Ob das der Fall ist, muss jetzt das Landesarbeitsgericht klären. Das Urteil von Januar dieses Jahres fasst community.beck.de (Christian Rolfs) zusammen.
LG Cottbus zu "kulturellem Rabatt": Im Interview mit der Welt (Christine Kensche) zeigt sich Brigitta Biehl, Rechtsanwältin und zweite Vorsitzende eines Vereins, der Menschen betreut, die von Zwangsheirat und "Ehrenmord" bedroht sind, fassungslos über ein Urteil des Landgerichts Cottbus. Dieses hat einen Mann, der seine Frau getötet hatte, nicht wegen Mordes verurteilt, weil Eifersucht nach den Vorstellungen des Tschetschenen kein "niedriger Beweggrund" gewesen sei. Biehl erläutert die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu "Blutmorden" und kritisiert, dass das Landgericht den kulturellen Hintergrund des Täters nicht ausreichend untersucht habe.
LG Münster zu Parteiverrat: blog-burhoff.de (Detlef Burhoff) weist auf ein Urteil des Landgerichts Münster hin, das einen Rechtsanwalt wegen Parteiverrats verurteilt hat, weil dieser gegen den erklärten Willen seines Mandanten einen Vergleich geschlossen hatte.
LG Berlin – Feuer neben Obdachlosem: Am Landgericht Berlin steht das Urteil gegen junge syrische Flüchtlinge an, die ein Feuer neben einem Obdachlosen gelegt hatten. Sie sind wegen versuchten Mordes beziehungsweise Beihilfe angeklagt. Die SZ (Verena Mayer) berichtet von der Verhandlung, bei der sich gezeigt habe, dass sich die Jugendlichen ohne Krieg und Flucht wohl anders entwickelt hätten.
VerfGH Thüringen zu Gebietsreform: Über das Urteil des Verfassungsgerichtshofs Thüringen, mit der die Gebietsreform in Thüringen wegen eines Verfahrensfehlers für verfassungswidrig erklärt wurde, berichtet jetzt auch die taz (Michael Bartsch). Die rot-rot-grüne Koalition wolle bald einen neuen Anlauf starten.
Recht in der Welt
EGMR zu Entlassung in der Türkei: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Beschwerde eines nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei entlassenen Lehrers als unzulässig abgewiesen. Der Beschwerdeführer müsse zunächst eine Untersuchungskommission anrufen, die eigens für Maßnahmen auf Grundlage eines Regierungsdekrets nach dem Putschversuch eingerichtet wurde. Gegen Beschlüsse der Kommission könnten dann die nationalen Gerichte angerufen werden. Erst danach sei die Menschenrechtsbeschwerde zulässig. Es berichten die taz (Christian Rath), die FAZ (Michael Martens) und lto.de.
USA – Korruptionsvorwürfe gegen Trump: Die Generalstaatsanwälte aus Maryland und Washington, District oft Columbia, wollen den US-Präsidenten Donald Trump verklagen. Das melden die Welt (Clemens Wergin), spiegel.de und zeit.de. Trump wird vorgeworfen, gegen Anti-Korruptionsregeln in der Verfassung verstoßen zu haben, indem er ein Hotel an ausländische Regierungen vermietet habe.
USA – Einreiseverbot: Das Einreiseverbot für Staatsangehörige von sieben mehrheitlich muslimischen Ländern bleibt außer Kraft gesetzt. Das hat das Neunte US-Berufungsgericht in Seattle entschieden. Durch das von US-Präsident Donald Trump erlassene Dekret würden Menschen aufgrund ihrer Nationalität, so zeit.de, diskriminiert. Für eine Entscheidung des U.S. Supreme Court gebe es noch keinen Termin.
USA – Film "Loving": spiegel.de (David Kleingers) stellt den Film "Loving" vor, der am 15. Juni in den deutschen Kinos startet. In dem auf einer wahren Begebenheit beruhenden Drama geht es um die Beziehung zwischen einem weißen Mann und einer schwarzen Frau, die vor fünfzig Jahren das Verbot von Ehen zwischen Partnern verschiedener Hautfarben über den Supreme Court zu Fall brachten.
Sonstiges
Gesichtsanalyse im Supermarkt: Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht hält die von der Supermarktkette Real installierten Kameras für die Gesichtsanalyse für datenschutzrechtlich unbedenklich. Die Kameras sind über Werbebildschirmen angebracht und analysieren etwa Geschlecht und Alter der Kunden sowie die Betrachtungsdauer. Da bei dem derzeitigen Verfahren keine personenbezogenen Daten erhoben würden, sei es nach dem Prüfbericht des Amtes nicht zu beanstanden. Über den Fall und weitere Methoden, mit denen Kundendaten zu Werbezwecken gesammelt werden, schreibt das Hbl (Heike Anger, handelsblatt.com-Kurzfassung).
Glossierung des "VB": In seiner wöchentlichen Kolumne auf verfassungsblog.de fragt Fabian Steinhauer: "Wozu VB?", wobei einerseits auf das Signet des Verfassungsblogs und andererseits auf Klausuren und Zensuren Bezug genommen wird.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/dw
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 13. Juni 2017: BVerfG stoppt EU-Patent / EGMR verweist auf türkische Justiz / US-Staaten verklagen Trump . In: Legal Tribune Online, 13.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23171/ (abgerufen am: 20.04.2024 )
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